Mit soviel Zuspruch, Anfeuerungsrufen und Applaus haben Popole Misenga und Yolande Bukasa nicht gerechnet. Sie sind bei der Olympiade im Flüchtlingsteam beim Judo angetreten. Einen Platz im Finale haben sie nicht erreicht, dafür aber in den Herzen der Brasilianer, die sie gebührend gefeiert haben.
Tosenden Applaus hat das Flüchtlingsteam bereits bei der Eröffnungsfeier im Maracanã-Stadion erhalten. Als Popole dann zum Wettkampf in der Kategorie bis 90 Kg angetreten ist, war es nicht anders. Lautstark wurde er angefeuert. Das hatte er nicht erwartet, sagt der Judoka später.
Sein erster Partner war der Inder Avtar Singh. Mit seinen Sieg über ihn hat er das Stadion zum Vibrieren gebracht. Gegen den aktuellen Weltmeister in seiner Kategorie, den Südkoreaner Donghan Gwak, hatte er es dann allerdings schwer. Sein Bestes hat er trotzdem gegeben und beinahe hat es so ausgesehen als würde Popole Misenga es tatsächlich schaffen, Donghan Gwak zu besiegen.
Nach vier Minuten und einer Sekunde und damit in der letzten Minute des Kampfes, sind dem Inder Punkte gelungen und kam das Aus für Popole. Stolz verkündet er, er werde wiederkommen, an einer anderen Olympiade teilnehmen und dann wolle er noch einmal gegen Donghan Gwak antreten und diesen besiegen.
Yolande erging es ähnlich wie Popole. Auch sie zeigte sich erstaunt über das herzliche Klima ihr gegenüber im Stadion. Die Zuschauer riefen ihren Namen, feuerten sie an. Sie habe sich wie zu Hause gefühlt, sagt Yolande.
Auch wenn sie gleich ihren ersten Kampf gegen die Israelin Linda Bolder in der Klasse bis 70 Kg verloren hat, ist sie vom Publium dennoch mit tosenden Applaus bedacht worden. Hoch erhobenen Kopfes, glücklich über ihre Teilnahme an der Olympiade und die positive Resonanz unter dem Publikum hat auch sie verkündet, dass sie weitermachen wird.
Schon jetzt haben die zwei aber ein Zeichen für Millionen von Flüchtlingen gesetzt, dass ein Neuanfang immer möglich ist und sich Träume verwirklichen lassen.
Sowohl Popole als auch Yolande stammen aus der Demokratischen Republik des Kongos. Der Krieg und die Bombadierung ihres Heimatdorfes in der Ostregion des Landes hat sie zu Flüchtlingen gemacht. Yolande war damals noch ein Kind. Erst zehn Jahre war sie alt, als sie alleine ohne Eltern oder Verwandten in Kinshasa in einem Kinderzentrum Zuflucht gefunden hat. Dort hat sie mit Judo angefangen und später an internationalen Wettbewerben teilgenommen.
Seit 2013 leben Yolande und Popole in Brasilien, dem Jahr, in dem sie in dem südamerikanischen Land an den Judo-Weltmeisterschaften teilgenommen haben. Ihr Trainer hatte sie damals im Hotel eingesperrt und sich aus dem Staub gemacht. Ohne Pass und ohne Geld hatten sie keine allzu großen Wahlmöglichkeiten.
In Brasilien standen sie zunächst ebenso vor etlichen Schwierigkeiten. Ein ausgeprägtes Hilfssystem für Flüchtlinge seitens des Staates gibt es in dem südamerikanischen Land nicht. Mit Gelegenheitsjobs, harter Arbeit und auch der Hilfe von anderen haben sie sich über Wasser gehalten und in zwei der vielen Favelos Rio de Janeiro Unterschlupf gefunden.
Popole und Yolande sind kein Paar. Verbunden sind sie miteinander durch ihre Lebensgeschichte und durch das Judo. Die Kampfsportart war es auch, die sie zur Olympiade gebracht hat. Zunächst haben sie 2015 ganz ohne große Wettkampfambitionen am ”Instituto Reação” wieder angefangen zu trainieren. Am gleichen Institut hat auch Rafaela Silva mit Judo angefangen, die erst vor wenigen Tagen das erste Gold der Olympiade Rio 2016 für Brasilien geholt hat.
Erst Anfang dieses Jahres wurden die zwei dann vom Internationalen Olympischen Komitee (IOC) als Integranten des ersten Flüchtlingskomitees an den Sommerspielen teilzunehmen. Wozu andere Athleten vier Jahre Zeit hatten, blieben Popole und Yolande nur wenige Monate.
Genau genommen hatten die zwei nur vier Monate, um sich auf die Olympiade vorzubereiten, wie ihr Trainer Sensei Geraldo Bernardes konstatiert. Er war ihr Trainer, Physiotherapeut und auch Psychologe und er ist für sie wie ein Vater, wie Yolande betont.
Mit Hilfe Bernardes und des Institutes ist es ebenso gelungen die zwei in einem Kurs an der Universidade Estácio de Sá einzuschreiben, mit dem sie die Chance erhalten, am Nationalexamen Enem teilzunehmen, das die Voraussetzung für ein Studium an einer Hochschule und für viele Arbeitsstellen ist.