Im vergangenen Jahr wurden in Brasilien mindestens 53 Ureinwohner ermordet. Diese Zahl wurde nun im Bericht des Indigenen-Missionsrats Cimi veröffentlicht, welcher jährlich die Rechtsverletzungen gegen Indianer im grössten Land Südamerikas zusammenstellt und auf drohende Gefahren für die indigene Bevölkerung hinweist. Nach den jüngsten Daten ist damit die Zahl der gewaltsamen Tötungsdelikte gegen Indios im vergangenen Jahr um 40 Prozent zurückgegangen. Im Jahresbericht 2007 hatte der Missionsrat insgesamt 92 Morde verzeichnet.
Laut dem Vizepräsident der 1992 von der nationalen brasilianischen Bischofsvereinigung gegründeten Organisation, Roberto Liebgott, ist die Reduktion auf den besseren Schutz der Ureinwohner in Bezug auf ihre Territorien sowie auf das stärkere Engagement der Indianerstämme selbst zurückzuführen. “Sie [die Indios] treffen sich, um zu diskutieren, zu verhandeln und die öffentlichen Stellen aufzufordern, ihre speziellen Schutzzonen besser zu schützen und Invasoren zu vertreiben“ erklärte Liebgott gegenüber der brasilianischen Nachrichtenagentur Agência Brasil.
Laut dem Missionsrat ereigneten sich die Verbrechen in insgesamt neun Bundesstaaten. Trauriger Spitzenreiter ist Mato Grosso do Sul, wo alleine 40 Indios gewaltsam getötet wurden, gefolgt von Minas Gerais mit vier Morden. Im Bundesstaat Mato Grosso do Sul leiden zudem die Ureinwohner am stärksten unter dem Kontakt mit der Zivilisation. Alkohol und Prostitution sind gravierende Probleme in den Indianerdörfern, alleine 2008 nahmen sich dort 34 Indianer das Leben. Vor allem junge Stammeskrieger sehen keinen Platz für sich in der modernen Gesellschaft, fernab jeglicher uralter und von Generation zu Generation weitergegebener Traditionen.
Besondere Sorge bereitet der Organisation derzeit die Situation in Roraima. Im nördlichsten Bundesstaat Brasiliens schwelt seit geraumer Zeit ein Konflikt zwischen Reisbauern und den dort seit Jahrhunderten ansässigen Indianerstämmen. Trotz der Intervention des brasilianischen Staates, um die Indianerschutzgebiete von den Invasoren wieder zu befreien, ist dort auf lange Sicht kaum Ruhe zu erwarten. Viele der Reisbauern weigern sich, die illegal besetzten Flächen zu verlassen und drohen den Indianer inzwischen offen Gewalt an. Diese wiederum sind fest entschlossen, die Eindringlinge ebenfalls mit Gewalt zu vertreiben. Nicht nur einmal standen in den vergangenen Monaten brasilianische Polizeikräfte zwischen den Fronten, um die mit Pfeil und Bogen sowie Speeren bewaffneten Indios vor den mit Pistolen und Gewehren ausgestatteten Bauern zu schützen.
Aber auch der brasilianische Staat ist laut dem Bericht des Missionsrates an der Gewalt gegen Ureinwohner beteiligt. So wurden bei einer von der brasilianischen Bundespolizei im Oktober vergangenen Jahres durchgeführten Aktion 20 Bewohner eines Indianerdorfes im Süden Bahias verletzt. Zudem sei das Jahr 2008 von einer erhöhten Anzahl an rassistischen Äusserungen und Kampagnen gegenüber der indigenen Bevölkerung Brasiliens in Kommunikationsmedien wie dem Internet begleitet worden. Allerdings seien hier drastische regionale Unterschiede, wie z.B. in Roraima, festzustellen.
Die Daten für den Jahresbericht des Indigenen-Missionsrates werden von mehr als 400 Missionaren zusammengetragen, die im ganzen Land mit den indigenen Völkern direkt oder indirekt in Kontakt stehen und zudem alle wichtigen regionalen und überregionalen Tageszeitungen des Landes auswerten.