In Brasilien leben weniger Menschen als angenommen. Nach den Ergebnissen, der jüngsten Volkszählung, dem Censo Demográfico 2022, wird das südamerikanische Land von 203.062.512 Menschen bewohnt. Vorab geschätzt wurde die Bevölkerungszahl hingegen auf 213 Millionen Menschen. Der vom brasilianischen Statistikamt IBGE durchgeführt Zensus zeigt ebenso, dass die Bevölkerungszahl des Landes von Jahr zu Jahr weniger wächst. Im Vergleich zu 2010 gab es zwar eine Erhöhung von 6,5 Prozent, die Wachstumsrate pro Jahr liegt damit aber nur noch bei 0,52 Prozent.
Die meisten Menschen konzentrieren sich nach wie vor im Südosten des Landes. Er beherbergt 84,8 Millionen der Einwohner und damit 41,8 Prozent der gesamten Bevölkerung Brasiliens. Allerdings ist seine Bevölkerungszahl seit der letzten Volkszählung im Jahr 2010 nur noch um 0,45 Prozent gestiegen. Am stärksten zugenommen hat die Zahl der Menschen hingegen im Zentralen Westen. Für ihn wird die Wachstumsrate mit 1,23 Prozent angegeben. Mittlerweile leben dort etwa 16,3 Millionen Menschen.
Während in den Bundesstaaten mit einer höheren Einwohnerzahl geringere Zuwächse verzeichnet wurden, ist die Bevölkerung in kleineren Bundesstaatn stärker gewachsen. Ein Beispiel ist Roraima. In ihm leben gerade einmal 636.300 Menschen. Gleichzeitig ist dort mit 2,92 Prozent aber der höchste Anstieg der Einwohner registriert worden. Eine der geringsten Zunahmen gab es indes im Bundesstaat Rio de Janeiro. Er weist zwar die dritthöchste Einwohnerzahl aller Bundesstaaten Brasiliens auf. Die Zahl der Menschen ist im Vergleich zu 2010 aber nur um 0,03 Prozent gestiegen.
Weites Land und Menschenansammlungen in Metropolen
Die 203,1 Millionen Menschen leben allerdings in einem riesigen Land. Die Bevölkerungsdichte ist zwar in den vergangenen zwölf Jahren leicht gestiegen, liegt aber dennoch weit unter dem europäischen Durchschnitt. Während sich in Europa laut Statista etwa 108,9 Menschen einen Quadratkilomter teilen, sind es in Brasilien nach den neuesten Erhebungen lediglich 23,8. Im Jahr 2010 waren es 22,43.
Die Bevölkerung verteilt sich allerdings völlig ungleich über das Land. Äußerst dünn besiedelt ist der Norden, der von den Amazonas-Bundesstaaten gebildet wird. Mit einer Fläche von 3,8 Millionen Quadratkilometer nimmt er 45,2 Prozent der Landesfläche ein. Gleichzeitig leben dort aber rein rechnerisch gesehen nur 4,5 Menschen auf einem Quadratkilometer. Angesichts der Tatsache, dass sich dort auch der größte tropische Wald der Welt, der Amazonas-Regenwald befindet, ist das jedoch wenig verwunderlich.
Anders als der Norden leben im Südosten Brasiliens mehr Menschen. Sie ist die am dichtesten besiedelte Region Brasiliens und Heimat von 84,8 Millionen Menschen. Pro Quadratkilometer sind dies 91,8 Personen, was beinahe schon europäischen Verhältnissen entspricht. Im Zentralen Westen, in dem die Hauptstadt Brasília liegt, beträgt die Besiedlungsdichte 10,1 Bewohner pro Quadratkilometer, im Nordosten 35,2 und im Süden 51,9.
Werden die einzelnen Bundesstaaten betrachtet, ergibt sich ein anderes Bild. Der Hauptstadtdestrikt, der den Bundesstaaten gleichsteht und in dem die Hauptstadt Brasília liegt, ist am stärksten besiedelt. Er umfasst gerade einmal 5.761 Quadratkilometer, wird aber von 2,8 Millionen Menschen bewohnt, was einen Durchschnitt von 489 Bewohnern pro Quadratkilometer ergibt. Ihm folgt der Bundesstaat Rio de Janeiro mit 367 Einwohner pro Quadratkilometer.
Anders sieht es im Bundesstaat São Paulo aus. In ihm liegt zwar die Megametropole São Paulo und um sie herum ein gigantisches Konglomerat von weiteren Großstädten. Der Bundesstaat hat jedoch eine Fläche von 248.219 Quadratkilometern, was zu „lediglich“ 179 Bewohnern pro Quadratkilometer führt, in der Megametropole selbst sind es hingegen etwa 2.888,78.
Die meisten Brasilianer leben in Großstädten
Insgesamt gibt es in Brasilien 5.570 Munizipe (Gemeinden). Beinahe die Hälfte von ihnen (44,8 Prozent) wird aber von nur bis zu 10.000 Menschen bewohnt. Mit 57 Prozent verteilt sich der größte Teil der Bevölkerung auf nur 319 Munizipe. Etwa 22,1 Prozent der gesamten Bevölkerung Brasiliens lebt dabei in nur 20 der 319 Giga-Munizipen, wie São Paulo (11,5 Millionen Einwohner), Rio de Janeiro (6,2 Millionen) oder Brasília (2,8 Millionen).
Großstädte schrumpfen
Einige der Großstädte haben jedoch an Anziehungskraft verloren. So ist die Einwohnerzahl von Rio de Janeiro von 6,3 Millionen im Jahr 2010 auf jetzt 6,2 Millionen gesunken. Abnahmen gab es ebenso in Fortaleza, Salvador da Bahia, Belo Horizonte, Recife, Porto Alegre, Belém und São Gonçalo. Im knapp 900.000 Einwohner zählenden São Gonçalo haben die Statistiker dabei gleich eine Verringerung der Bewohnerzahl von 10,3 Prozent verzeichnet.
IBGE-Experte Claudio Stenner spricht von einem beispiellosen Rückgang der Einwohnerzahl in Metropolen. Er verweist aber auch darauf, dass in einigen Fällen gleichzeitig Nachbarmunizipe an Einwohnern zugenommen haben. Eine Erklärung dazu ist, dass die Siedlungen über ihre Gemeindegrenzen hinaus wachsen. Gehen in dem einen Munizip die Flächen aus, kommt es beim Nachbarn zu Erweiterungen.
Siedlungskonzentration nimmt zu
Zu nimmt dabei auch die beinahe nahtlose Aneinanderreihung von Städten um Metropolen herum, wie São Paulo, in deren Großraum sich 37 Munizipe konzentrieren.
Weiter gewachsen sind ebenso die Megametropole São Paulo, die Hauptstadt Brasília und ebenso die Amazonas-Hauptstadt Manaus, in der mittlerweile über zwei Millionen Menschen leben.
Die stärksten Zuwächse wurden aber nicht in den Millionenstädten verzeichnet, sondern in Städten ab 100.000 Einwohnern. Senador Ganedo in Goiás hat dabei einen wahren Boom erlebt und seine Einwohnerzahl in nur einem Jahrzehnt beinahe verdoppelt. Im Jahr 2010 war Senador Ganedo von 84.400 Menschen bewohnt. Jetzt leben dort indes 155.600 Menschen. Das entspricht einer Zunahme von 84,3 Prozent. Ähnlich sieht es in Fazenda Rio Grande in Paraná aus. Dessen Einwohnerzahl ist von 81.700 auf 148.900 gestiegen.
Noch gibt es Dörfer
Den Großstädten gegenüber stehen jedoch auch kleine Gemeinden, wie Serra da Saudade in Minas Gerais. Der Munizip ist eher ein Dorf und zählt gerade einmal 833 Einwohner. Noch lebt etwa ein Fünftel der Brasilianer (19,7 Prozent) in Gemeinden mit weniger als 25.000 Einwohnern. Allerdings zieht es immer mehr Menschen in die Stadt. Viele der kleineren Munizipe schrumpfen beinahe jährlich, während die Siedlungskonzentrationen stetig wachsen.
In einigen Fällen gibt es aber auch Ausnahmen, wie das 1.387 Einwohner zählende Uru, das eine Zunahme von 10,9 Prozent verzeichnet hat.
Bauboom und Ferienhäuser
In Brasilien gibt es mittlerweile 90,7 Millionen Haushalte, das heißt Wohnungen oder Häuser. 2010 waren es noch 67,5 Millionen. In nur zwölf Jahren ist die Zahl der Haushalte Brasiliens damit um 34 Prozent gestiegen. Allerdings sind nicht alle der Wohnungen und Häuser ständig bewohnt. Etwa 11,4 Millionen gelten als leerstehend, weitere 6,7 Millionen werden nur ab und zu genutzt, etwa als Ferienhäuser oder Zweitwohnungen.
Ähnlich wie die Zahl der Haushalte hat auch die der Zweitwohnungen, Ferien- und Freizeithäuser zugenommen. Ihre Zunahme ist allerdings gleich doppelt so hoch wie die aller Haushaltsformen. Zwischen 2010 und 2022 hat die Zahl der Wohnungen und Häuser, die nicht ständig bewohnt sind, gleich um 70 Prozent zugenommen, die der ungenutzten um 87 Prozent.
Die meisten Ferien- oder Zweitwohnungen gibt es übrigens im Süden und Südosten Brasiliens und dort vor allem in Meeresnähe. Zu den Munizipen mit der höchsten Anzahl an Häusern und Wohnungen, die nur zeitweise genutzt werden, gehören gleich drei an der Küste gelegene Orte des südbrasilianischen Bundesstaates Rio Grande do Sul. In Aroio do Sal sind gleich 72,1 Prozent der Haushalte nur vorübergehend genutzte Wohnungen oder Häuser, in Xangri-lá 70,7 Prozent und in Cidreira 67,9 Prozent.
Weniger Menschen teilen sich mehr Häuser und Wohnungen
Mehr Häuser und Wohnungen bedeutet keineswegs eine Zunahme der Bevölkerung. Vielmehr teilen sich in Brasilien immer weniger Menschen ein Haus oder ein Appartment. 2010 lebten in Brasilien noch durchschnittlich 3,31 Personen in einem Haushalt. Jetzt sind es nur noch 2,79. Zum Vergleich: in Deutschland werden die Haushalte durchschnittlich von je zwei Personen gebildet.
IBGE-Demograph Márcio Minamiguchi spricht von strukturellen Veränderungen der Familien. „Mit der Veraltung der Bevölkerung, die mit einer geringeren Geburtenrate einhergeht, sinkt naturgemäß die Zahl der Einwohner pro Haushalt“, so der Experte. Die Familien haben sich verändert. Die Familienform von einem Elternpaar mit mehreren Kindern ist abnehmend. Stattdessen gibt es andere Formen, wie kinderloose Paare, alleinerziehende Mütter oder ein Elternteil mit nur einem Kind. Abgenommen hat ebenso die Zahl der Kinder pro Elternpaar.
Abgenommen hat die Zahl der in einem Haushalt lebenden Personen in allen Regionen des Landes. Dennoch gibt es aber regionale Uterschiede. Im Norden Brasiliens, wie in den Bundesstaaten Amazonas und Amapá werden die Haushalte durchschnittlich von 3,64 und 3,63 Personen gebildet. Bundesstaaten im reicheren Süden und Südosten des Landes haben hingegen kleinere Haushalte. In Rio Grande do Sul liegt der Durchschnitt der in einem Haushalt lebenden Menschen beispielsweise bei 2,54 in Rio de Janeiro bei 2,60.
Die meisten Haushalte gibt es übrigens im Bundesstaat São Paulo. Allein der im Südosten Brasiliens gelegene Bundesstaat vereint etwa 19,6 Millionen der insgesamt 90,7 Millionen Haushalte. Allerdings lebt im Bundesstaat São Paulo auch etwa ein Fünftel (21,8 Prozent) der gesamten Bevölkerung Brasiliens.