Peking, 17. August 2008
Es sollte ein grandioser Sonntag für die brasilianische Delegation bei der Olympiade in Peking werden, doch von Entscheidung zu Entscheidung sah man immer mehr bedrückte und niedergeschlagene Athleten. Einige Hoffnungen haben sich heute abermals nicht erfüllt, nur wenige positive Meldungen retten das zweite Wochenende vor einem sportlichen Debakel. Die dramatischste Szene gab es beim Kunstturnen.
Diego Hypolito, einer der Favoriten auf den Olympiasieg, verpatzte den allerletzten Sprung seiner bis dahin fehlerfreien Kür und begrub damit alle seine Medaillenchancen. Und auch die brasilianischen Mädchen konnten sich kein Edelmetall erturnen. Weiter auf Goldkurs sind die Volleyballerinnen sowie Talita und Renata im Beachvolleyball. Larissa und Ana Paula jedoch müssen ihre Koffer packen.
Mehr zum Kunstturnen am Ende der Sendung, zuerst jedoch Meldungen und Ergebnisse anderer Sportarten mit brasilianischer Beteiligung im Überblick.
Der olympische Wettkampftag begann schon früh am Morgen mit dem Marathon der Frauen. Die einzige brasilianische Teilnehmerin Marily dos Santos erreichte dabei mit 2:38,10 Stunden jedoch nur Rang 51. Überragende Siegerin wurde Constantina Tomescu aus Rumänien mit 2:26,44 Stunden vor Catherine Ndereba aus Kenia und Chunxiu Zhou aus China.
Keinesfalls überzeugen konnte Maila Machado über 100m Hürden der Frauen. Mit 13,45 Sekunden wurde die 27-jährige am Ende 33. und schied schon nach den Vorläufen aus. Ihren Zenit scheint sie mittlerweile kräftig überschritten zu haben, denn seit einigen Jahren verschlechtern sich ihre Zeiten zunehmend. 2004 in Belém war sie mit 12,90 Sekunden noch in der Weltspitze mitgelaufen. Heute hätte dieses Ergebnis Platz 10 bedeutet.
Ebenfalls bereits im Vorlauf gescheitert ist Lucimar Teodoro mit 57,68 Sekunden über 400m Hürden. Sie belegte am Ende in der Gesamtwertung lediglich Rang 22. In Belém 2004 lief sie diese in 56,34 Sekunden, was in Peking heute zumindest noch die Qualifikation für das Halbfinale bedeutet hätte.
Im Hochsprung der Männer hat Jessé Farias de Lima mit 2,29m im ersten Versuch ohne Probleme das Finale erreicht. Zuvor hatte er 2,15m, 2,20m und 2,25 ebenfalls ohne Probleme übersprungen. Den ersten Sprung über 2,10 liess er aus. Jessé liegt damit derzeit auf Rang 1 der Gesamtwertung zusammen mit den Tschechen Jaroslav Baba und Tomas Janku sowie dem Engländer Germaine Mason. Kein Athlet musste sich im Vorkampf an der für eine automatische Qualifikation notwendigen Höhe von 2,32m versuchen. Das Finale findet am Dienstagabend Ortszeit statt.
Im Freistilringen der Frauen bis 72 Kilogramm hat Rosângela Conceição ihren Medaillentraum nicht verwirklichen können. Im Achtelfinale gewann sie zwar noch gegen Olga Zhanibekova aus Kasachstan mit 7:1 nach Punkten, musste sich jedoch in der Runde der letzten 8 der 5-fachen Weltmeisterin und Bronzemedaillengewinnerin von Athen, Kyoko Hamagushi, mit 0:2 geschlagen geben.
Mit einer 22:25 Niederlage gegen Schweden sind die brasilianischen Handballerinnen bereits nach der Vorrunde ausgeschieden. Nach drei Niederlagen, einem Unentschieden und einem Sieg beendeten sie ihre Gruppenspiele auf Rang 5 und das olympische Turnier in der Gesamtwertung auf Rang 9.
Im Basketball der Frauen gewannen die Brasilianerinnen ihr letztes Vorrundenspiel gegen Weissrussland mit 68:53. Leider ändert der heutige Erfolg nichts am Tabellenstand der Seleção, die nach fünf verlorenen Matches weiterhin den letzten Platz belegt und damit frühzeitig aus dem Turnier ausschieden ist.
Voll auf Medaillenkurs sind jedoch noch die Volleyballerinnen. In einer Demonstration der Stärke besiegten sie die bislang ebenfall ungeschlagene Mannschaft Italiens mit 25:16, 25:22 und 25:17. Die Vorrunde schliessen sie damit ohne Satzverlust als Tabellenerste ab und treffen nun im Viertelfinale auf Japan.
Von den brasilianischen Beach-Volleyballerinnen konnte sich jedoch nur ein Duo ins Halbfinale vorkämpfen. Talita und Renata schlugen die Australierinnen Barnet und Cook mit 24:22 und 21:14. Larissa und Ana Paula mussten sich jedoch den US-Superstars und Medaillenanwärterinnen Kerry Walsh und Misti May-Treanor mit 18:21 und 15:21 geschlagen geben. Während das erste Halbfinale eine komplett chinesische Angelegenheit ist, treffen Talita und Renata am Dienstag nun auf die US-Girls und haben damit für ihren Finaleinzug eine schwere Hürde zu nehmen. Walsh und May-Treanor sind zum einen ohne Satzverlust bis ins Halbfinale vorgedrungen und zudem amitierende Olympiasieger und dreifache Weltmeister.
Zum Reitsport und damit zum zweiten Wettkampftag im Springreiten. Rodrigo Pessoa auf „Rufus“ machte seinen für seine Begriffe schlechten Start von gestern wieder wett und begeisterte mit einem fehlerfreien Ritt innerhalb der vorgeschriebenen Zeit von 90 Sekunden. Er verbesserte sich damit vor der morgigen dritten Qualifikationsrunde vom 14. auf den 3. Rang.
Ausgeschieden ist jedoch Pedro Veniss auf „Um blanc de blancs“, der an einem Hindernis scheiterte und stürzte. Zuvor hatte er im Verlauf des heutigen Springens schon 8 Strafpunkte erhalten. Die 1. Qualifikationsrunde am gestrigen Samstag hatte er fehlerfrei absolviert. Die weiteren Brasilianer im Feld konnten sich keine vorderen Plätze erkämpfen. Bernardo Alves auf „Chupa Chup“ liegt mit 12 Strafpunkten auf Rang 30, Camila Benedicto auf „Bonito Z“ kommt auf 18 Strafpunkte und Rang 40. In der Mannschaftswertung liegt Brasilien derzeit auf Rang 10.
Ins olympische Segelrevier. Der Doppel-Olympiasieger in der Laser-Klasse Robert Scheidt kann in der Star-Klasse nur bedingt an frühere Erfolge anknüpfen. Auch wenn es in der heutigen 4. Regatta mit seinem Teamkollegen Bruno Prada besser lief und sie als Erste ins Ziel kamen, in der Gesamtwertung liegen sie weiterhin mit deutlichem Rückstand auf Rang 7. Doch noch gibt es 6 Regatten, bei denen das Duo die Chance hat, die schlechten Ergebnisse der ersten drei Rennen zu egalisieren.
Fern jeglicher Medaillenchancen ist weiterhin Bruno Fontes in der Laser-Klasse. Nach 6 von 10 Regatten liegt er abgeschlagen auf Rang 22. Bislang unbestätigt sind die Ergebnisse im Finallauf in der 49er-Klasse. Andre Fonseca und Rodrigo Duarte überquerten die Ziellinie als 16. und liegen im inoffiziellen Endergebnis auf Rang 7. Gold gehr derzeit an Schweden vor Spanien und Deutschland. Allerdings herrschten widrigste Bedingungen mit starken Winden, so dass einige Teams Protest einlegten. Wann das endgültige Ergebnis bekannt gegeben wird, ist derzeit nicht bekannt.
Zum Windsurfen in der RS:X-Klasse. Bei den Männern liegt Ricardo Winick Santos nach 7 von 10 Rennen mit 40 Punkten derzeit auf Rang 6. Bei den Frauen schaffte es Patricia Freitas nach ebenfalls 7 von 10 Rennen jedoch nicht über einen derzeitigen 18. Platz in der Gesamtwertung hinaus.
Und zum Abschluss zum Kunstturnen, wo mit Diego Hypolito, Jade Barbosa und Daiane dos Santos gleich drei brasilianische Athleten im olympischen Finale standen und um Gold, Silber und Bronze kämpften.
Ich habe es am Anfang erwähnt, die grösste brasilianische Medaillenhoffnung in der artistischen Gymnastik am Boden, Diego Hypolito patzte beim Abschluss seiner Kür und kam nach dem letzten Sprung nicht in den Stand sondern kippte nach hinten um. Damit war ein massiver Punktabzug verbunden, der den Sieger der pan-amerikanischen Spiele vom vergangenen Jahr mit 15,200 Punkten am Ende auf Rang 6 landen liess. Zuvor war seine Darbietung fehlerfrei, so dass er bei einem geglückten Finish mit Sicherheit in den Medaillenrängen gelandet wäre. Ob es jedoch zu Gold gereicht hätte, welches sich der Chinese Kai Zou mit 16,050 Punkten erturnte, ist zweifelhaft. Am Ende standen noch der Spanier Gervasio Deferr mit 15,775 Punkten und Anton Golosutskov aus Russland mit 15,725 Punkten auf dem Treppchen.
Bei den Frauen, bzw. Mädchen bestritten Jade Barbosa das Finale im Sprung über den Tisch und Daiane dos Santos am Boden. Jade Barbosa blieb bei beiden Sprüngen allerdings unter ihren Möglichkeiten und landete am Ende mit 14,487 Punkten auf Rang 7. Daiane dos Santos schien leicht übermotiviert und lieferte dadurch ebenfalls eine – im Detail betracht – inoptimale Vorstellung ab, in dem sie zwei Mal grosse Ausfallschritte machen musste und dabei die Turnzone verliess. Dies wird mit Punktabzug bestraft und so kam die Brasilianerin mit 14,975 Punkten am Ende nur auf Rang 6. Trotz der leeren Medaillenausbeute haben sich die brasilianischen Turner durch fünf Finalteilnahmen im Einzel und in der Equipe jedoch nun endgültig in der Weltspitze etabliert. Nie waren sie bei Olympia so erfolgreich wie bei den Spielen in diesem Jahr.
Somit bleibt es bei der bisherigen Medaillenausbeute von 1 Gold- und 4 Bronzemedaillen. In der Länderwertung liegt Brasilien vor der abschliessenden Wettkampfwoche auf Rang 35.
Dietmar Lang für BrasilienPortal
Fotos Divulgação COB