Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro hat inmitten der Coronaviruskrise am Dlonnerstagnachmitag Gesundheitsminister Luiz Henrique Mandetta entlassen. An seiner Stelle wird künftig der Onkologe und Unternehmer Nelson Teich das Gesundheitsministerium führen. Vom brasilianischen Kongress und Spezialisten wird der Wechsel zum momentanen Zeitpunkt, der von stark steigenden Zahlen der Covid-19-Infektions- und Todesfälle geprägt ist, mit Besorgnis gesehen.
Der Wechsel kommt jedoch nicht überraschend. Die Beziehung zwischen Bolsonaro und Mandetta war seit etwa einem Monat aufgrund unterschiedlicher Meinungen zur Bekämpfung der Coronaviruskrise angespannt. Mandetta hat indes bei der Bevölkerung, Experten und Politikern großen Respekt genossen. Bei jüngsten Umfragen lagen seine Beliebtheitswerte anders als die von Bolsonaro bei 76 Prozent. Auch das hat den Ex-Militär nicht besonders gefallen.
Kritische Stimmen hagelte es umgehend von verschiedener Seite. Von der Bevölkerung wurde die Ansprache Bolsonaros am Abend zur Entlassung Mandettas mit Töpfeklappern und Rufen „Bolsonaro raus“ quittiert.
Bei seiner ersten Pressekonferenz zeigte sich Teich bemüht zu verdeutlichen, dass seine künftigen Entscheidungen auf technischer und wissenschaftlicher und nicht politischer Basis erfolgen werden. Gleichzeitig betonte er mit Bolsonaro auf einer Linie zu liegen.
Der ist gegen Ausgehbeschränkungen sowie Schul- und Geschäftsschließungen zur Eindämmung der Ansteckungsgefahr. Vielmehr glaubt er, dass eine ledigliche Isolation von Risikogruppen und über 60-Jährigen völlig ausreichend seien und verweist darauf, dass auch die Wirtschaft geschützt werden müsse.
Vorerst wird es trotz des Wechsels wohl keine großen Änderungen bei den Empfehlungen zur sozialen Isolation geben. Teich sprach zwar von einer “Flexibilisierung in der Zukunft“, lässt aber offen, wann und in welcher Form dies geschehen wird. In einem von ihm jüngst veröffentlichten Artikel verteidigte der Mediziner zudem ebenso wie Mandetta eine soziale Distanz.
Angekündigt hat Teich Massentests. Die wurden auch schon von Ex-Minister Mandetta vertreten. Ein Problem ist allerdings der weltweite Engpass an Rohmaterial für die Tests und die in Brasilien nach wie vor noch hohe Warteschlange bei der Auswertung der Proben.
Teich ist unter Medizinern anerkannt und kann mit der Unterstützung der medizinischen Vereinigung Brasiliens rechnen. Während des Wahlkampfes 2018 hatte er sich für Bolsonaro stark gemacht.
In Brasilien sind bis zum Donnerstag 30.425 Menschen Covid-19 positiv getestet worden. Die Zahl der Covid-Todesopfer liegt bei 1.924, die Todesrate bei 6,3 Prozent. In verschiedenen Bundesstaaten droht bereits ein Kollaps des öffentlichen Gesundheitswesens.
In den öffentlichen Krankenhäusern von Manaus, Fortaleza, Rio de Janeiro und auch São Paulo werden die Betten auf Intensivstationen knapp. Teilweise ist schon eine Belegung von hundert Prozent erreicht.