Nach einem Skandalvideo muss Brasiliens Kultursekretär Roberto Alvim seinen Posten räumen. In seiner Ansprache zur Bewerbung eines Kulturpreises hatte er mit Teilen einer Phrase des Nazi-Propagandachefes Joseph Goebbels angereichert. Das hat sogar in Regierungsreihen für einen Aufschrei gesorgt.
“Die brasilianische Kunst des nächsten Jahrzehnts wird heroisch sein und sie wird national sein“, so der ehemalige Theaterdirektor Roberto Alvim, der nach weiteren Aufführungen den Satz mit “oder sie wird nichts sein“ beendet. Laut einer Goebbels-Biografie soll der NS-Propagandaminister Joseph Goebbels, abgesehen von einem kurzem Mittelstück, das Gleiche gesagt haben. Untermalt wurde das Video Alvims mit Musik aus der Oper “Lohengrin“ von Richard Wagner.
Später versuchte Alvim, sich rauszureden. Es handle sich lediglich um einen “rhetorischen Zufall“ und nicht um ein kopiertes Zitat, so Alvim. Außerdem respektiere er nie die jüdische Gemeinschaft und würde nie eine Ideologie des Genozids unterstützen.
Parlament, Senat, Kulturvertreter und Politiker aller Coleur verurteilten die Aussagen des Kultursekretärs umgehend. Brasiliens Regierung äußerte sich zunächst nicht dagegen. Eine Stellungnahme von Brasiliens rechtspopulistischen Präsidenten Jair Bolsonaro kam erst später. Die “unglückliche“ Ausdrucksweise habe die Permanenz Alvims unhaltbar gemacht.
Er lehne “totalitäre und genozidale Ideologien“ ab, so Bolsonaro. Darüber hinaus drückte er seine “volle und uneingeschränkte Unterstützung für die jüdische Gemeinde“ aus.
Ob es mit dem Fall Alvims auch beim “Prêmio Nacional das Artes” Änderungen geben wird, ist hingegen noch offen. Mit dem Video sollte der Auftakt zu dem mit 20 Millionen Reais (umgerechnet etwa 4,4 Millionen Euro) belegten Preis gegeben werden. Mit ihm soll eine “neue, nationale Kunst“ gefördert werden.
Seit dem Amtsantritt Bolsonaros ist auch die Kultur gespalten
Die Auffassung Bolsonaros von Kultur hat schon mehrfach für Aufregung gesorgt. Das Kulturministerium hat er noch am Tage seines Amtsantrittes einfach aufgelöst und an seiner Stelle ein Kultursekretariat gegründet. Das wurde später kurzerhand dem Tourismusministerium zugeordnet.
Künstler und Filme werden von Bolsonaro und Regierungsvertretern immer wieder verunglimpft. Für die Förderung von Kino-Filmen will er nach seinen Worten bestimmte “Filter“ durchsetzen. Immer wieder gibt es Versuche der Zensur.
Die laufen auch über die Finanzierung oder Nicht-Finanzierung von Filmen, Theatervorführungen und Kunstspektakeln. Das südbrasilianische Observatório de Censura às Artes führt 27 Fälle auf, in denen 2019 die Ausdrucks- und Meinungsfreiheit in der Kunst blockiert wurden.
Offiziell will die Regierung Bolsonaros eine Kultur für die “große Mehrheit der Brasilianer“ fördern, die das Christentum hochhält und sich an das traditionelle Bild der Familie hält. Statt eines Ausdrucks der Vielfalt der Bevölkerung Brasiliens, scheint die Kultur unter Bolsonaro als Propagandamittel verstanden zu werden.
Wichtige Posten zur Förderung der Kultur wurden von Bolsonaro umbesetzt. Die Kulturstiftung Funarte wird mittlerweile von Dante Mantovani geführt. Er hatte im Vorfeld in einem Video behauptet, dass Rock zum Satanismus führt.
Die Fundação Palmares, eine Stiftung, die sich für die Kultur der Afro-Brasilianer einsetzen soll, wurde mit Sérgio Camargo besetzt. Der schwarze Journalist hatte kundgetan, dass das Sklaventum seine Nachkommen in Brasilien begünstigt hätte. Seine Nominierung wurde von der Justiz ausgesetzt.
Gekürzt wurde auch das Kulturbudget. Selbst Unternehmen haben ihre Förderprogramme reduziert, allen voran der halbstaatliche Ölkonzern Petrobras.