Im Amazonas-Regenwald sind im vergangenen Jahr täglich 2.164 Hektar Wald zerstört worden. Mit Kahlschlägen von 7.900 Quadratkilometern wird in Brasilien ein trauriges Hoch der vergangenen zehn Jahre verzeichnet. Damit nicht genug, warnen Wissenschaftler und Umweltschützer davor, dass die Zerstörung noch weiter zunehmen könnte.
Die alarmierenden Zahlen sind am Freitag vom brasilianischen Raumforschungsinstitut Inpe vorgelegt worden und beziehen sich auf dem Zeitraum zwischen August 2017 und Juli 2018. Nach diesen ist im Vergleich zum gleichen Zeitraum des Vorjahres eine Zunahme der Kahlschläge um 13,7 Prozent registriert worden.
Seitens der brasilianischen Regierung wird versucht, die Zahlen zu relativieren. Trotz der erneut verzeichneten Erhöhung der Abholzungen seien diese seit dem Inkrafttreten des Aktionsplanes gegen Kahlschläge im Jahr 2004 um 72 Prozent gesunken, heißt es. 2004 waren 27.772 Quadratkilometer Regenwald abgeholzt worden.
Mit dem Aktionsplan konnten tatsächlich enorme Erfolge erzielt werden. Bis 2012 sind die Kahlschläge kontinuierlich auf 4.500 Quadratkilometer abgesunken. Seitdem schwanken sie allerdings wieder. 2016/2017 waren es laut Inpe 6.947 Quadratkilometer.
Als Hauptursache wird die intensive Landwirtschaft gesehen, die für über 60 Prozent der Abholzungen verantwortlich gemacht wird. Dazu trägt auch der hohe Dollarkurs bei, der den Anbau von Soja und dessen Export lukrativ macht.
Der brasilianische Bundesstaat Mato Grosso gilt als Kornkammer Brasiliens. Er steht beim Kahlschlagsranking mit 1.749 Quadratkilometern an zweiter Stelle. Angeführt wird es vom Bundesstaat Pará mit 2.840 Quadratkilometer.
Wissenschaftler warnen längst davor, dass der kritische Umkehrpunkt bald erreicht sein könnte, an dem sich der Regenwald nicht mehr ausreichend regenerieren kann. Noch gilt der Amazonas-Regenwald, wegen seiner großen Kapazität Kohlendioxid zu binden, als ein wichtiger Schutzfaktor gegen die Erderwärmung. Doch auch damit könnte es bald vorbei sein.
Von der Umweltschutzorganisation Greenpeace wird bemängelt, dass der brasilianische Staat nicht ausreichend gegen die Abholzungen vorgeht. Die Zahlen scheinen dies zu belegen. So sind in Pará für eine Fläche von 90.000 Quadratkilometer gerade einmal 22 Mitarbeiter der Umweltbehörde Ibama für die Kontrollen gegen Abholzungen zuständig.
Vom Umweltministerium wird hingegen auf verstärkte Kontrollen verwiesen. Die Zahl der Mahnbescheide habe um sechs Prozent zugenommen. Das Volumen beschlagnahmter Holzstämme ist laut Umweltbehörde Ibama um 131 Prozent gestiegen und die Zahl der bei Kontrolleinsätzen gegen die Abholzung und den illegalen Bergbau beschlagnahmten Gerätschaften um 183 Prozent.
Von der Politik selbst gehen indes andere Signale aus. Von dem noch amtierenden Präsidenten Michel Temer ist mehrfach versucht worden, ausgewiesene Schutzflächen zu verkleinern. Mit dem von ihm unterzeichneten „Landgesetz“ hat er zudem der illegalen Landnahme eine Amnestie verschafft und damit nahezu einen Freibrief ausgestellt.
Auch der Ende Oktober neu gewählte Präsident Jair Bolsonaro macht aus seinen Plänen, die Schätze der Amazonasregion ausbeuten zu wollen keinen Hehl. Er ist darüber hinaus der mächtigen Agrolobby verbunden.
Zwar hat er von seinen ursprünglichen Plänen abgesehen das Umweltministerium dem Landwirtschaftsministerium einzuverleiben. Deutlich gemacht hat er jedoch, dass die Benennung des Umweltministers vom Landwirtschaftsministerium abgesegnet werden soll.
Sollte die ab Januar amtierende neu gewählte Regierung ihre während des Wahlkampfes verlautbarten Drohungen tatsächlich umsetzen, könnten die sich die Kahlschläge des Amazonas-Regenwaldes verdreifachen, wie vom Observatório do Clima befürchtet wird.
Das Observatorium ist ein Netzwerk von anerkannten Organisationen, das sich der Bekämpfung des Klimawandels verschrieben hat. Es sieht die kommenden Jahre in Sachen Umweltschutz kritisch und spricht von einer Tendenz einer steigenden Zerstörung.