Die Militärweltspiele in Rio de Janeiro sind ein erster Vorgeschmack auf die Olympiade 2016. Wenn am morgigen Samstagabend (16.) Fussball-Legende Pelé im João Havelange – Stadion im Herzen Rio de Janeiros das symbolische Feuer der V. Militärweltspiele anzündet, soll die Megastadt unter dem Zuckerhut einen ersten Hauch von Olympia erfahren. So zumindest wünschen es sich die Verantwortlichen des lokalen Organisationskomitees und des Militär-Weltsportverbandes CISM. Mit einem Feuerwerk an Rhythmen und Farben soll das Publikum für die sportlichen Wettkämpfe begeistert werden, die bis zum 24. Juni an zahlreichen Standorten im Grossraum der Millionenmetropole ausgetragen werden. Etwa 4.000 Soldatinnen und Soldaten aus 111 Ländern sind dafür in den Südosten Brasiliens gekommen und kämpfen in 15 olympischen und fünf militärischen Disziplinen um Gold, Silber und Bronze.
Die “Military World Games“, die ganz nach olympischem Vorbild alle vier Jahre ausgetragen werden, wurden erstmalig 1995 in Rom veranstaltet. Damals kämpften rund 4.000 Angehörige des Militärs aus 93 Ländern in Erinnerung an den 50 Jahre zuvor beendeten zweiten Weltkrieg um die begehrten Medaillen. Weitere “Spiele des Friedens“ wurden 1999 in Zagreb in Kroatien, 2003 im sizilianischen Catania abermals in Italien und 2007 in Hyderabad in Indien abgehalten. Im vergangenen Jahr gab es zudem die ersten Winterspiele dieser Art in Aosta in den italienischen Alpen.
Mit Rio de Janeiro griff die Dachorganisation CISM auf eine auf Grossveranstaltungen erprobte Austragungsstätte zurück, zuletzt war die “Cidade maravilhosa“ bei den panamerikanischen Spielen 2007 erfolgreicher Gastgeber gewesen. Zu dem damaligen Anlass wurde das Olympiastadion João Havelange errichtet, welches bei den jetzigen Spielen nicht nur Wettkampfstätte der Leichtathleten ist, sondern auch die Eröffnungs- und Schlusszeremonie beherbergt.
Und dafür haben rund 1.200 Kinder und Jugendliche im Alter von 12 bis 17 Jahren seit Monaten intensiv geprobt, um für die 35.000 Zuschauer im Stadion – darunter auch Brasiliens Staatspräsidentin Dilma Rousseff – sowie Millionen Fernsehzuschauer rund um den Globus die Arena in eine Welt des Meeres, der Wälder und der Spielzeugsoldaten zu verwandeln.
Der erste Teil der mehrstündigen Eröffnungsfeier wird dabei den Naturschönheiten Brasiliens und seiner mannigfaltigen Flora und Fauna gewidmet. Dabei sollen vor allem die von einem Karnevalspezialisten entworfenen Kostüme das Publikum zum Staunen bringen. Hauptattraktion, da sind sich die Organisatoren sicher, sei eine 22 Meter lange bewegliche Schlange, aber auch Fischschwärme, Delfine, Ameisenbären, Schmetterlinge und viele weitere Tiere sollen als detailversessene “Fantasias“ die Natur symbolisieren.
Anschliessend erfolgt eine Hommage an die kindliche Fantasie. Die jungen Protagonisten aus den zahlreichen öffentlichen Schulen der Stadt werden in den Farben Weiss, Grün, Gelb und Blau auftreten – getreu den Farben der brasilianischen Nationalflagge. Und natürlich darf auch das Maskottchen der Spiele nicht fehlen, der Superathlet Arion. Seine Mission ist es, die Menschen auf das grosse Ziel der Militärweltspiele einzuschwören: den Frieden zwischen den Länder durch den sportlichen Wettkampf zu fördern.
Dass Rio de Janeiro sich alle Mühe gibt, den Wettkämpfen einen zivilen Charakter zu verleihen, dürften die Zuschauer bereits bei der Eröffnungsveranstaltung bemerken. Mit Pelé wurde eine weltweit bekannte Sportlegende gewonnen, welche die Fackel die letzten Meter bis zum Anzünden des “olympischen Feuers“ trägt. Der Jahrhundertsportler sei ausgewählt worden, da er die Fussball-Nationalmannschaft der brasilianischen Streitkräfte vertrete, so die Begründung der Organisatoren. Denn dort habe er zu Beginn seiner Karriere ebenfalls gespielt.
Musikalisch umrahmt wird der Einzug der Athleten mit ihren jeweiligen Nationalflaggen durch bekannte Musikgrössen Brasiliens. So hat nicht nur die populäre Gruppe Paralamas do Sucesso ihr Kommen angekündigt, auch die nationalen Sambastars Alcione, Dudu Nobre, Jorge Aragão und Diogo Nogueira sollen das Publikum während der rund fünf Stunden unterhalten. Über eine in der Nähe der Bühne errichtete 200 Quadratmeter grosse Leinwand können die Zuschauer dabei alle Einzelheiten der Show mitverfolgen.
Auch Deutschland und die Schweiz sind durch Sportler bei den Spielen vertreten. In 18 Modalitäten von Leichtathletik über Mannschaftssportarten wie Fussball und Volleyball sowie zahlreichen Kampfsportarten wie Boxen, Judo und Taekwondo wetteifern Zeit- und Berufssoldaten um einen Platz auf dem Treppchen. Die Angehörigen der Sportfördergruppen wollen sich jedoch auch in militärischen Wettkämpfen wie dem Fallschirmspringen oder dem militärischen Fünfkampf mit Soldaten aus anderen Ländern messen. Vom Mannschaftsdienstgrad bis zum hochrangigen Offizier – in allen Ebenen der Bundeswehr wurde sich in den vergangenen Monaten intensiv auf die Militärweltspiele vorbereitet.
Untergebracht sind Sportler und Betreuer recht komfortabel in drei eigens dafür errichteten “Vilas Militares“. Insgesamt stehen in 106 mehrstöckigen Häusern 1.206 Apartments mit jeweils drei Schlafräumen und etwa 100 Quadratmeter Grundfläche zur Verfügung. In die abgeschotteten Anlagen, die unter anderem über Restaurants, Fitness- und Besprechungsräume verfügen, wurden umgerechnet rund 180 Millionen Euro investiert und sie erstrahlen erst seit wenigen Tagen in ihren drei Farben Grün, Blau und Weiss.
Und die Einwohner Rio de Janeiros? Sie freuen sich schon auf die zahlreichen Wettkämpfe, für viele Veranstaltungen gibt es schon seit Wochen keinerlei Karten mehr. Diese wohlgemerkt wurden kostenlos ausgegeben und konnten bequem über das Internet bestellt werden. Denn berühmte Sportler findet man unter den Angehörigen der Streitkräfte eher seltener. Trotzdem werden die “Caricocas“ – wie sich die Einwohner der Metropole in der Guanabara-Bucht selbst nennen – die Athleten anzufeuern wissen. Sei es beim Beach-Volleyball an der Copacabana oder beim 100m-Lauf in der Leichtathletikarena. Dies hat dann tatsächlich einen kleinen Hauch von Olympia. Denn dort im “Estádio Olímpico João Havelange“ findet dann in fünf Jahren der ganz grosse Showdown statt – bei der Olympiade 2016 in Rio de Janeiro.