Einen Tag nachdem Brasiliens Gesundheitsminister die Erstellung von Richtlinien zur Lockerung der Coronaschutzmaßnahmen angekündigt hat, verzeichnet das Land 407 Tote in 24 Stunden. Die Zahl der an den Folgen der Lungenkrankheit verstorbenen Menschen steigt damit auf 3.313 an und die Todesrate auf 6,7 Prozent.
Einen Sprung hat es auch bei den Neuinfektionen gegeben. Von Mittwoch auf Donnerstag wurden 3.735 registriert. Insgesamt sind in Brasilien bisher 49.492 Menschen Covid-19 positiv getestet worden.
Schwere Atemwegserkrankungen außerhalb der Grippezeit
Eine Studie der Stiftung Oswaldo Cruz belegt einen enormen Anstieg bei schweren Atemwegserkrankungen. Nach dieser sind bis zum 4. April 33.500 Menschen in Krankenhäusern wegen durch Viren verursachten Atemproblemen behandelt worden. Während der H1N1-Epidemie im Jahr 2016 waren es im gleichen Zeitraum 10.400. Weil die Grippewelle eigentlich erst im brasilianischen Winter auftritt und nicht in den Sommermonaten, zu denen Januar bis März zählen, gehen die Spezialisten davon aus, dass längst nicht alle Covid-19-Fälle registriert wurden.
Sie verweisen zudem auf eine hohe Zahl von Grippetests, die negativ ausgefallen sind, während gleichzeitig nicht alle Patienten auf Covid-19 untersucht wurden. Hinzu kommt, dass trotz der vorgezogenen Grippeimpfungen vor allem über 60-Jährige von den Atemwegserkrankungen betroffen sind. Die tatsächliche Zahl der Covid-Infektionen dürfte deshalb wesentlich höher liegen, als die bisher offiziell registrierten Zahlen von knapp 50.000.
São Paulo bereitet sich auf das Schlimmste vor: 13.000 neue Gräber
São Paulo gilt mit 16.740 Covid-19-Fällen als Epizentrum der Coronaviruspandemie in Brasilien. Noch ist eine Versorgung der Patienten garantiert. Die Megametropole bereitet sich dennoch auf das Schlimmste vor. Begonnen wurde mit der Aushebung von 13.000 Gräbern, wie Bürgermeister Bruno Covas, am Donnerstag bekanntgegeben hat.
Angeschafft wurden zudem acht Kühlkammern, in denen bis zu tausend Tote zwischenzeitlich gelagert werden können. São Paulo hat bis zum Donnerstag (23.) 1.134 Covid-Todesopfer verzeichnet. Allein von Mittwoch auf Donnerstag waren es 211.
Positives Fieber: Wäscheleinen mit Mundschutz
In mehreren Städten Brasiliens sind in den vergangenen Tagen besondere Wäscheleinen aufgetaucht. An denen hängen aus Stoff geschneiderte Masken und ein Zettel, dass sie kostenlos sind. In Uberaba steht eine Nichtregierungsorganisation dahinter, aber auch Privatleute engagieren sich.
Im südbrasilianischen Umuarama bestücken Mutter und Tochter täglich die Wäscheleine mit Mundschutzen, die sie selbst nähen und verschenken. In Piedade (São Paulo) engagiert sich von der Oma bis zur Enkelin die ganze Familie. Ihre Masken sind kostenlos, wer will, kann als Dankeschön aber auch Lebensmittel für Bedürftige spenden. Das Tragen von Mundschutz ist bereits in vielen Städten Brasiliens Pflicht.