Am heutigen Freitag (12.) beginnen die spektakulären Paraden der Sambaschulen in São Paulo und Rio de Janeiro. Zehntausende Zuschauer feiern das grandiose Fest in den kommenden Nächten im jeweiligen Sambódromo auf der Tribüno oder in luxuriösen Logen mit, Millionen verfolgen das Megaschauspiel weltweit am heimischen TV. Bei soviel Audience strahlt das Scheinwerferlich weitaus stärker als zu einer anderen Zeit im Jahr. Und dies lockt Stars und Sternchen an. Alles was Rang und Namen hat, begibt sich in den Hexenkessel Carnaval do Brasil – und mancher sieht dabei auch die Chance, sich endlich einen Namen zu machen.
Die “Prominenz” lässt sich grob in 4 Gruppen einteilen: internationale Superstars, brasilianische Polit- und Showgrössen, die längst Vergessenen und die, die (noch) fast niemand kennt. Die letzte Gruppe ist dabei in der Regel weiblich und lässt so gut wie alle Hüllen fallen. So wie im vergangenen Jahr das Model Dani Sperle die durch ihren gewagten Auftritt das Nackedei Viviane Castro fast ausstach. Zumindest im Internet auf den einschlägigen Seiten. Für keinen Skandal zu schade und immer auf Implantate und andere “Verschönerungen” aufmerksam machend, versuchen sie das erotische Flair des brasilianischen Karnevals auszunutzen. So bleiben sie ein paar Tage oder Wochen länger im Gespräch, bis sie wieder in der Versenkung verschwinden und im darauffolgenden Jahr in der dritten Gruppe erneut auftauchen.
Das sich die dritte Gruppe der längst Vergessenen ebenfalls oft nur über “Sex sells” mit dem Carnaval do Brasil in Verbindung bringen können, ist ebenfalls ein offenes Geheimnis. Da spielen dann auch Altersgrenzen keine Rolle wie im Fall der sich mittlerweile im Seniorenalter befindlichen Elza Soares. Die in den 50er und 60er Jahren des letzten Jahrhunderts bekannt gewordene Sambasängerin machte just vor am gestrigen Donnerstag mit erotischen Aufnahmen wieder einmal auf sich aufmerksam. Laut Internetquellen und inoffiziellen Biografien soll die Samba-Diva entweder 1930 und 1937 geboren worden sein, sie selbst macht um ihr Alter ein grosses Geheimnis. Die Klatschpresse honoriert ihr “Engagement” und berichtet in Brasilien ausführlich über die gewagten Aufnahmen.
Die brasilianische Polit- und Showprominenz lässt sich natürlich auch nicht lumpen und fährt faktisch geschlossen zum Karneval. Sehen und gesehen werden heisst die Devise und immer findet sich noch jemand, der wichtiger ist, um sich mit ihm fotografieren zu lassen. TV-Sender ohne Übertragungsrechte berichten trotzdem stundenlang live von den Veranstaltungen, natürlich hinter der Tribüne oder vor den Toren des Sambódromos. So kann man live die Ankunft eines Stars miterleben, der dann später auf einem anderen Kanal auf der Paradestrecke beobachtet werden kann. Die Fragen und Antworten wiederholen sich natürlich im Laufe des Abends, denn das Motto lautet: “Weil ich berühmt bin, muss ich dabei sein und weil ich dabei bin, bin ich glücklich.“ Selbst Staatspräsident Luiz Inácio Lula da Silva könnte als Überraschungsgast begrüsst werden und wegen Karneval wurde bestimmt so mancher Staatsbesuch schon verschoben.
Für Sänger, Sängerinnen und Bands bietet sich beim Strassenkarneval gerade in Salvador da Bahia und Recife/Olinda die grosse Chance, wirklich berühmt zu werden. Auf einem Trio Elétrico, einem riesigen Lautsprecherwagen, als Vorgruppe so bekannter Namen wie Ivete Sangalo oder Chiclete com Banana vor diesem gigantischen Publikum aufzutreten, hat mit Sicherheit seinen Reiz. Und es ist eine Ehre, mit von der Partie zu sein. Daher finden sich gerade im Nordosten die Urgesteine der brasilianischen Popularmusik wie Gilberto Gil, Beth Carvalho, Alcione oder Caetano Veloso dort regelmässig ein. Aber auch Künstler wie Claudia Leitte, Vanessa da Mata oder Daniela Mercury begeistern die Massen und so mancher Sommerhit stammt aus den närrischen Tagen, wo er wieder und wieder gespielt wurde.
Bleiben die ganz grossen Namen, die man fast ehrfürchtig ausspricht. Madonna und Leonardo diCaprio wollen sich die Paraden aus nächster Nähe ansehen, auch Beyoncé und Alicia Keys sind in der Stadt unter dem Zuckerhut bereits eingetroffen. Und Paris Hilton kommt extra in die „Cidade Maravilhosa“, um Werbung für ein neues brasilianisches Bier zu machen. Bei ihr musste man es nicht aus der Klatschpresse erfahren, sie “zwitscherte” es bereits über Twitter in die Welt hinaus.
Den Stadtschlüssel von Rio de Janeiro hat Bürgermeister Eduardo Paes bereits an König Momo übergeben. Verbunden mit der Ermahnung, die Menschen mögen sich mit Alkoholkonsum, Sexualkontakten und Gewalteskapaden zurückhalten. 10.000 Polizisten versuchen an der Copacabana für Ruhe und Sicherheit zu sorgen, 750.000 Besucher – die vier vorgenannten Gruppen mal ausgeschlossen – werden aus dem In- und Ausland zu dem unvergleichlichen Fest der Lebensfreude erwartet.