Nun hat auch Brasilien seinen ersten Coronavirus-Toten. Der 62-jährige Mann verstarb am Montag (16.) in einem Krankenhaus in São Paulo. Bestätigt wurde dies erst am Dienstag. Mindestens weitere fünf Todesfälle werden untersucht, darunter ein Mann, der in einem Krankenhaus in Niteroi bei Rio de Janeiro behandelt worden ist.
Wie es heißt, seien die Patienten wegen Atemwegsproblemen und Symptomen der Covid-19-Erkrankung behandelt worden. Der Mann aus Niteroi hatte zudem Kontakt zu seinem aus New York kommenden und auf Covid-19 positiv getesteten Stiefsohn. Die in den Privatkrankenhäusern verstorbenen Patienten scheinen zwar auf den Coronavirus hin getestet worden zu sein, das Ergebnis der Tests liegt allerdings noch nicht vor.
Weniger Coronavirus-Tests
Die Frage der Tests beschäftigt derzeit Brasilien. Während die Weltgesundheitsbehörde dazu aufgerufen hat, soviel wie möglich zu testen, um die Verbreitung des Virus schnellstmöglich einzuschränken, besteht die Regierung Brasiliens auf eine Reduzierung der Proben.
Vom Gesundheitsministerium des Landes hieß es am Freitag (13.), dass in den Bundesstaaten, in denen die Ansteckung nicht mehr auf bekannte Fälle zurückgeführt werden kann, die Tests eingeschränkt und nur noch für schwerere Fälle oder Patienten in Krankenhäusern verwendet werden sollen.
Zu diesen Bundesstaaten zählen mittlerweile São Paulo, Rio de Janeiro, Bahia und Goiás. Auch wird geraten, bei Covid-19-Verdacht nicht gleich den Arzt aufzusuchen, sondern erst, wenn Probleme oder höheres fieber auftreten.
Als Begründung wird angeführt, dass es nicht genügend Testkits gebe. Von den bisher 30.000 von der Regierung gekauften Tests seien bereits 4.000 verwendet worden. Das Institut Fiocruz hat hingegen für die kommenden drei Monate die Produzierung von über einer Million Kits angekündigt.
Kein Land der Erde könne hundert Prozent der Bevölkerung testen, sagte João Gabbardo dos Reis vom Gesundheitsministerium bei einer Pressekonferenz. Nach den vorliegenden Daten würden zudem lediglich 16 Prozent der Fälle registriert. Dennoch scheint über die Einfuhr von Schnelltests überlegt zu werden, wie es später hieß.
Töpfeklappern für Bolsonaro
Der bisher eher zögerliche Umgang seitens der Regierung Jair Bolsonaros mit Maßnahmen zur Beschränkung der Virusverbreitung stößt inzwischen immer stärker auf Kritik.
Am Dienstag (17.) hat er einmal mehr von einer “Hysterie“ bezüglich des Coronavirus gesprochen und die Maßnahmen verschiedener Gouverneure des Landes verurteilt, weil diese die Wirtschaft schädigen würden. In etlichen Städten hat die Bevölkerung darauf mit einem “Panelaço” (Töpfeklappern) und Rufen wie “Fora Bolsonaro“ (Bolsonaro raus) an Fenstern und auf Balkonen reagiert.
Abgelehnt wird von Bolsonaro bisher ebenso eine Schließung der Grenzen. Auch dabei beruft er sich auf mögliche wirtschaftliche Auswirkungen. Politiker wie der Präsident der Abgeordnetenkammer, Rodrigo Maia, vertreten hingegen die Isolierung des Landes und verweisen auf den Schutz des Lebens, der über wirtschaftlichen Überlegungen stehen sollte. Teilweise geschlossen wurden hingegen die Grenzen zum Nachbarland Venezuela.
Ähnlich sehen dies Gouverneure etlicher Bundesstaaten. In Rio de Janeiro und São Paulo wurden bereits stärkere Maßnahmen erlassen, um Menschenansammlungen zu vermeiden. Neben der Schließung öffentlicher Einrichtungen muss in Bars und Restaurants ein größerer Abstand zwischen den Tischen eingehalten werden, in Shoppings wurden die Öffnungszeiten reduziert und im Nahverkehr stehende Passanten in Bussen verboten.
Rio de Janeiro strebt zudem eine Abriegelung des Zentrums an. Busse aus der Großraumregion Rio de Janeiros dürfen nicht mehr zirkulieren. Gleiches gilt für Busse aus anderen Bundesstaaten.
Zum Teil zeigen die erlassenen Dekrete bereits Effekte. Die Straßen São Paulos und Rio de Janeiros sind bereits leerer. Das gilt bisher aber nicht für die Busse, die nach wie vor mit Pendlern überfüllt sind.
Zwei Minister mit Coronavirus
Von leeren Fluren und Sitzungssälen ist auch der Kongress geprägt. Diskutiert wird nur noch das Notwendigste und Abstimmungen sollen künftig, soweit möglich, per Internet stattfinden.
Gleichzeitig steigt die Zahl der Positiv-Tests um Präsident Jair Bolsonaro. Der war Anfang März mit einem Komitee zu einem Treffen mit US-Präsident Donald Trump in die USA gereist. Bereits 16 der Komitee-Mitglieder wurden positv getestet.
Darunter Abgeorndete, Senatoren, der Sekretär der Kommunikation des Präsidentenamtes und ebenso Sicherheitsminister General Augusto Heleno. Am Mittwoch (18.) wurde zudem bekannt, dass auch Energieminister Bento Albuquerque Coronavirus-positiv ist.
Insgesamt ist die Zahl der Erkrankten in Brasilien auf 368 gestiegen. Die offiziellen Zahlen des Gesundheitsministeriums gehen von 291 bestätigten Fällen aus. Sprunghaft angestiegen ist indes die Zahl der Verdachtsfälle von 2.064 auf über 8.800 in nur einem Tag. Das Gesundheitsministerium begründet dies mit Änderungen bei der Zählung, die automatisiert worden sei.
Massenflucht aus Gefängnissen
Die Corona-Krise hat ebenso zu einer Massenflucht aus den Gefängnissen geführt. Im Bundesstaat São Paulo sind beinahe 1.400 Häftlinge aus verschiedenen Gefängnissen geflohen. Gut 600 von ihnen sind bereits wieder hinter Gittern.
Auslöser war eine Maßnahme, mit der die Ausbreitung des Coronavirus in den überfüllten Gefängnissen des Bundesstaates verhindert werden sollte. Eingeschränkt wurden unter anderem Besuche in den Haftanstalten.
Eigentlich hatte São Paulo ebenso die Freilassung von 34.000 Häftlingen angekündigt, die im Halboffenen-Regime, tagsüber außerhalb der Gefängnisse arbeiten. Statt im Gefängnis sollten sie im Hausarrest ihre Strafe absitzen. Von der Justiz wurde dies jedoch negiert.
Kreuzfahrtschiff mit Coronaviruspatienten sitzt in Recife fest
Seit Donnerstag (12.) liegt im Hafen der brasilianischen Stadt Recife ein Kreuzfahrtschiff vor Anker, weil einer der Passagiere an Covid-19 erkrankt ist. Mittlerweile wurde ebenso seine Frau positiv getestet. Beide werden in einem Krankenhaus Recifes behandelt.
Die über 600 Passagiere aus 18 verschiedenen Ländern und Besatzungsmitglieder dürfen das Schiff nicht verlassen. Gearbeitet wird jedoch an der Rückführung der Touristen in ihre Heimatländer. Gechartert werden sollen zwei Flugzeuge, mit denen die Passagiere in die USA und nach England gebracht werden sollen. Wann dies geschehen soll, ist allerdings noch offen.