Beinahe 83 Prozent des brasilianischen Stromes stammt von erneuerbaren Energien. Der Hauptanteil (59,6 Prozent) wird mit Wasserkraftwerken gewonnen. Starke Zuwächse verzeichnet aber auch die Windkraft. Sie nimmt mittlerweile 9,3 Prozent der Energiematrix Brasiliens ein. Knapp 8.000 Windräder sind bereits im Einsatz. In den kommenden vier Jahren sollen noch ein paar tausend hinzu kommen.
Angezogen durch die hohe Windproduktivität Brasiliens haben europäische und amerikanische Unternehmen auch für die nächsten Jahre hohe Investitionen zugesichert. Die 653 über das Land verteilten Windparks warten derzeit mit einer Kapazität von 16,68 Gigawatt auf.
Bis 2024 soll nach einer Erhebung des Windenergieverbandes Abeeólica die Nennleistung auf 25,5 Gigawatt steigen. Schon jetzt steht Brasilien nach dem Global Wind Energy Council bei der Windkraft weltweit auf dem siebten Platz.
Auslöser für den Boom der Windenergie waren weniger Überlegungen zu einer Kohlendioxid-Einsparung. Hintergrund waren vielmehr die Blackouts in den Jahren 2001 und 2002, ausgelöst durch Dürren und Wassermangel in den Stauseen. 2004 hat die Energiebehörde Aneel dann ein Programm zur Förderung erneuerbarer Energien beschlossen, um einen Energiemix zu bieten. Gegeben war damit der Startschuß.
War die Windenergie in Brasilien zu Beginn noch teuer, gilt sie inzwischen als die billigste Energieform des Landes. Von Jahr zu Jahr werden zudem Rekorde bei der “Windernte“ verzeichnet. 2019 wurden mit der über die Windräder erzeugten Energie zeitweise 28,8 Millionen der insgesamt 72 Millionen Haushalte Brasiliens mit Strom versorgt.
Nebenbei sorgen die Windräder für einen sozial-ökonomischen Effekt. 82 Prozent der Windkraftanlagen stehen im ärmeren Nordosten Brasiliens, allen voran in den Bundesstaaten Rio Grande do Norte, Bahia und Ceará. Ein Teil der Windräder steht auf Privatgrund.
Als Ausgleich erhalten die Besitzer dafür eine Pachtzahlung. Diese ist in einigen Fällen zu einer wichtige Einnahmequelle für die Familien geworden. Die Windkraft trägt somit mit Investitionen und geschaffenen Arbeitsplätzen zur Verbesserung der Wirtschaft und ebenso zur Verbesserung der sozialen Strukturen bei.
Die Windenergie wird in Brasilien auch in Zukunft eine immer größere Rolle spielen. Auch wenn Brasilien als eins der Wasserreichsten Länder der Welt gilt, sind Alternativen zu den Wasserkraftwerken notwendig. Dürren haben ebenso 2015 in verschiedenen Regionen des Landes für leere Speicherseen gesorgt. Auch 2020 sind angesichts des Regenmangels vor allem im Süden und Südosten einige Stauwerke an ihre unteren Grenzen gestossen.
Sinkt die Leistung der Wasserkraftwerke werden in Brasilien Kraftwerke fossiler Energien hinzu geschaltet. Mit Erdgas, Erdöl und Kohle werden durchschnittlich 15,9 Prozent des Stromes erzeugt. Hinzu kommen 1,2 Prozent aus Atomkraftwerken.
Der Strom aus fossilen Rohstoffen macht sich aber nicht nur bei der Kohlendioxidbilanz bemerkbar, sondern ebenso bei der Stromrechnung. Muss für die Gewährung einer ausreichenden Energieversorgung auf Erdgas, Erdöl und Kohle zurückgegriffen werden, zahlt der Verbraucher eine zusätzliche Pauschale.
Strom aus Zucker und Sonnenkraft
Weitere Alternativen sind Energie aus Biomasse und Solarenergie. Die Biomasse stellt bereits 8,7 Prozent der Strommatrix Brasiliens. Vor allem Alkohol- und Zuckerindustrie setzen auf sie, in dem sie die bei der Produktion übrig bleibende Bagasse des Zuckerrohrs zur Erzeugung von Strom einsetzen.
Die Solarenergie ist mit 1,7 Prozent hingegen nur schwach vertreten. In dem sonnenreichen Land wäre das Potential indes hoch. Erst 2012 hat die Energiebehörde Aneel eine Regel erlassen, nach der Privatleute ihren per Sonnenkraft erzeugten Strom ins Netz einspeisen können und auf ihrer Stromrechnung eine Gutschrift dafür erhalten.
Erstellt wurden aber auch große Solarkraftparks. Erst im Januar 2020 ist einer der größten Brasiliens im Bundesstaat Piauí ans Netz gegangen.
Ausgebremst wird die Solarenergie noch durch die hohen Preise. Unter den erneuerbaren Energien ist der Solarstrom derjenige, der am teuersten ist. Ein Grund dafür ist unter anderem, dass es in Brasilien noch keine ausreichende Produktion von Modulen gibt und das Land auch bei den Einzelteilen auf einen Import angewiesen ist.
Der Solarmarkt gibt sich dennoch zuversichtlich. Immerhin sind die Preise durch verschiedene Anreize und Steuererleichterungen in den vergangenen Jahren gesunken. Künftig soll es zudem Sonderkredite zur Finanzierung von Photovoltaikanlagen beim staatlichen, sozialen Wohnprogramm “Casa Verde e Amarela“ geben.
Gleichzeitig gibt es allerdings Bestrebungen, die Privathaushalte für das Einspeisen von Solarstrom zur Kasse zu beten. Sie sollen ebenso wie andere Energieversorger für die Benutzung der Stromleistungen bezahlen, so das Bestreben.