Eingebettet in den Atlantischen Regenwald bieten die Wasserfälle Iguaçu ein einzigartiges Naturerlebnis. Nicht ohne Grund sind sie eins der beliebtesten touristischen Ziele Brasiliens. Im vergangenen Jahr sind sie von zwei Millionen Menschen aus der ganzen Welt bestaunt worden. Erreicht wurde damit ein neuer Rekord.
In Tupi-Guarani bedeutet Iguaçu so viel wie “großes Wasser“ – und groß sind sie. Die Wasserfälle ziehen sich über beinahe drei Kilometer hinweg. Sie überschreiten dabei Ländergrenzen. Ein Teil von ihnen liegt auf argentinischem Land, ein Teil auf brasilianischem.
Besichtigt werden können sie von beiden Ländern aus. Während die brasilianische Seite des Nationalparks Iguaçu einen herausragenden Panoramablick auf das Naturerbe bietet, können die Besucher auf der argentinischen Seite näher an das Geschehen herankommen.
Es ist aber nicht ein einziger Wasserfall, der das überwältigende Schauspiel bildet. Vielmehr sind es je nach Wasserstand bis zu 275 Wasserfälle, die gemeinsam mehrere tausend Kubikmeter Wasser pro Sekunde in die Tiefe stürzen lassen und damit für ein Naturspektakel und einen steten Nebelregen sorgen.
Jeder der Wasserfälle trägt einen eigenen Namen. Der berühmteste unter ihnen ist die “Garganta do Diabo“, der Teufelsschlund. Dort ergießt sich das Wasser über eine u-förmige Felsformation aus einer Höhe von 80 Metern.
Wie beeindruckend die Iguaçu-Fälle sind, bezeugt auch die Tatsache, dass sie 2011 unter über 400 Orten weltweit zu einem der sieben Naturwunder gewählt wurden. Von der UNESCO sind sie bereits vor über 30 Jahren (1986) als Weltnaturerbe anerkannt worden.
Für die Tupi-Guaraní-Indianer war das “Große Wasser“ eine heilige Begräbnisstätte. Welche Bedeutung es für die Urvölker der Region gespielt hat, zeigen auch ihre Legenden. Die Guarani-Indianer erklären die Entstehung der Iguaçu-Fälle mit einer Legende über ein Liebespaar und einer rachsüchtigen Gottheit.
Im Fluss Iguaçu hat nach dieser Legende eine mächtige Gottheit in Form der Riesenschlange Mboi gelebt. Jedes Jahr verlangte Mboi von den Guarani eine Opfergabe, um den ruhig dahin fließenden Fluss nicht über die Ufer treten zu lassen und ebenso um für eine fruchtbare Erde zu sorgen. Geopfert werden musste eine Jungfrau aus dem Stamm.
Eines Tages fiel das Los auf die schöne Häuptlingstochter Naipú. Weder sie noch ihr Geliebter Tarobá, der tapferste Krieger des Stammes, wollten sich aber diesem Schicksal fügen. Sie beschlossen, gemeinsam in einem Kanu zu fliehen und folgten dem Ruf des Flusses. Der Fluchtversuch blieb allerdings nicht unbemerkt.
Als Mboi die beiden sah, wurde er so zornig, dass er das Wasser des Flusses Iguaçu aufwirbelte. Damit nicht genug schlug er mit gewaltigen Hieben eine gigantische Schlucht ins Flussbett. Die schöne Naipú verwandelte er in einen Felsen unterhalb des neu entstandenen Wasserfalls, damit ihre Seele für immer von den herabstürzenden Wassermassen gepeitscht würde. Den Krieger Tarobá verwandelte er in einen am Abhang der Schlucht stehenden Baum. Dort streckt er bis heute seine Äste nach seiner Geliebten aus, ohne sie je berühren zu können.
Heute wird die im Nationalpark Iguaçu liegende Schlucht Garganto do Diabo genannt und zieht Touristen aus der ganzen Welt an. Sie sind das Hauptmotiv von Millionen von Fotos. Liebende treffen sich auf den für die Besucher angelegten Holzstegen für einen Heiratsantrag, Familien feiern besondere Jahresdaten mit einem Ausflug zu den Iguaçu-Fällen und Menschen aus allen Ecken der Welt tauchen in das überwältigende Naturschauspiel ein.
Ein Erlebnis ist ebenso der Atlantische Regenwald. Erlebt werden kann er unter anderem auf dem Macuco Trail, einem alten Indianerpfad, oder dem neun Kilometer langen Poço Preto Trail, die durch den Dschungel führen. Beide liegen im 250.000 Hektar umfassenden Parque Nacional de Iguaçu. 185.000 Hektar davon befinden sich auf der brasilianischen Seite und 65.000 Hektar auf der argentinischen Seite.
Die Geschichte des Nationalparks beginnt im Jahr 1916 mit einem Besuch von Alberto Santos Dumont, dem Erfinder des Flugzeugs. Er war mehr als begeistert von dem, was er sah und erlebte und befand, dass der Zugang erleichtert werden müsste, um auch anderen den Genuß dieses Naturwunders zu ermöglichen. Weniger gefiel ihm, dass sich das Gebiet in Privatbesitz befand. Also hat er sich auf den Weg nach Curitiba gemacht, um mit dem damaligen Präsidenten des Bundesstaates Paraná zu sprechen. Der Start für den Nationalpark war damit gelegt. Der Staat kaufte die Flächen.
Der Park selbst wurde 1939 ausgewiesen.1979 wurde zum Andenken an Santos Dumonts Einsatz eine Bronzestatue aufgestellt. Ausgestattet ist er sowohl auf der argentinischen, als auch der brasilianischen Seite mit modernen Besucherzentren, Wanderwegen, Hotel sowie Aussichtsplattformen, von denen aus auch die Wasserfälle und ihre Naturgewalt bestaunt werden kann.
An den Wasserfällen wurde zudem ein Panoramaaufzug installiert, der beim Hochfahren einen faszinierenden Ausblick auf die Wasserfälle erlaubt. Oben angekommen, ist der gemächlich dahin fließende Iguaçu zu sehen, bevor seine Wassermassen über die Klippen in die Tiefe stürzen. Ein anderer Besuchersteg befindet sich auf halber Höhe und bietet ein nicht weniger eindrucksvolles Naturspektakel. Nur Wasserdicht sollte man sein, da die Gischt je nach Wind für ein kleines Bad sorgt.
Von der Umweltbehörde ICMBio wird die reiche Artenvielfalt des Nationalparks hervorgeheben. Beispiele sind die vom Aussterben bedrohten Jaguare, Ozelot (Leopardus pardalis), Kapuzineraffen (Cebus apella), Nasenbären und verschiedene Papageien-Arten. Über 150 Säugetierarten leben im Dschungel des Nationalparks sowie etwa 400 Vogelarten und 750 verschiedene Schmetterlingsarten. Katalogisiert wurden bisher ebenso über 2.000 Pflanzenarten.
Hautnah erlebt werden können Tucane, Papageien und Kolibris auch im Parque das Aves. Der Vogelpark befindet sich innerhalb des Nationalpark-Geländes. Etwa 180 verschiedene Arten sind dort in Volieren und Freigehegen zu sehen. Darüber hinaus beherbergt der Parque das Aves ein Schmetterlingshaus, ein Kolibri-Haus und ein Reptilienhaus mit Schlangen und Kaimanen.
In der unmittelbaren Umgebung des Nationalparks gibt es noch etliche weitere Attraktionen, die einen Besuch lohnen. Die Wasserfälle Iguaçu liegen etwa 28 Kilometer von der Stadt Foz do Iguaçu entfernt im Dreiländereck Brasilien, Argentinien und Paraguay. Dort, wo die Grenzen aller drei Länder zusammenstossen befindet sich der „Marco das Três Fronteiras”. Von einer Aussichtsplattform aus, kann ein Panoramablick in die drei Länder hinein genossen und der Zusammenfluss des Rio Iguaçu mit dem Rio Paraná gesehen werden.
Gespeist werden die Iguaçu-Fälle vom gleichnamigen Fluss. Der entspringt unweit von Curitiba im Küstengebirge Serra do Mar. 1.320 Kilometer fließt er von Ost nach West ins Landesinnere, bevor er in den Rio Paraná mündet. Die berühmten Wasserfälle stürzen etwa 15 Kilometer vor der Flußeinmündung von einem 2.700 Meter langen, hufeinsenförmigen Felsenrund in die Tiefe.
Etwa 15 Kilometer oberhalb der Vereinigung der beiden Flüsse steht der Gigant von Itaipu, der bis vor wenigen Jahren das größte Wasserkraftwerk der Welt war. Für es wurde der Rio Paraná aufgestaut und ein 1.350 Quadratkilometer großer Stausee gebildet. Gebaut wurde das Wasserkraftwerk von Itaipu zwischen 1974 und 1984. In ihm sorgen 20 gigantische Turbinen für eine Gesamtkapazität von 14 GW Strom. Abgedeckt werden damit 90 Prozent des Strombedarfs Paraguays und 15 Prozent Brasiliens. Neben verschiedenen Führungen durch das Wasserkraftwerk sind ein Öko-Museum, ein Observatorium und das Refúgio Biológico weitere Attraktionen.