Der Karnevalist Joãosinho Trinta (78) starb am vergangenen Samstag (17.12.2011). Er war seit dem 03. Dezember in der UTI (Intensivstation) des UDI-Hospitals in São Luís (Bundesstaat Maranhão), seiner Heimatstadt, interniert.
Getreu seiner Maxime “Der Arme mag die Armut nicht, er liebt den Luxus“, war der Mann aus Maranhão einer der Verantwortlichen für die Modernisierung des Karnevals von Rio de Janeiro.
Das von den Ärzten herausgegebene Bulletin gibt als Todesursache einen septischen Schock infolge einer Lungenentzündung und Blaseninfektion an. Der Leichnam des Karnevalisten wurde am vergangenen Samstag im “Museu Histórico e Artistico“ von Maranhão aufgebahrt und am Sonntag weiter zum “Teatro Arthur Azevedo“ gebracht, gefolgt von seinen Freunden. Die Beerdigung ist für Montag, den 19. Dezember um 10:30 Uhr vorgesehen.
Der Unterhaltungskünstler wurde als João Clemente Jorge Trinta 1933 geboren, der Karnevalist, bildende Künstler, Szenograf und Tänzer kam 1951 in die Hauptstadt der Cariocas, im Alter von 18 Jahren – vorher hatte er als Büroangestellter sein Brot verdient. Fünf Jahre später trat er dem Ballet des Munizipaltheaters in Rio bei. Als Freund des Poeten Ferreira Gullar, teilte er mit seinem Landsmann ein Appartement im Stadtteil Catete.
1963 trat er der Sambaschule “Acadêmicos do Salgueiro“ bei und half dem Karnevalisten Arlindo Rodrigues bei der Gestaltung des Karnevals-Themas “Xica da Silva“ (der Themen-Samba war von Anescarzinho do Salgueiro e Noel Rosa de Oliveira). Die Schule wurde Champion!
Joãosinho profilierte sich als Schöpfer grossartiger allegorischer Wagen – erst im Jahr 1974 unterschrieb er offiziell als Karnevalist seine erste Parade – auch beim Salgueiro.
Als Mitglied der Equipe von Fernando Pamplona, half Trinta die Paraden umzugestalten, so wie sie sich heute präsentieren. Die “Passistas“, die zuvor frei auf dem Boden marschiert waren – ohne allegorische Wagen oder phantastische Kostüme – zum Sound synkopierter Sambamusik, verloren diesen Platz an eine Art von “Volksoper“, in der die einzelnen “Alas“ (Themengruppen) in Blöcken paradieren, um zwischen den neu eingeführten allegorischen Wagen zu marschieren, von denen die einzelnen Bildfolgen der Themengeschichte verdeutlicht werden.
Die Karriere des Joãosinho Trinta war voller Erfolge – und Polemik
1989 wurde der Schule “Beija Flor de Nilópolis“ – damals unter der Leitung des Karnevalisten – verboten, zum Sambodrom (Stadion der Karnevalsparaden) einen “bettelnden Christus“ (als Figur) innerhalb ihres Themas “Ratten und Geier, lasst ab von meinem Kostüm“ mitzuführen. Um dieses Verbot lächerlich zu machen und gleichzeitig die katholische Kirche zu kritisieren, die eine richterliche Verfügung eingeholt hatte, um die “Christus-Parade“ zu verhindern, umwickelte Joãozinho die schon fertige Statue mit schwarzem Plastik und band ihr ein Spruchband um, auf dem zu lesen stand “Mesmo proibido, olhai por nós“ (Trotz Verbot, sieh uns an). Seine Schule landete auf dem Zweiten Platz – Champion wurde die “Imperatriz Leopoldinense“ – aber der Karnevalist legte eine historische Parade hin, die bis zum heutigen Tag als eine der emotionsgeladensten aller Zeiten gilt.
Er war 17 Jahre bei der “Beija Flor de Nilópolis“ und 7 Jahre bei der “Viradouro“ – aber im Jahr 2000 wechselte er zur “Grande Rio“. Im Jahr 2004 entliess ihn diese Sambaschule wenige Stunden vor der offiziellen Punkteauszählung unter Angabe ihrer Unzufriedenheit mit seinem Thema “Vamos Vestir a Camisinha, Meu Amor… “ (Lass uns das Verhüterli benutzen, mein Liebling). Nach Aussage der Verantwortlichen wollte die Schule eine Parade zur allgemeinen Bewusstwerdung der sexuell übertragbaren Krankheiten gestalten.
Allerdings war ihnen dann das Konzept des Karnevalisten zu sexualisiert – mit allegorischen Wagen, die Bildfolgen aus der “Kama Sutra“ präsentierten, mit den verschiedenen Beischlafpositionen. Zwei Wagen mit Sex-Szenen wurden zugedeckt auf Antrag der “Promotoria de Infância e Juventude“ (Staatsanwaltschaft für Kinder und Jugendliche) aus Duque de Caxias, einer Vorstadt von Rio. Die Schule landete auf dem 10. Platz.
Joãosinho Trinta kehrte 2006 dem Karneval den Rücken, nachdem er zwei Gehirnschläge erlitten hatte und danach einfach weiter arbeitete – der erste 1997 und der zweite 2004. Als ein Inbegriff für Unterhaltung und Feste stellte er den willkommenen Stoff für Dokumentarfilme, Bücher und natürlich auch für Samba-Themen dar. Im Film “A raça síntese de Joãsinho Trinta“ , erschienen im Jahr 2009, untersuchen die Autoren die Entwicklung eines Karnevalsthemas für eine der zahlreichen Sambaschulen, für die er einst tätig war.
In Rio war er Karnevalist bei “Beija Flor de Nilópolis“, „Viradouro“, „Rocinha“, „Grande Rio“ und „Vila Isabel“, wo er seine letzte Parade koordiniert hat. Zuletzt befand sich Trinta in Maranhão, wo er an Projekten des Kultur-Sekretariats tätig war, um dort die 400-Jahrfeier von São Luis im Jahr 2012 vorzubereiten. Er plante eine Parade von 5.000 Personen, mit jenem üppigen Luxus, der ihn berühmt gemacht hat, um den historischen Werdegang der Stadt zu erzählen.
Seine Freunde und Fans trauerten an diesem Samstag um ihren Freund und ihr Idol Joãosinho Trinta und hoben seine Bedeutung in der Geschichte des brasilianischen Karnevals hervor. In einer offiziellen Note hob die Präsidentin Dilma Rousseff hervor: “Der Karneval wird traurig werden ohne die Freude und das Talent des Joãosinho Trinta“.
Nachrufe
Präsidentin Dilma Rousseff: “In diesem Moment der Trauer möchte ich allen Angehörigen, Freunden und der Legion der Bewunderer des Joãosinho Trinta meine Anteilnahme aussprechen. Der Karneval Brasiliens wird trauriger werden ohne die Freude und das Talent von Joãosinho Trinta. Der bildende Künstler entzückte mehr als vierzig Jahre lang uns alle mit der Kreativität seiner Produktionen, der Intelligenz seiner Karnevalsthemen und der Gewagtheit seiner Paraden der Sambaschulen in Rio de Janeiro. Dies ist ein grosser Verlust. Joãosinho Trinta hat aus dem brasilianischen Karneval eins der schönsten Feste der Welt gemacht“.
Paulo Barros, Karnevalist der “Unidos da Tijuca“: “João war stets eine Referenz, er stand für die Veränderung eines Konzepts hinsichtlich des Karnevals. Er veränderte die Paraden, die Allegorie, die Kostüme – er veränderte alles. Was João in den 70er Jahren predigte, und weswegen ihn die andern mit Steinen bewarfen, wird heute von allen Leuten hoch geschätzt und als schön empfunden“.
Neguinho von der “Beija Flor“: “Er ist eine Persönlichkeit, die man nicht vergisst – für die Musik und für die Welt des Samba“.
Ana de Hollanda, Kulturministerin: “Der Tod von Joãosinho Trinta ist ein enormer Verlust für unsere Kultur, in allem, was sie lebendig und populär erhält, in bester brasilianischer Tradition. Joãosinho portraitierte unsere Historie, Mythen und Makel in seinen Karnevalsparaden mittels ungewöhnlicher und gewagter Elemente. Dieser “Maranhense“ (Bürger aus Maranhão), der heute ganz Brasilien in Trauer zurücklässt, hinterlässt in unserer Erinnerung anthologische Momente aus mehr als fünf Jahrzehnten seiner Aktionen. Hiermit umarme ich solidarisch seine Familie, seine Freunde und die gesamte karnevalistische Anhängerschaft“.
Nilo Mendes Figueiredo, Präsident der “Portela“: “Wenn der Karneval heute die grösste Show on Earth ist, dann verdankt er ihm sehr viel“.
Alexandre Louzada, Karnevalist der “Mocidade Independente de Padre Miguel” und der “Vai-Vai”: “Er ist für uns alle ein Symbol. Er ist ein Synonym des Karnevals. Sämtliche Projektion, die ein Karnevalist heute besitzt, und die der Karneval heute besitzt, stammt von Joãosinho Trinta. Er verdient den Applaus aller Sambaschulen, er verdient alle Ehrungen“.