Zum Tag des Baumes: Auch tote Bäume sind im Wald von Bedeutung

Bäume spielen auch nach dem „Tod“ noch eine Rolle im Wald. Auch ohne Leben beherbergen sie viele Tierarten und sind für die Aufrechterhaltung vieler natürlicher Kreisläufe unerlässlich. Beim Anblick eines leblosen Baumes stellen sich viele Menschen vor, dass hier ein Kreislauf geendet hat. Aber nein! Trockene und leblose Äste sind für die Aufrechterhaltung anderer natürlicher Kreisläufe unerlässlich. Selbst wenn das Wort „Tod“ im übertragenen Sinne verwendet wird, ist es in der Regel mit einer negativen Konnotation behaftet.

Flora Bäume – Foto: sabiá brasilinfo

Sei es, um etwas ohne viel Leben zu beschreiben, wie ein „toter Blick“, oder etwas Nutzloses, ein „totes Gewicht“. Aber wie alles in der Natur gibt es immer Ausnahmen. Ein toter Baum ist, im wahrsten Sinne des Wortes, ein Synonym für viel Leben und Nützlichkeit.

Laut einer 2017 veröffentlichten Studie nisten mindestens 1878 Vogelarten (das sind etwa 18% aller Vögel der Welt) in Baumhöhlen. Davon sind nur 481 Arten in der Lage, das Holz auszuhöhlen und ihr eigenes „Zuhause“ zu konstruieren oder einen anderen vorhandenen Hohlraum umzugestalten.

Die überwiegende Mehrheit der Vögel, die in Baumhöhlen nisten (1357 Arten), sind nicht in der Lage, ihre eigenen Höhlen zu graben. Sie sind daher darauf angewiesen, von anderen Arten erstelle Nester oder natürliche Höhlen wieder zu nutzen, die in der Regel nur in großen Bäumen und gut erhaltenen Wäldern zu finden sind.

Wie ihr volkstümlicher Name (pica-pau= hackt auf Holz) schon sagt, sind Spechte die geschicktesten Tiere, wenn es um die Holzbearbeitung geht. Die Mitglieder der von diesen Vögeln gebildeten Familie (Picidae) haben eine Reihe von Anpassungen für das Graben in Holz gemeinsam, darunter sogar einen inneren Schutzhelm gegen Stöße. Nicht umsonst werden sie allgemein als „Zimmerleute des Waldes“ bezeichnet. Wissenschaftlich gesehen werden sie jedoch einem anderen Beruf zugeordnet – sie sind „Ingenieure“.

Tiere, die in der Lage sind, die sie umgebende Umwelt zu verändern, werden als „Ökosystemingenieure“ bezeichnet. Indem sie die Umwelt, in der sie leben, verändern, können Arten, die Ökosysteme gestalten, andere Arten in ihrer Umgebung positiv oder negativ beeinflussen. Im Falle der Spechte kommen sie Tausenden anderer Vogel-, Säugetier-, Reptilien- und Insektenarten zugute, indem sie als Vollstrecker eines echten groß angelegten Wohnungsbauprogramms fungieren, etwa nach dem Motto „meine Höhle, mein Leben“.

In einer anderen wissenschaftlichen Studie, die 2012 veröffentlicht wurde und im argentinischen Atlantikwald durchgeführt wurde (ja richtig, auch Argentinien und Paraguay haben Atlantikwald), zeigten die Forscher, dass die Verfügbarkeit von Höhlen für Brutvögel, die in Höhlen nisten, aber nicht graben können, von einem komplizierten Netzwerk abhängt, an dem Spechte und holzabbauende Pilze beteiligt sind, die die Arbeit der grabenden Vögel erleichtern.

Abgestorbene Bäume sind nicht nur „Raum“, sondern auch „Küche“ für viele Vogelarten. Die Fähigkeit der Spechte, Holz auszuhöhlen, hat nicht nur mit dem Nestbau zu tun. Im Holz finden sie auch Nahrung (Insekten, insbesondere Larven und Eier). Aber auch für viele Vögel, deren Nahrung nicht im Holz „gefangen“ ist, können große tote Bäume sehr wichtig sein. Ganz unterschiedliche Vögel nutzen die toten Bäume – die Singvögel als Bühne für ihre Show, die Nachtvögel als Schlafplatz und die Raubvögel als strategische Ansitze, um ihr nächstes Opfer zu beobachten.

Specht – Foto: boanergesjr auf Pixabay

Abgesehen von der traditionellen ornithologischen Voreingenommenheit der Kolumne, die Sie gerade lesen, brauchen nicht nur Vögel tote Bäume zum Leben, sondern Hunderte von Säugetieren, Reptilien, Amphibien und unzählige Insekten sind ebenfalls auf Totholz angewiesen, sei es als Unterschlupf, zur Fortpflanzung, als Nahrungsplatz oder für all diese Dinge zusammen.

Außerhalb der Tierwelt profitieren auch Pilze und viele lebende Pflanzen von toten Bäumen. Gibt es ein besseres Beispiel für die Widerstandskraft der Natur als eine blühende Orchidee oder Bromelie auf einem toten Baumstamm?

Wenn Sie einen toten Baum in Ihrem Garten oder auf Ihrem Hof haben und sein eventueller Fall niemanden gefährdet, lassen Sie ihn stehen und bewundern Sie den Tod, der das Schauspiel des Lebens inszeniert.

Wir müssen lernen, nicht nur die lebenden sondern auch die toten Bäume zu schätzen, denn ohne sie würde ein Großteil der Natur absterben. Das ist überraschend, aber es hat nichts Morbides an sich, sondern gehört zum ewigen, sich erneuernden Kreislauf der Natur.

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AutorIn: Klaus D. Günther

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