Nun hat auch in Rio de Janeiro der Karneval 2009 seinen Höhepunkt erreicht. In der gestrigen Nacht hatten bereits die ersten sechs Paraden im Sambódromo Marquês de Sapucaí stattgefunden. Nun durften die anderen sechs besten Sambaschulen der Stadt ihr Können den Zuschauern präsentieren. Insgesamt 12 Schulen sind in der Spezialgruppe zusammengefasst und jede hat 80 Minuten Zeit, die Paradestrecke zu absolvieren.
Die Reihenfolge der Schulen wurde zuvor per Losverfahren ermittelt, sechs Schulen durften bereits in der Nacht zum Montag ihre Kreativität zur Schau stellen, die restlichen konnten gestern ihr Können beweisen. Und was die rund 80.000 Zuschauer in der Arena und die Millionen an den TV-Geräten weltweit zu Gesicht bekamen, war wirklich ein wahres Feuerwerk der Lebensfreude.
Die Sambaschule Porto da Pedra eröffnete den bunten Reigen bereits kurz nach 21 Uhr Ortszeit mit einem Samba zum Thema “Kreativität“. Vorgestellt wurden in den verschiedenen Komponenten wichtige Personen der Zeitgeschichte, wie Albert Einstein, Leonardo da Vinci und Santos Dumont. Aber auch Adam und Eva waren auf einem Wagen, welcher die Vertreibung aus dem Paradies symbolisierte. Ein Allegoriewagen hatte zu Beginn der Parade Probleme, so dass sich zwischenzeitlich eine grosse Lücke bildete, die jedoch im Verlauf der Wegstrecke geschlossen werden konnte. Aufsehen erregte zudem Valesca Popozuda als Königin der Perkussionsgruppe, die gekonnt tänzerisch den Samba mit dem Funk Carioca verband.
Die Geschichte der Trommel setzte danach die Sambaschule Salgueiro auf höchst spektakuläre Weise um. Die Vize-Champions des Vorjahres sparten auch nicht mit bekannten Persönlichkeiten. Neben Viviane Araújo als Königin der Trommler war auch Komponist Carlinhos Brown mit von der Partie, der die Paradestrecke in einer Replika des ersten Trio Elétricos von Bahia absolvierte. Auch hier hatten zwei Allegoriewagen Probleme, die jedoch noch vor der Parade behoben werden konnten. 4.100 Teilnehmer, 36 Kostümgruppen und 8 Motivwagen begeisterten dann die Menge. Alleine die erste Allegorie enthielt 15 teilweise riesige Trommeln, die von Männern an Gummiseilen artistisch “gespielt“ wurden.
Dritte Sambaschule der Nacht war Imperatriz Leopoldinense. 50 Jahre besteht sie mittlerweile und konnte in dieser Zeit sieben Mal den Titel erringen. Ihre Präsentation erinnerte an die bekannten Sambastars aus ihrem Viertel und verknüpfte dies mit der Aussage, die Samba Carioca, also die in Rio de Janeiro heimische Samba unbedingt zu erhalten. So fanden sich auch bekannte Stars wie Zeca Pagodinho, Beth Carvalho, Arlindo Cruz einige Mitglieder der Band Fundo de Quintal auf den Allegoriewagen wieder. Die Show ging ohne Zwischenfälle in der vorgeschriebenen Zeit zu Ende, konnte jedoch ausser einer glänzenden Choreographie nicht unbedingt überzeugen.
Völlig anders war dies bei der Sambaschule Portela. Hier trat ein echter Titelaspirant auf und versetzte mit einem äusserst eingängigen Samba-Enredo die von Oscar Niemeyer entworfene Arena in einen Hexenkessel. 4.200 Teilnehmer, 39 Kostümgruppen und 7 Motivwagen erzählen von Liebesgeschichten aus aller Welt. Die Begrüssungskommission thematisierte die Ehrerbietung von König Arthur zu seinen Rittern der Tafelrunde, der König selbst wurde von einem Ballett-Tänzer aus London interpretiert. Natürlich durfte auch Shakespeares Romeo und Julia nicht fehlen und das Sertaneja-Duo Zezé di Carmargo und Luciana zeigten als Vertreter der “Stimmen Brasiliens“ ihre Zuneigung zu der frenetisch bejubelten Sambaschule.
Fast ganz in Rosa verwandelte sich das Sambódromo Marquês de Sapucaí beim Auftritt der Sambaschule Mangueira. Hauptthema der Präsentation waren die Wurzeln Brasiliens und die unterschiedlichen Kulturen des Landes. Acht Allegoriewagen, 31 Kostümgruppen und mehrere tausend Teilnehmer erzählten dann auch von der brasilianischen Identität, den verschiedenen Ethnien, der Geschichte und der Pluralität der Gesellschaft. Die Begrüssungskommission erinnerte zudem an die Entdeckung des riesigen Landes, Fernrohr und Kompass vermittelten einen Eindruck von den Abenteuern, welche die Ankömmlinge aus der alten Welt erwartete. Aber auch die Ankunft der Sklaven und die Entdeckung der riesigen Wälder in Amazonien waren Thema der hervorragenden Parade.
Nach über 15 Stunden – verteilt auf zwei Nächte – beendete die Sambaschule Viradouro am heutigen frühen Morgen die Sambaparaden der Grupo Especial von Rio de Janeiro in diesem Jahr. Die “pure Energie Bahias“ als Motto der Präsentation brachte auch noch einmal gehörig Stimmung ins Sambódromo. Acht Motivwagen, 39 Kostümgruppen erzählten von den afrikanischen Kulten und Gottheiten, der Verbindung zwischen Himmel und Erde, der Würze des in Nordosten gelegenen Bundesstaates und den Traditionen, welche die Sklaven vor vielen Jahren aus ihrer Heimat mit nach Brasilien brachten. Doch auch moderne Technologie fand ihren Platz in Form einer riesigen Zuckerrohrverarbeitungsanlage, Symbol für den umweltfreundlichen Kraftstoff, der auch dort produziert wird.
Zum Abschluss wollen wir Ihnen jedoch auch nicht die Muse des diesjährigen Karnaval von Rio de Janeiro vorenthalten. Es ist Suellen Ferreira, die es in der TV-Show Caldeirão do Huck schaffte, sämtliche Mitstreiterinnen auf dem Laufsteg und beim Sambatanzen auszustechen. Zu sehen war sie natürlich auch im Sambódromo, wo sie am heutigen frühen Morgen mit der Sambaschule Portela leichtfüssig über die Paradestrecke tanzte.
Sehen Sie hier die Bilder der Paraden:
Soviel für heute vom Karneval in Brasilien – in Zusammenarbeit dem brasilien Magazin. Morgen gibt es weitere Berichterstattungen vom Karneval, unter anderem die Ergebnisse der Sambaparaden von São Paulo. Und am Donnerstag erfahren Sie dann hier an dieser Stelle, wer den Titel in Rio de Janeiro in diesem Jahr sein Eigen nennen darf.