Survival warnt, dass das unkontaktierte indigene Volk von Mamoriá Grande weiterhin durch möglichen Kontakt mit Außenstehenden gefährdet ist, da das Gebiet auch drei Jahre nach der offiziellen Bestätigung der Existenz der Gruppe nicht geschützt ist.
Im August 2021 wurde während einer Untersuchung der brasilianischen Indigenen-Behörde FUNAI die Existenz dieses unkontaktierten indigenen Volkes in der Region Mamoriá Grande im Südwesten des Bundesstaates Amazonas bestätigt. Bis heute ist das Gebiet jedoch nicht rechtlich geschützt, was eine existenzielle Bedrohung für das indigene Volk darstellt.
Ein Team von FUNAI-Mitarbeitenden erkundete zwischen August und Oktober 2021 das Gebiet und fand eindeutige Beweise für die Anwesenheit des unkontaktierten Volkes: Jagdhütten, geflochtene Körbe, Töpfe und Bögen. Sie hörten auch, wie sich Angehörige der Gruppe in der Nähe unterhielten.
Über das unkontaktierte Volk ist aufgrund seiner selbst gewählten Isolation nur wenig bekannt. Man geht davon aus, dass es sich um eine Gruppe von mehreren Dutzend Jäger*innen und Sammler*innen handelt.
Das von dieser Gruppe bewohnte Gebiet liegt in der Nähe des Purus-Flusses im Südwesten des Bundesstaates Amazonas. Dort leben auch viele nicht-indigene Menschen, die in der Gegend fischen, jagen und Produkte des Waldes sammeln.
Jeder Kontakt mit Außenstehenden kann für unkontaktierte Völker tödlich sein. Neben dem Risiko eines gewalttätigen Angriffs kann jede Begegnung mit Eindringlingen Krankheiten wie Grippe und Covid-19 übertragen – Krankheiten, gegen die das unkontaktierte Volk keine Immunität entwickeln konnte.
Im Jahr 2022 prangerte Survival zusammen mit anderen Organisationen die Untätigkeit von FUNAI an und wies auf das Risiko der Auslöschung der Gruppe hin, wenn das Gebiet ungeschützt bleibt.
Die FUNAI ignorierte unter Bolsonaro Forderungen nach Schutzmaßnahmen wie der Unterzeichnung einer Notverordnung zum Schutz der von den Unkontaktierten bewohnten Region. Auch die ständige Anwesenheit von Expert*innen, die weitere Informationen sammeln könnten, und die Errichtung von Barrieren, um die Ausbreitung von Krankheiten zu verhindern, wurden verlangt.
Mit dem Amtsantritt der neuen Regierung von Luiz Inácio Lula da Silva hofften Beobachter*innen, dass die zuständigen Stellen der dringenden Situation die gebührende Aufmerksamkeit schenken würden. Das Gebiet verfügt jedoch noch immer nicht über ein Notfalldekret: eine Notverordnung, die das Eindringen von Außenstehenden verbietet und das indigene Land schützt, bis die endgültige Demarkierung abgeschlossen ist.
Im vergangenen Monat wurde endlich eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die anthropologische Studien in der Region durchführen soll, um das Gebiet schlussendlich für das indigene unkontaktierte Volk abgrenzen zu können. Diese Demarkierungsprozesse für indigenes Land können viele Jahre andauern – wie im Fall der Kawahiva, die seit 25 Jahren auf den Abschluss eines solchen Prozess warten. Die politisch umkämpfte Situation rund um den Stichtag-Trick (Marco Temporal) hat dazu geführt, dass einige dieser Prozesse zum Stillstand gekommen sind.
Survivals Direktorin für Recherche und Advocacy, Fiona Watson, sagte heute: „Wir sind zutiefst besorgt über die Trägheit der derzeitigen Regierung beim Schutz des Territoriums des unkontaktierten indigenen Volkes von Mamoriá Grande. Dies ist eine äußerst gefährliche Situation. FUNAI muss dringend eine Notfallverordnung unterzeichnen und damit ihrer gesetzlichen Verpflichtung zum Schutz des Territoriums dieser indigenen Völker nachkommen.“
„In der derzeitigen Situation, in der das Tauziehen um den Stichtagtrick zu einer noch größeren Verzögerung bei der Demarkierung der indigenen Gebiete geführt hat und die Gewalt gegen die Indigenen sowie ihre Gebiete nicht nachgelassen hat, sind die Notfalldekrete unerlässlich. Sie müssen genutzt werden, um das Land zu schützen und so das Überleben der unkontaktierten Bevölkerung von Mamoriá Grande zu garantieren, bis die endgültige Demarkierung des Gebiets abgeschlossen ist.“
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