Brasilien nähert sich der Marke von 100.000 Covid-Toten. Seit über zwei Monaten werden im Durchschnitt täglich über tausend Todesopfer verzeichnet. Mittlerweile sind in dem südamerikanischen Land bereits 95.819 Menschen an den Folgen von Covid-19 gestorben. Die Zahl der Infizierten ist nach offiziellen Angaben auf über 2,8 Millionen gestiegen.
Seit zwölf Tagen liegt der Sieben-Tage-Durchschnitt der Infektionen täglich bei über 40.000 Neuzugängen. Weniger Todesopfer und Neuinfektionen werden lediglich sonntags und montags registriert, weil an den Wochenenden die Labore der Testauswertungen weniger stark besetzt sind und auch die Datenübermittlung eingeschränkt ist.
Allein im Juli sind in Brasilien über 1,2 Millionen Menschen auf Covid-19 positiv getestet worden und 32.881 an der neuen Viruserkrankung gestorben. Ein Hoch, wie in anderen Ländern, mit danach absinkenden Zahlen hat es bisher nicht gegeben.
Allerdings gibt es Unterschiede in den einzelnen Regionen. Im Norden Brasiliens werden seit zwölf Tagen weniger als einhundert Covid-Todesopfer pro Tag gezählt. Im Süden und zentralen Westen sind die Zahlen hingegen steigend.
Keine Entwarnung gibt es ebenso in den Bundesstaaten São Paulo und Rio de Janeiro. Während in den gleichnamigen Hauptstädten der beiden Bundesstaaten bereits Lockerungen bei den Isolierungsregeln gelten, steigen die Neuinfektionen in anderen Städten und Gemeinden abseits der großen Zentren.
Ein extremer Anstieg wird auch unter den Indigenen verzeichnet. Nach Angaben der Indigenenvereinigung Apib haben sich bereits 22.325 Indios mit dem Coronavirus infiziert, 633 sind verstorben. Betroffen sind 143 der etwa 300 Völker. Nach Angaben der Gesundheitsbehörde für Indigene Völker sind es 16.509 Infizierte und 294 Covid-Tote. Sie registriert allerdings nur Indios, die in bereits anerkannten Indio-Territorien leben.
Die Horrorzahlen der Covid-Neuinfektionen und Todesfälle sind zum Routine-Bestandteil der Nachrichten geworden. Nach über fünf Monaten Pandemie halten sich zudem immer weniger Menschen an die Isolierungsempfehlungen. In verschiedenen Metropolen ziehen Gastronomievereinigungen vor Gericht, um eine Öffnung von Bars und Restaurants zu erwirken und diskutiert wird die Wiedereröffnung der Schulen.
Gleichzeitig wächst der Unmut der Bevölkerung gegenüber der Haltung des Präsidenten Jair Bolsonaro zur Pandemiebekämpfung. Bolsonaro stellt sich weiterhin gegen Isolierungsmaßnahmen, preist Chloroquin als Heilmittel an und begründet den Mangel an Gegenmaßnahmen damit, dass sich jeder irgendwann anstecken werde und das Sterben zum Leben gehöre.
Von den Gewerkschaften der Angehörigen der Gesundheitsberufe ist er Ende Juli bereits beim Internationalen Gerichtshof in Den Haag angezeigt worden, weil er die Ansteckung mit dem Coronavirus schüre, unverantwortlich handle und sich weigere Minderheiten wie die Indios vor der Pandemie zu schützen.