Eine Gruppe von indigenen Frauen besetzte am Freitag (26) das Gebäude des antiken Indianer-Museums, das sich an der Seite des Stadions “Jornalista Mário Filho“, dem populären “Maracanã“ befindet, in der Nordzone von Rio de Janeiro. Wie Ash Ashaninka, einer der Führer dieser Besetzung gegenüber der “Agência Brasil“ erklärte, liegt dieser Protestaktion ihre Forderung nach einer Rückgabe des Verfügungsrechts über das Gebäude zugrunde, sowie die Durchsetzung “der indigenen Rechte“.
Vor dem Gebäude veranstaltet eine andere Indio-Gruppe, zusammen mit lokalen Bürgern, eine Protestaktion mit Plakaten und Spruchbändern, auf denen sie die Rückgabe der Immobilien fordern. Der Indio Tiuré Potiguara protestierte gegen den Rausschmiss der Indios aus dem Gebäude und sagte, dass viele aus dem Museum vertriebene Personen heute Not leiden, weil sie es ablehnten, an einen abgelegenen Ort in Jacarepaguá verlegt zu werden, um dort in Containern zu hausen.
“Unglücklicherweise haben wir Verwandte, die sich in einer total prekären Situation befinden, weil sie dieses Almosen der Regierung nicht akzeptierten, in Jacarepaguá wie Hunde zu leben. Wir werden unseren Widerstand aufrechterhalten. Wir brauchen dieses Gebäude – in Container lassen wir uns nicht abschieben“, sagte der indigene Leiter des Protests.
Der Ort ihres Protests wurde sofort von einem Schock-Bataillon der Militärpolizei umstellt – mit diversen Fahrzeugen und einem Helikopter. Die Polizisten isolierten das Areal und verhinderten auch den Zugang von Journalisten, die gezwungen wurden, eine Mindestdistanz von 150 Metern zu den “aufständischen Indios“ einzuhalten.
Am 12. Januar dieses Jahres, nach einem gescheiterten Versuch, das Gebäude des antiken Museums zu evakuieren, erklärten Künstler, Akademiker und Politiker ihre Unterstützung im Fall des “Indiodorfes Maracanã“, wie es im Volksmund genannt wurde. Dadurch gelang es den Indios, den Abriss des Gebäudes zu verhindern. Die Lokalität sollte in einen zusätzlichen Parkplatz für Stadiongäste verwandelt werden.
Am 21. März jedoch, aufgrund eines Reintegrationsprozesses der Besitzer, wurden die Indios mit Polizeigewalt aus dem Gebäude vertrieben. Eine Gruppe Indios akzeptierte den Vorschlag der Regierung von Rio de Janeiro, sich auf ein Terrain in Jacarepaguá zurückzuziehen, an der westlichen Peripherie der Stadt. Die andere Gruppe, zu der Ashaninka gehört, ist fest entschlossen, das Gebäude des antiken Museums wieder in Besitzt zu nehmen.
Der Staatsanwalt von Rio de Janeiro, Daniel Macedo, sagte zur “Agência Brasil“, dass eine Reintegration der Besitzrechte durch die Indios allein durch eine richterliche Verfügung geregelt werden könne und nicht aus eigener Kraft. “Die Staatsanwaltschaft der Union wird jedwede illegale Aktion ablehnen. Die dürfen da nicht einfach eindringen. Wenn sie eine Reintegration des Besitzes wollen, müssen sie den gesetzlich vorgeschriebenen Weg über die Staatsanwaltschaft einschlagen“, fügte er hinzu.
Macedo hob hervor, dass die Indios nicht durch eine Invasion die Reintegration erzwingen könnten, eines Gebäudes, das inzwischen wieder dem Staat zurückgegeben worden war. Er machte deutlich, welche Konsequenzen ein solches Verhalten nach sich ziehen könne, “denn die Polizei könnte die Geduld verlieren und plötzlich von der bisherigen moderaten Behandlung in eine effektivere wechseln“. Der Staatsanwalt deutete an, dass es eine neue Verhandlung geben werde, “denn die Polizei von Rio de Janeiro, hat leider eine ziemlich grausame Geschichte. Und die Staatsanwaltschaft wird auch so etwas nicht dulden“.
Nach Informationen des 18. Polizei-Departements (DP) an der “Praça da Bandeira“, wurden die protestierenden Indios festgenommen und ins DP transportiert. Sechs von ihnen hatten das Gebäude besetzt und wurden ebenfalls festgenommen. Nachdem man sie auf der Polizeistation angehört hatte, wurden alle freigelassen. Der Fall wird an die oberste Polizeibehörde des Landes, die “Polícia Federal“ weitergeleitet.
Noch ein paar erklärende Anmerkungen
In ganz Brasilien gibt es in den grösseren Städten ein so genanntes “Casa do Índio“ (Haus des Indianers), das sind Gebäude, die vom jeweiligen Bundesstaat zur Verfügung gestellt werden, und in denen sich indigene Besucher oder durchreisende Indios eine Zeitlang aufhalten und übernachten können, denn sie besitzen in der Regel kein Geld, um sich in einer normalen Pension einquartieren zu können.
Im Fall des besagten “Indio-Museums“ von Rio de Janeiro handelt es sich also um eine solche Unterkunft, die in Anbetracht der bevorstehenden WM 2014, und ihrer unmittelbaren Nähe zum Fussballstadion Maracanã, abgerissen und die Fläche in einen zusätzlichen Parkplatz verwandelt werden sollte – einfach so, ohne die indigenen Besitzer zu fragen, denn das Gebäude war ihnen zuvor vom selben Bundesstaat “als Besitz zuerkannt“ worden – so wie den Indios auch “das permanente Besitzrecht“ ihrer von den staatlichen Behörden demarkierten Reservate offiziell zugesichert wird.
Sollten nun aber plötzlich staatliche Interessen an einem solchen Gebiet entstehen – zum Beispiel wegen eines Wasserkraftwerk-Projekts oder weil man irgendwelche Bodenschätze in ihrem Gebiet vermutet – dann gehört es auf einmal wieder dem Staat, der dann Druck auf die Indios ausübt, um sie umzusiedeln.
Die offiziell vertretene Behauptung einer Anerkennung der indigenen Bevölkerung als ebenbürtige brasilianische Bürger ist eine Farce. Diese Anerkennung hat sich offensichtlich nicht einmal unter den verantwortlichen Politikern durchgesetzt, geschweige denn unter den einfachen Bürgern.