São Paulo, 26. Februar 2006
Die gestrige zweite Nacht der Karnevalsparaden im Sambódromo Anhembi von São Paulo lief ohne grosse Zwischenfälle bis zum Morgen ab. Obwohl die Schulen des zweiten Tages als die unbedeutenderen gelten, übertrafen das Farbenmeer und die Qualität des Sambas alle Erwartungen. Den Auftakt gab die Sambaschule Unidos do Peruche, die 2004 aus der 1. Liga abgestiegen war, jedoch vergangenes Jahr ihre Rückkehr in die Grupo Especial schaffte.
Wie schon am Vortag Gaviões da Fiel widmete die Schule ihren Samba dem hundertsten Jahrestag des Fluges von Santios Dumont mit seiner 14-Bis, konnte jedoch das Publikum noch nicht begeistern. Die zweite Schule, Tom Maior, die zu den ärmeren Schulen São Paulos gehört, überraschte vor allem durch ihre gewagte Percussion, in deren Rhythmus immer wieder kleine, exakt ausgeführte Pausen eingeschoben wurden. Die dargestellte Geschichte des Bundesstaates Piauí und die Hommage an den Forró-Sänger Frank Aguiar überzeugten die Zuschauer.
Das Agro-Business war das Thema der dritten Schule, der Acadêmicos do Tucuruvi, deren einfacher Samba zu einem der meistgesungenen der Nacht wurde und gar in Taubstummensprache präsentiert wurde. Am Ende der Parade jedoch brach ein Teil des Wagen der Eröffnungskommission, was die Schule wertvolle Punkte kosten kann.
Den ersten Höhepunkt der Nacht lieferte dann die vierte Schule, Águia de Ouro, die das Thema Pädophilie und Gewalt gegen Kinder behandelte. Da gab es beispielsweise das Paar der Fahnenträgerin, die als Rotkäppchen mit ihrem Partner, dem bösen Wolf, tanzte, einen allegorischen Wagen, der einem Spinnennetz ähnelte und auf die Gefahren des Internets aufmerksam machte. Einen reibungslosen Umzug zeigte trotz 4.500 Mitgliedern die folgende Schule, Unidos da Vila Maria, die die Wichtigkeit des Transportwesens für die Wirtschaft zeigte und den Zustand der brasilianischen Strassen kritisierte.
Die sechste Schule, Leandro de Itaquera, die gar von einem Hubschrauber aus Blumen auf das Sambódromo Anhembi abwerfen liess, brachte ein polemische Parade über die Wasser des Rio Tietê und Politiker wie Geraldo Alckmin, Gouverneur des Bundesstaates, und José Serra, Bürgermeister São Paulos. Doch gleich der erste allegorische Wagen der Schule blieb in der Avenida stecken und kostete die Schule einige Minuten Verspätung. Als nächste Schule, allerdings als eigentlicher Fanclub des Fussballvereins Palmeiras ausserhalb des Wettbewerbs, präsentierte sich Mancha Verde, die zwar das Publikum mitreissen konnte, aber eher bescheidenere Kostüme und allegorische Wagen in die Avenida brachte.
Absoluter Höhepunkt der zweiten Nacht war die letzte Schule, die schon bei Sonnenschein ins Sambódromo zog. X-9 Paulistana heizte dem ermüdeten Publikum nochmal richtig ein mit ihrem Thema über die grossen Fragen der Menschheitsgeschichte. Die grandiose Parade der Schule, die letztes Jahr den zweiten Platz erreichte, macht sie zusammen mit Vai-Vai und Império de Casa Verde vom Vortag zu einem der stärksten diesjährigen Titelanwärter.
Annette Runge für BrasilienPortal