Nachdem vom Gesundheitsministerium nun wieder die Gesamtzahlen der Covid-Infektionen und Todesfälle veröffentlicht werden, hat sich die Zahl von Neuinfektionen binnen 24 Stunden verdoppelt. Am Dienstag (10.) wurden 32.091 Neuinfektionen vermeldet. Die offizielle Gesamtzahl ist damit auf 739.503 angestiegen.
Bei den Covid-Todesfällen wurde eine Zunahme von 1.272 registriert. Insgesamt sind in Brasilien nach den Daten des Gesundheitsministeriums bisher 38.406 Menschen an Covid-19 gestorben.
Knapp 740.000 Covid-Infektionen nur Spitze vom Eisberg
Einmal mehr zeigen neue Studien, dass die tatsächliche Zahl der Corona-Fälle in Brasilien wesentlich über den offiziellen Daten liegen könnten. Lagom Data bezieht sich dabei auf die extrem gestiegene Zahl von schweren Atemwegsinfektionen. Die sind dieses Jahr 20 mal höher als im vergangenen Jahr. Vor allem in den Hauptstädten der Bundesstaaten mit weniger Covid-Fällen seien wesentlich mehr Menschen an schweren Atemwegsinfektionen gestorben als in den Vorjahren, so das Fazit der Studie.
Ein Beispiel ist die Hauptstadt Mato Grossos do Sul, Campo Grando. Dort kommen laut der Studie auf jeden Covid-Toten 11,6 Tote durch Atemwegsinfekte. Das Problem ist: die Symptome sind ähnlich und es wird zu wenig getestet. 2019 sind in Brasilien 349 Menschen an Atemwegsinfekten gestorben. Dieses Jahr sind es bereits über 7.000.
Eine Studie der Universität Juiz de Fora und des Technikzentrums Cefet hat zudem errechnet, dass die tatsächliche Zahl der Coronavirusinfektionen in Brasilien bereits zwischen 5,6 und sieben Millionen liegen könnte. Sie basieren sich dabei auf die offiziellen Todeszahlen, die Letalität und Vergleichen mit anderen Ländern. Die Dunkelziffer, so die Forscher liegt danach acht bis zehnmal höher als die offiziellen Zahlen.
Vorläufige Ruhe bei Datenstreit
Nach starker Kritik und einem Beschluss des Obersten Gerichtshofes STF hat das Gesundheitsministerium am Dienstag (9.) wieder wie bis vor Kurzem üblich die Gesamtzahlen der Covid-19-Infektionsfälle und Todesopfer der vergangenen 24 Stunden präsentiert. Interims-Gesundheitsminister General Eduardo Pazuello sprach bei einer Fragestunde im Kongress von Missverständnissen und wehrte den Vorwurf von Vertuschungsversuchen ab.
Auch wenn die Gesamtzahlen über Infektionsfälle und Todesopfer der vergangenen 24 Stunden nicht im offiziellen Painel gestanden hätten, wären sie doch jederzeit abrufbar gewesen. Über mehrere Tage hinweg hatte die Regierung nur noch Zahlen über Neuzugänge veröffentlicht. Diese stimmten zum Teil zudem nicht mit denen von den veröffentlichten Daten der einzelnen Bundesstaaten überein.
Bolsonaro nutzt WHO
Brasiliens ultrarechter Präsident Jair Bolsonaro ist die Aussage einer WHO-Mitarbeiterin gerade recht gekommen, dass mit dem Coronavirus infizierte aber symptomlose Menschen das Virus möglicherweise weniger stark übertragen. Er sieht das als willkommenes Signal für eine schnellere Öffnung des Kommerzes und ein Ende der Quarantänemaßnahmen. Davon abgesehen kritisierte er die Weltgesundheitsbehörde. Sie habe ihre Glaubwürdigkeit verloren, so Bolsonaro.