Brasilien hat bei den durch Covid-19-Todesfällen bereits China überrundet. Nach den vom Gesundheitsministerium am Dienstag (29.) vorgelegten Daten, sind in dem südamerikanischen Land 5.017 Todesopfer registriert worden, 474 mehr als am Vortag. Die Zahl der auf Covid-19 positiv getesteten Menschen ist in einem Tag um 5.385 auf 71.886 angestiegen, was einem traurigen Rekord entspricht. Gestiegen ist auch die Todesrate. Die Letalität von Covid-19 wird mittlerweile mit sieben Prozent angegeben.
Über 5.000 Tote: “Ja und?“
Und was sagt Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro dazu? In jüngster Zeit hat der ultrarechte Präsident zum Thema Coronavirus geschwiegen und sich diesbezüglich auch nicht an die Bevölkerung gewendet. Am Dienstag (28.) wurde er von Journalisten auf die hohe Zahl der Covid-19-Todesopfer angesprochen, die bereits die in China überflügelt hat.
“Ja und? Es tut mir leid. Was soll ich tun? Ich bin Messias, aber ich bewirke keine Wunder“, antwortete er patzig in Anspielung auf seinen zweiten Namen (Jair Messias Bolsonaro). Kurz später räumte er ein, dass er sich mit den Familien, die ihre Lieben verloren hätten, solidarisiere, fügte aber hinzu, dass dies zum Großteil über 60-Jährige gewesen seien. Zu der Altersgruppe gehört er selbst eigentlich auch.
Die Ansteckung mit dem Coronavirus sieht Bolsonaro pragmatisch. Das Virus werde 70 Prozent der Bevölkerung betreffen. Es werde Tote geben, was nie negiert worden sei, so Brasiliens Präsident. So sei das Leben.
Steigende Zahlen und sinkende Isolation
Angesichts der neuesten Zahlen räumt jetzt auch Gesundheitsminister Nelson Teich ein, dass die Kurve steigend ist und spricht von einer “Verschlimmerung der Situation“. Zur sozialen Isolation, die in den vergangenen Tagen landesweit stark abgenommen hat, hat sich Teich dennoch nicht geäußert.
Wie sehr dies den Verlauf der Pandemie beeinflussen kann, zeigt sich im südbrasilianischen Bundesstaat Rio Grande do Sul. Nach Lockerungen werden dort wieder stark steigende Zahlen bei den Neuansteckungen registriert.
Offizielle Zahl der Covid-Todesopfer spiegelt nicht Realität wieder
Die tatsächliche Zahl der in Braslien durch den Coronavirus verstorbenen Menschen könnte wesentlich höher sein, als die offizielle. Die Meldestellen des Landes zeigen einen enormen Anstieg von Todesfällen durch Atemwegserkrankungen. Seit dem 16. März, an dem in Brasilien der erste Covid-Tote registriert wurde, bis dato ist die Zahl der Todesfälle durch schwere Atemwegserkrankungen um 1.035 Prozent gestiegen.
Spezialisten sind sich einig, dass ein Teil davon auf das Konto des Coronavirus geht. Während in Rio de Janeiro im vergangenen Jahr vom 16. März bis 27. April auf den neun Totenscheinen eine schwere Atemwegserkrankung als Sterbeursache angegeben wurde, sind es dieses Jahr 225. In Manaus sind es 183 statt vier und in Pernambuco 511 statt sieben.
In São Paulo lag die Zahl der natürlichen Todesursachen im Januar und Februar ähnlich hoch wie in den Vorjahren. Im März wurde der Durchschnitt allerdings um 743 Todesfälle überschritten. Nur 277 davon wurden als Covid-Tote deklariert und bestätigt.Hervorgerufen wird die Diskrepanz nach Meinung der Forscher durch mangelnde Tests.
Manaus lässt Särge einfliegen
Bestattungsunternehmen von Manaus wollen ein Flugzeug charten, um Särge einzufliegen. Die werden angesichts der hohen Zahl an Beerdigungen knapp. Während in den Jahren vor Coronavirus im Durchschnitt täglich 20 bis 35 Tote pro Tag beerdigt wurden, sind es jetzt 120 bis 140. Etwa ein Drittel von ihnen ist zu Hause verstorben, wie berichtet wird, weil die Krankenhäuser bereits an ihre Kapazitätsgrenzen gelangt sind. Offiziell sind im Bundesstaat Amazonas 4.337 Covid-19-Fälle bestätigt worden. Die Covid-Todeszahl wird mit 351 angegeben.