Es ist schon eine Weile her, als Carlos Alberto Parreira nach dem Ausscheiden bei der Fussball-WM 2010 mit der südafrikanischen Gastgebermannschaft seine Trainerkarriere beendete. Er wolle nicht mehr weitermachen, sagte der Coach damals bei seinem Rücktritt, liess aber zugleich ein kleines Hintertürchen offen: “Wenn, dann werde ich nur noch Trainer in Brasilien.“ In Ordnung, zur Spitzenposition bei der Seleção reichte es nicht, doch Parreira, der am Mittwoch 70 Jahre alt wird, ist seit November zweiter starker Mann neben dem neuen Cheftrainer Felipe Scolari.
Scolari hatte seine Unterschrift unter den Trainer-Vertrag sogar davon abhängig gemacht, dass Parreira als Sportdirektor mit ins Boot geholt wird. Beiden sind zusagen ein “Weltmeister-Duo“ – Parreira führte Brasilien 1994 zum vierten WM-Titel, Scolari holte 2002 Titel Nummer fünf. Zusammen sollen das Verlangen stillen, den grossen Traum einer ganzen Nation verwirklichen und im Juli 2014 Brasilien zum sechsten Weltmeistertitel führen.
Parreira: Mit Fünf Nationalteams bei sechs WM-Turnieren
Parreira betreute schon fünf Nationalteams bei sechs Weltmeisterschaften: Kuwait (1982), die Vereinigten Arabischen Emiraten (1990), Brasilien (1994/2006), Saudi-Arabien (1998) und Südafrika (2010). Zum Teil kehrte er mehrmals als Auswahlcoach in die Länder zurück, auch Ghana führte er als Trainer-Jungspund 1967 mit 24 Jahren in die Stadien. Auf der Arbeitgeber-Liste stehen jedoch in der Mehrzahl Vereins und darunter viele namhafte. In Brasilien schwang er das Zepter unter anderen bei Fluminense, Corinthians und den FC Sao Paulo, in Spanien bei Valencia, in der Türkei beim Traditionsklub Fenerbahce und in den USA die bei den MetroStars.
Dem Kunstliebhaber eilte stets der Ruf voraus, im Vordergrund ein Theoretiker zu sein. Anders als der hitzige Scolari zeigt sich Parreira bei Pressekonferenzen oft etwas spröde, in der Spielstrategie nach Meinung der Kritiker zu defensiv und bei Spieler-Nominierungen zu zögerlich. So kam Romario bei den Qualifikationsspielen zur WM 1994 nur durch massiven öffentlichen Druck zum Einsatz und später in den WM-Kader, ehe er in den USA entscheidend zum WM-Sieg Brasiliens beitrug.
Bei Dienstantritt stellten Scolari und Parreira jedoch klar, dass der Weltmeistertrainer von 2002 die Verantwortung bei Nominierungen habe. Da scheint in brasilianischen Medien also kein Streit vorprogrammiert und unter anderem mit der Nominierung von Bayerns Dante hat er einen wahren Glücksgriff bewiesen. Auch Parreira dürfte es freuen.