In drei brasilianischen Städten war der Sonntag (31. Mai) inmitten der Coronavirus-Pandemie von Protesten geprägt. In São Paulo und Rio de Janeiro waren bei getrennten Demonstrationen sowohl Bolsonaro-Anhänger als auch Gegner auf die Straßen gegangen.
In beiden Städten kam es nach Eingriffen der Polizei zu Krawallen. Die Polizeigewalt richtete sich dabei allerdings vor allem gegen die Regierungsgegner, während die Anhänger des rechtsradikalen Präsidenten Jair Bolsonaro trotz verfassungswidriger Plakate nahezu unbehelligt blieben.
In São Paulo hatten die Fanclubs von vier Fußballclubs zur Demonstration für die Demokratie aufgerufen. Die verlief zunächst friedlich. Gleichzeitig fand unweit davon eine Demonstration von Bolsonaro-Anhängern statt. Eine Reihe von Polizisten positionierte sich zwischen den beiden, um Konfrontationen zu vermeiden. Nach einem friedlichen Anfang kam es dann aber zu Ausschreitungen. Von der Polizei hieß es zunächst, dass Regierungsgegner Steine geworfen hätten.
Später wurde eingeräumt, dass möglicherweise ein Nazi-Emblem der Auslöser für den Konflikt gewesen sei. Eine Fotoreporterin berichtet von Provokationen seitens der Bolsonaro-Anhänger. Die blieben trotzdem unbehelligt. In die Menge der Demonstranten der Regierungsgegner wurden indes Tränengasbomben geworfen, was Krawalle, Steinwürfe und das Legen eines Brandes auslöste.
In Rio de Janeiro waren die Proteste der gegnerischen Demonstranten zunächst ebenso friedlich verlaufen. Bolsonaro-Anhänger kritisierten unter anderem den Obersten Gerichtshof STF. STF-Richter Alexandre de Moraes hat vor wenigen Tagen Ermittlungen und Hausdurchsuchungen im Zusammenhang mit einem Fake-News-Netzwerk angeordnet, das von Bolsonaro-Unterstützern geführt werden soll.
Verwickelt sein soll darin ebenso einer von Bolsonaros Söhnen. Der Präsident selbst sieht die ihn unterstützenden Fake-News als Presse- und Meinungsfreiheit an und bezichtigt die großen Medien des Landes Fake-News gegen ihn zu verbreiten. Die Ermittlungen des STF beziehen sich auch auf gegen die STF-Richter und deren Familien ausgesprochenen Drohungen.
Ebenso in Rio de Janeiro folgten Demonstranten dem Beispiel der Black-Live-Matters-Protesten in den USA. Sie gingen gegen den Rassismus auf die Straßen und erinnerten an den Tod eines 14-jährigen Afrobrasilianers. Er war in einem Haus in der Favela unter einem Hagel von Schüssen von Polizisten getötet worden.
In Rio de Janeiro kam es zu Tumulten als sich die Proteste schon in Auflösung befanden. Einem jungen Mann wurde vorgeworfen, Steine geworfen zu haben. Bilder zeigen, wie Polizisen ihn beim Verlassen der Demonstration mit vorgehalenem Maschinengewehr umringt haben.
In Brasília sorgte Präsident Jair Bolsonaro wieder für einen seiner Auftritte bei einer Demonstration von Regierungsanhängern, die auf Plakaten unter anderem einen Militärputsch forderten sowie die Auflösung des Kongresses und eine Intervention beim Obersten Gerichtshof. Wie schon am vergangenen Wochenende ließ er sich auch dieses Mal zunächst mit Hubschrauber über die Demonstration fliegen, um dann zu Fuß seine Anhänger per Handschlag und ohne Mundschutz zu begrüßen. Später winkte er ihnen auf einem Pferd der Militärpolizei aufgesattelt noch zu.
Brasiliens Präsident ist in den vergangenen Wochen mehrmals bei Demonstrationen erschienen, die von verfassungswidrigen Sprüchen geprägt waren. Wegen einer dieser sich sonntäglich wiederholenden Demonstrationen wird bereits gegen Teilnehmer und mögliche Finanzierer ermittelt.
Die Ermittlungen des Obersten Gerichtshofes gegen das Fake-News-Netzwerk haben unter Bolsonaro-Anhängern in den sozialen Netzwerken eine Welle von Protesten ausgelöst. Samstagnacht (30. Mai) hat zudem die Gruppe “300 do Brasil“ im Stil des Ku Klux Klan mit Fackeln und weißen Masken vor dem Obersten Gericht gegen Richter Alexandre de Moraes protestiert. Angeführt wurde sie von einer Bloggerin, gegen die Ermittlungen wegen Fake News laufen.