Peking, 16. August 2008
Gestern hatte ich es noch angesprochen, die bisherige Medaillenausbeute der brasilianischen Delegation war bislang äusserst mager. Doch nun hat Brasilien mit der ersten Goldmedaille einen gehörigen Sprung in der Länderwertung gemacht. Verursacht hat es Cesar Cielo Filho, der über 50m Freistil neuen olympischen Rekord schwamm und erstmalig Gold für brasilianische Schwimmer in der Geschichte der olympischen Spiele holte.
Was gestern die Frauen im Fussball und Beachvolleyball vorlegten, das machten die Männer heute nach. Ronaldinho & Co. auf dem Rasen sowie die beiden brasilianischen Duos im Sand konnten ihre Gegner bezwingen und sind damit weiterhin auf Goldkurs.
Mehr zur Goldmedaille im Schwimmen und den Medaillenhoffnungen im Beachvolleyball und Fussball am Ende der Reportage, zuerst jedoch Meldungen und Ergebnisse anderer Sportarten mit brasilianischer Beteiligung im Überblick.
Beginnen wir heute mit der Leichtathletik. Bei der Entscheidung über die 100m der Männer am späten Abend waren, wie bereits gestern berichtet, keine brasilianischen Sprinter mit dabei, trotzdem wollen wir hier die Goldmedaille für Usain Bilt aus Jamaika erwähnen, der mit 9,68 Sekunden neuen Weltrekord lief. Der Abstand war dermassen gross, dass er am Ende gar nicht mehr voll durchlaufen musste, sondern scheinbar schon 20m vor dem Ziel die Arme nach links und rechts ausstreckte. Eine wahre Demonstration von Schnelligkeit.
Aber nun wirklich zu brasilianischen Athleten. Das beste Ergebnis des Tages erzielte Fabiana Murer, die mit 4,50m locker das Finale im Stabhochsprung erreichte. Ausgeschieden ist dagegen Mauro Vinícius Hilário im Weitsprung, der in der Qualifikation mit 7,75m nur Rang 26 belegte. Ebenfalls in den Vorläufen gescheitert sind Lucimar Moura über 100m mit 11,67 Sekunden als 37. und Maria Laura Almirão über 400m mit 53,26 Sekunden mit Rang 38 in der Gesamtwertung.
Siebenkämpferin Lucimara Silva konnte sich am zweiten Tag in der Gesamtwertung nicht mehr verbessern und landete am Ende mit 6076 Punkten auf Rang 18. In den letzten drei Prüfungen sprang sie 6,18m weit, den Speer warf sie 40,34m und die 800m absolvierte sie in 2:16,20 Minuten. Stolz kann sie jedoch trotzdem nach Hause fahren. Denn Lucimara erzielte in den zwei Tagen im Vogelnest von Peking nicht nur eine neue persönliche Bestleistung sondern erkämpfte auch gleich einen neuen süd-amerikanischen Rekord. Die alte Bestmarke wurde mit 6.017 Punkten bereits vor einem Vierteljahrhundert von Conceição Jeremias bei den pan-amerikanischen Spielen in Caracas in Venezuela im Jahr 1983 aufgestellt.
Bei den Gehern über 20 Kilometer erzielte José Alessandro Baggio mit 1:21,43 Stunden und dem 14. Platz das beste olympische Ergebnis für einen brasilianischen Athleten in dieser Disziplin. Nach 16 Kilometern hat er nach eigenen Angaben seine bewährte Taktik angewendet und einen Zwischensprint eingelegt, den ihn auf den endgültigen Platz bei Zieleinlauf katapultierte.
Im Halbfinale über 400m Hürden der Männer landete Mahau Suguimati mit 50,16 Sekunden auf dem 15. Platz und verpasste deutlich den Einzug ins Finale, für den er gute 1,5 Sekunden hätte schneller laufen müssen.
Im olympischen Boxring kämpften heute zwei brasilianische Boxer um den Verbleib im olympischen Turnier. Im Fliegengewicht (bis 51 Kilogramm) schied Robenilson Viera jedoch gegen Anvar Yunusov aus Tadschikistan mit 6:12 Punkten bereits in der Runde der letzten 16 aus. Im Halbfliegengewicht (bis 48 Kilogramm) konnte sich Paulo Carvalho mit 21:12 gegen Manyo Plange aus Ghana durchsetzen und trifft in der Runde der letzten 8 am Dienstag auf Yampier Hernadez aus Kuba.
Am zweiten Wettkampftag beim Sportschiessen über 25m mit der Pistole verpasste Julio Almeida mit 568 Ringen nach dem zweiten Durchgang und dem 11. Platz in der Gesamtwertung den Einzug ins Finale. Dafür hätte er mindestens 579 Ringe benötigt.
Die brasilianische Rudermannschaft hat ihre Teilnahme am heutigen Samstag bei den olympischen Spielen in Peking abgeschlossen. Luciana Granato und Camila de Carvalho sowie Thiago Almeida und Thiago Gomes nahmen jeweils im Skiff Zweier (Leichtgewicht) am Finale C teil, welches die Plätze 13 bis 18 im olympischen Wettbewerb bestimmt. Luciana und Camila belegen im Endergebnis nun Rang 15, die beiden Thiago’s müssen sich mit Rang 17 zufrieden geben.
Die Zwischenstände beim Segeln: Sechs Boote mit brasilianischer Beteiligung waren heute mit mehr oder weniger Erfolg auf dem Wasser. In der Laser-Klasse stand die 5. Regatta auf dem Programm, welche Bruno Fontes als 12. abschloss. In der Gesamtwertung liegt er nach der Hälfte der Rennen auf Rang 21.
Kaum verbessern konnten sich Robert Scheidt und Bruno Prada in der Star-Klasse. Die dritte von 10 Regatten beendeten sie als Sechste und liegen derzeit in der Gesamtwertung weiterhin auf Rang 11. In der RS:X-Klasse gibt es nichts Neues zu berichten, alle Wettbewerbe wurden auf Morgen verschoben. Und in der 49-Klasse gab es heute nur die 12. Regatta, die dann auch die letzte vor dem Rennen um die Goldmedaille sein sollte. Rennen 13 bis 15 wurden ersatzlos gestrichen. Das brasilianische Duo Rodrigo Duarte und André Fonseca liegen in der Gesamtwertung auf Rang 8 und sind daher beim Kampf um die Medaillen noch beteiligt.
Bleibt die 470-Klasse, bei der tatsächlich olympisches Edelmetall für die brasilianischen Teilnehmer herausspringen könnte. Zumindest Fernanda Oliveira und Isabel Swan haben die 10 Regatten mit Platz 3 in der Gesamtwertung abgeschlossen und hoffen nun natürlich auch auf ein Ergebnis unter den ersten drei im Rennen um Gold am Montag. Ihre männlichen Kollegen Fábio Pillar und Samuel Albreicht haben es mit Rang 17 in der Gesamtwertung nach den 10 Rennen jedoch nicht ins Finale geschafft.
Zum Ballsport: In der Vorrunde des Handballwettbewerbs der Männer besiegte Brasilien Gastgeber China mit 29:22. Vor dem letzten Gruppenspiel gegen Spanien am Montag liegt die Seleção jedoch nach drei Niederlagen und einem Sieg weiterhin auf Rang 5.
Ganz anders bei den Volleyballern. Hier setzte sich die Seleção klar in drei Sätzen gegen Polen durch. Mit 30:28 und 33 Minuten Spielzeit war jedoch der erste Satz besonders spannend, danach hatte die polnische Mannschaft Mühe mitzuhalten. Die beiden weiteren Sätze gingen daher mit 25:19 und 25:19 in jeweils 24 Minuten an Brasilien. Die Mannschaft liegt vor dem abschliessenden Gruppenspiel gegen Deutschland mit 3 Siegen und 1 Niederlage auf Rang 2 der Tabelle.
Erfolg auch bei den Beachvolleyballern. Beide brasilianische Duos haben den Einzug in die Runde der letzten Acht geschafft. Márcio Araújo und Fábio Luiz besiegten die Japaner Asahi und Shiratori bereits am Morgen klar mit 23:21 und 21:15. Nicht ganz so einfach hatten es Ricardo und Emanuel, die am Abend gegen die Russen Barsuk und Kolodinskiy über drei Sätze gehen mussten und dabei am Ende des zweiten Satzes ganze 4 Matchbälle abwehrten. Am Ende jedoch mussten sich die Russen mit 21:18, 23:25 und 12:15 geschlagen geben.
Márcio und Fábio treffen nun auf das österreichische Duo Gosch und Horst, Ricardo und Emanuel spielen gegen Gibb und Rosenthal aus den USA um den Einzug ins Halbfinale. Sollten beide Spiele jeweils durch die Brasilianer entschieden werden, treffen diese dann leider bereits im Halbfinale aufeinander.
Und wo wir nun einmal schon bei der runden Kugel sind, blicken wir doch auf das olympische Fussballturnier. Die positive Nachricht lautet: die brasilianischen Männer stehen im Halbfinale und haben zumindest die Teilnahme am Spiel um Bronze in der Tasche. Mehr vermag man nach dem über weite Strecken schlechten Spiel der Seleção gegen Kamerun gar nicht mehr hoffen. In der Verlängerung konnte Brasilien zwar die Mannschaft aus Afrika mit 2:0 (0:0, 0:0) bezwingen, was jedoch mehr auf den konditionellen Vorteil als auf spielerische Überlegenheit zurück zu führen ist. Denn Kamerun, ab der 50. Minute mit einem Spieler weniger auf dem Platz stand sicher in der Abwehr und brauchte den fast nicht vorhandenen Angriff der Brasilianer kaum zu fürchten. Erst in der 60. Minute schaffte es die Seleçao, mal auf das gegnerische Tor zu schiessen.
Die zahlenmässige Überlegenheit auf dem Platz konnte die Mannschaft unter Trainer Carlos Dunga genauso wenig nutzen wie die Präsenz von Ronaldinho, Diego und Rafinha. Das 0:0 zur Halbzeit sowie nach Ablauf der regulären Spielzeit war aus Sicht Kameruns mehr als verdient. Doch all dies ist nun Statistik. Brasilien hat gewonnen, und an das Spiel wird man sich bald schon nicht mehr erinnern. Die Tore schossen Rafael Sobis in der 101. und Marcelo in der 105. Minute.
Die Seleção trifft nun auf den Erzrivalen Argentinien, der die Mannschaft aus den Niederlanden mit 2:1 (1:1,1:1) ebenfalls in der Verlängerung bezwang. In den weiteren Viertelfinalen schlug Belgien überraschend Italien mit 3:2 (2:1), wobei Italien durch zwei Elfmeter zu seinen Toren kam. Zudem setzte sich Nigeria klar mit 2:0 (1:0) gegen die Elfenbeinküste durch. Die Halbfinale finden am kommenden Dienstag statt.
Und nun wie versprochen zum Schwimmen und damit zur ersten Goldmedaille für Brasilien bei den diesjährigen olympischen Spielen. Am Samstagmorgen Ortzeit hat Cesar Cielo Filho die Durststrecke endlich überwunden und über 50m Freistil souverän die erste Goldmedaille für Brasilien gewonnen. Mit der Endzeit von 21,30 Sekunden verbesserte er dabei sogar seine bisherige Bestzeit im olympischen Schwimmwettbewerb um 4/100 Sekunden und schwamm den dritten olympischen Rekord in Folge. Für Cielo ist es die zweite Medaille bei den diesjährigen Spielen. Er konnte bereits über 100m Freistil Bronze gewinnen.
Cielo war im Halbfinale mit 21,34 Sekunden nach seiner Bestzeit im Vorlauf erneut olympischen Rekord geschwommen und hatte den Weltrekord nur um 6/100 Sekunden verpasst. Im Finale fehlten nun gerade einmal 2/100 Sekunden. Silber ging an den Franzosen Amaury Leveaux, der das Becken im Wasserwürfel von Peking in 21,45 Sekunden durchquerte. Die Bronzemedaille sicherte sich mit 21,49 Sekunden Alain Bernard ebenfalls aus Frankreich. Weltrekordhalter Eamon Sullivan aus Australien kam mit 21,65 Sekunden als 6. ins Ziel.
Und diese Goldmedaille wird in Brasilien euphorisch bejubelt. Denn bis zum heutigen Sieg von Cesar Cielo Filho hatte noch nie ein brasilianischer Schwimmer bei Olympia ganz oben auf dem Treppchen gestanden. Und zudem hat bis heute noch nie eine Brasilianerin überhaupt einen Podiumsplatz erschwimmen können. Mit dem erstmaligen Gold, drei Silbermedaillen und 7 Bronzemedaillen kommt Brasilien nun auf insgesamt 11 Medaillen bei den olympischen Schwimmwettbewerben in den letzten 68 Jahren. Das sind aber immer noch 2 weniger, als die lebende Legende Michael Phelps bislang bei zwei Olympiaden erschwamm. Gefühllos, wer da keine Gänsehaut bekommt. Bei der diesjährigen Olympiade verbesserte sich Brasilien jetzt durch den Goldgewinn auf den 27. Platz in der Länderwertung mit 1 Goldmedaille und 4 Bronzemedaillen – und hoffen wir, dass noch einige Medaillen hinzukommen.
Dietmar Lang für BrasilienPortal
Foto Divulgação COB