In nur einem Monat ist in Brasilien die Zahl der mit dem Coronavirus positiv getesteten Menschen von 91.589 auf über eine halbe Million gestiegen. Bis zum Sonntag (31.) haben sich in dem südamerikanischen Land laut den offiziellen Daten des Gesundheitsministeriums 514.849 Menschen mit dem Coronavirus infiziert.
Im Vergleich zum Samstag (30.) wurden dabei 16.409 Neuinfektionen vermeldet. Die Zahl der Covid-19-Todesopfer hat binnen 24 Stunden um 480 zugenommen und ist auf insgesamt 29.314 gestiegen. Lediglich in den USA, England und Italien sind bisher mehr Menschen an den Folgen der neuen Viruserkrankung gestorben.
Nach 95 Tagen seit dem Bekanntwerden des ersten Covid-19-Falles sind in Brasilien beinahe zwei Drittel aller Munizipe vom Coronavirus betroffen. Der Höhepunkt der Ansteckungskurve ist indes noch nicht erreicht. Spezialisten gehen davon aus, dass dies erst in zwei bis drei Wochen geschehen wird.
In vielen Städten nimmt die Zahl der Covid-Verdachtsfälle weiterhin stark zu. In Manaus und Fortaleza scheint sich die Zahl der Neuinfektionen indes zu stabilisieren. Gleichzeitig stehen die beiden Städte und ebenso andere Regionen Brasiliens vor dem nächsten Problem. Durch das Ausbreiten des Coronavirus auf kleinere Munizipe ohne ausreichende Gesundheitsversorgung für schwerere Covid-19-Fälle wird der Druck auf die Krankenhäuser der Großstädte erhöht, in welche die Patienten aus dem Umland gebracht werden müssen.
Aus weitab gelegenen Gebieten in die Krankenhäuser der Großsstädte müssen auch erkrankte Indios gebracht werden. Unter den indigenen Völkern des Landes sind nach offiziellen Daten bisher 1.119 Männer, Frauen und Kinder mit Covid-19 positiv getestet worden und 45 verstorben. Indigene Vertretungen wie die Articulação dos Povos Indigenas do Brasil (Apib) spricht von über 1.600 Infizierten und 159 Todesopfern. 75 Völker sind laut Apib bereits vom Coronavirus betroffen. Die meisten der am Coronavirus erkrankten Indios leben in der Amazonas-Region.
Das Land kämpft aber nicht nur gegen die Coronavirus-Pandemie und die dadurch verschärfte Wirtschaftskrise, sondern ebenso mit politischen Problemen. Zwei Gesundheitsminister haben in nur etwas mehr als einem Monat den Hut genommen. Seit zwei Wochen wird das Gesundheitsministerium vom Interims-Minister General Eduardo Pazuello geführt. Verschiedene Spitzenfunktionen des Ministeriums wurden ebenso mit Militärs besetzt.
Von Brasiliens ultrarechtem Präsident Jair Bolsonaro wurde die Pandemie im Land als Gripplein und Hysterie der Medien abgetan. Seit dem rasanten Anstieg der Infektions- und Todeszahlen nimmt er kaum mehr dazu Stellung. Stattdessen fordert er weiterhin eine Rückkehr zur sogenannten Normalität und zur Arbeitsaufnahme.
Allein bei Worten bleibt es dabei nicht. Immer wieder unterstreicht er seine irrige Meinung über die Pandemie durch Taten und sorgt durch Ausflüge zur Bäckerei oder Hotdog-Bude für Menschenansammlungen, die eigentlich vermieden werden sollten. Einen Mundschutz trägt er dabei selten, obwohl in Brasília eigentlich ein Dekret zur Maskenpflicht mit einem Bußgeld von bis zu 2.000 Reais erlassen worden ist. Gouverneure und Präfekten, die Maßnahmen zur sozialen Isolations oder einen Lockdown erlassen haben, beschimpft er in Interviews und sozialen Medien.
Währenddessen spielen sich in vielen Krankenhäusern des Landes dramatische Szenen ab. In Rio de Janeiro wurde eine Kriterienliste zur Auswahl der Patienten erstellt, die einen Intensivstationsplatz erhalten sollen. Wartelisten auf einen UTI-Platz gibt es mittlerweile nicht nur in Rio de Janeiro. Auch im Bundesstaat Rio Grande do Norte sterben Menschen in der Warteschlange auf ein Beatmungsgerät.
Der Mangel an Beatmungsgeräten bringt jedoch noch ein weiteres dunkles Kapitel ans Licht. In mehreren Städten wird inzwischen wegen Mauscheleien beim Kauf der Geräte und überteuerter Preise ermittelt. Im Mittelpunkt stehen dabei ebenso Politiker und Unternehmer. Ihnen wird vorgeworfen, die Pandemie benutzt zu haben, um sich durch Scheinkäufe oder überteuerte Käufe zu bereichern. Im Kampf gegen die Korruption hat das Institut Não Aceito Corrupção (INAC) jetzt die Plattform “Corruptovirus“ eingerichtet. Über sie können die Bürger unbürokratisch Verdachtsfälle von Korruption im Zusammenhang mit der Pandemie anzeigen.