Eidechsen Brasiliens

Zuletzt bearbeitet: 5. Mai 2021

Der Lebensraum der Eidechsen

Sie sind in den meisten Lebensräumen unseres Planeten verbreitet, mit Ausnahme der kälteren Polarregionen und dem offenen Meer. Einige Arten, wie der Dracaena guianensis (Rotkopf-Teju) und der Crocodilurus amazonicus (Krokodil-Teju), die am Ufer des Rio Amazonas/Solimões und seinen Nebenflüssen leben, sind stets mit dem Wasser verbunden. Sie haben einen seitlich abgeflachten Schwanz mit Kammschuppen, um das Schwimmen zu unterstützen, obwohl sie das Wasser nur als Zuflucht vor Beutejägern nutzen. Der Körper der Spezies Dracaena ist dem aquatischen Ambiente so gut angepasst, dass sie auf den ersten Blick Kaimanen ähneln, aber ihre Zähne sind kurz und rund, angepasst an eine Ernährung von Schnecken und Muscheln.

Halsband-Gecko – Foto: sabiá brasilinfo

Die auf Bäumen lebenden Eidechsenarten haben in der Regel gut entwickelte Krallen, aber ihre Körperform hängt davon ab, ob sie sich auf dünnen Zweigen aufhalten (schmale, längliche Körper) oder auf den Stämmen grosser Bäume (robuste, abgeflachte Körper). Eidechsen, die sich auf dem Boden bewegen, haben in der Regel zylindrische Körper und grosse Hinterbeine, aber ihre Körperform hängt von der von ihnen angewendeten Fluchtstrategie ab, um Feinden zu entgehen. Manche rennen besonders schnell weg, andere halten sich in der Nähe ihrer Refugien – Felsspalten oder Löchern im Boden – auf, und wieder andere imitieren Blätter oder Zweige, um Beutejägern zu entgehen.

Unterirdisch lebende Eidechsen haben in der Regel sehr kurze Beine, um die Fortbewegung in Tunneln unter der Erdoberfläche zu ermöglichen, und einige von ihnen, wie die Mehrheit der Amphisbeniden, haben keine externen Beine mehr. Arten der grossen Squamata-Untergruppe, im Volksmund als “Schlangen“ bekannt (die wir hier behandelt), haben keine Beine, und viele Spezialisten nehmen an, dass sie sich aus einer oder mehrerer Eidechsen-Ahnen entwickelt haben, die im Boden lebten.

Im RFAD kommen einige Eidechsenarten nur auf Baumstämmen vor, andere nur zwischen der Schicht herunter gefallener Blätter, wieder andere nutzen eine Vielfalt an terrestrischen und arborealen Habitat. Dann gibt es noch Arten, die an den Ufern von Bächen und Seen leben und ins Wasser springen, wenn sie belästigt werden. Wie das jeweilige Mikrohabitat beschaffen ist, hängt in der Hauptsache von der grösse der Eidechse ab.

Eine Decke abgefallener Blätter am Boden, die das Mikrohabitat des kleinen Chatogeckos (Coleodactylus amazonicus) darstellt, ist höchstens eine Durchgangsstation für den viel grösseren Goldteju (Tupinambis taguixin), dessen Mikrohabitat sich auf den grössten Teil der terrestrischen Elemente eines relativ grossen Areals erstrecken kann. In der Regel ist es nicht schwierig, das jeweilige Mikrohabitat zu erkennen, welches von jeder Spezies benutzt wird, und diese Information kann ebenfalls bei der Identifikation der Eidechse in freier Natur helfen.

Die Ernährung der Eidechsen

Die Mehrheit der Eidechsen ernährt sich hauptsächlich von Insekten und anderen Wirbellosen, jedoch einige fressen auch Wirbeltiere, inklusive andere Eidechsen, einige Wenige sind Pflanzenfresser. Es scheint, dass die Mehrheit der Wirbellosen von Eidechsen gefressen werden könnte, aber einige werden tatsächlich weniger verschlungen als man bei ihrer Häufigkeit annehmen würde. Wirbellose, die besonders klein sind, wie zum Beispiel Springschwänze (Collembola) oder Milben (Acarina) bilden einen signifikanten Teil der Ernährung von kleinen Eidechsen in der Blätterdecke des Bodens, aber die Milben werden seltener gefressen als man annimmt.

Der grösste Teil der Eidechsen scheint Ameisen, die in jedem Habitat am häufigsten anzutreffenden Wirbellosen, zu meiden. Im Allgemeinen gehören Ameisen jedoch zu einem bedeutenden Teil der Ernährung bei den Eidechsen der Unterfamilie Leguanartige (Tropiduridae). Der Grüne Stelzenläufer-Leguan (Plica umbra) und der Grüne Dornschwanz-Leguan (Uracentron azureum) sind spezialisiert auf Ameisen, andere Tiere stellen nur einen kleinen Teil ihrer Ernährung dar. Der Kielschwanz-Leguan (Tropidurus hispidus) und andere Leguanarten der Tropiduridae fressen ebenfalls häufig Ameisen, aber deren Ameisen-Volumen erreicht nur selten 50% ihrer Nahrungsaufnahme.

Termiten (Isoptera) sind überraschenderweise selten in der Ernährung der Eidechsen des RFAD, wenn man bedenkt, dass Termiten eine der häufigsten Insektengruppen im Regenwald darstellt. In trockeneren Gebieten bilden Termiten dagegen einen expressiven Nahrungsanteil der Eidechsen, die aktiv nach ihnen graben, wie die Mehrheit der Teiiden. Möglicherweise ist das grosse Angebot anderer Beutetiere im Regenwald der Grund, dass die Eidechsen es nicht für nötig halten, die Termiten in ihren Bauten auszugraben.

Regenwürmer wurden nur in der Nahrung von Zwerggeckos (Gonatodes humeralis) und Mopskopf-Leguan (Uranoscodon superciliosus) registriert, beide sind tagaktive Baumbewohner. Vielleicht können diese nicht heliothermen Arten jene Würmer fangen, die nach starken Regenfällen aus dem Boden kriechen, wenn jene Eidechsen, die zum Jagen von höheren Temperaturen abhängig sind, noch unbeweglich verharren. Molusken hat man in der Nahrung von Alopoglossus angulatus und Neusticurus bicarinatus registriert, die beide in unmittelbarer Nähe von Wasser leben.

Einige Eidechsen, vor allem der Grüne Leguan (Iguana iguana), der Polychrus marmoratus und andere Spezies der Familie Teiidae (Schienenechsen), fressen häufig Blüten und Früchte, aber die bilden nur einen kleinen Teil der Ernährung der Eidechsen des RFAD, mit einer möglichen Ausnahme einiger Individuen des Goldteju (Tupinambis teguixin), die grosse Mengen an Palmfrüchten vertilgen können. Der Grüne Leguan ist die einzige Spezies der RFAD, der auf Blätter spezialisiert ist. Er verfügt über Mikroorganismen im Verdauungstrakt, die in der Lage sind, Zellulose zu verdauen, die einen Grossteil von Blättern und Pflanzenstielen ausmacht.

Wirbeltiere gehören nur zur Nahrung von grösseren Spezies, mit Ausnahme von Neusticurus bicarinatus, der kleine Fische frisst. Mittelgrosse Arten, wie die Ameive (Ameiva ameiva), Kentropyx calcarata und der Mopskopf-Leguan (Uranoscodon superciliosus), fressen gelegentlich Wirbeltiere, besonders Frösche. Wirbeltiere gehören auch grösstenteils zur Ernährung des Goldteju (Tupinambis teguixin), besonders Frösche und Vogeleier, junge Kaimane und Schildkröten. Im Allgemeinen wird Aas nur von grösseren Arten, wie dem Goldteju angenommen, aber selbst der Grüne Leguan als Vegetarier, wurde schon beim Fressen von Aas beobachtet. Was für die Eidechsen zum Fressen taugt, hängt von ihrem Mikrohabitat und ihrer Grösse ab, aber sie fressen nicht alles, was sie antreffen.

Viele Arten von Beutetieren, wie Libellen und Frösche, kommen nicht in entsprechend kleinen Grössen vor, um von den kleineren Eidechsenarten gefressen zu werden. Tatsächlich sind einige grössere Spinnen sogar Beutejäger, die es auf die kleineren Eidechsen abgesehen haben. Die Art und Weise wie eine Tierart zu jagen pflegt, bestimmt den Beutetyp. Eidechsen, die vor allem mittels ihrer guten Augen jagen, müssen sich an Stellen positionieren, von denen aus sie ihre Umgebung beobachten können, denn sie fangen in erster Linie Beutetiere in Bewegung. Solche Arten nennt man Lauer-Jäger (der grösste Teil der Gruppe Iguania).

Im Gegensatz dazu stehen die Eidechsen, die in der Lage sind aufzuspüren und, das Wichtigste, Beutetiere mittels chemischer Indizien zu entdecken, wie zum Beispiel Spinnen in eingerollten Blättern und Termiten in ihren Bauten, die von Beutejägern, welche sich durch ihre Augen orientieren, nicht gefunden werden. Die Gecko-Familie bedient sich dazu eines nasalen Geruchssystems, ähnlich unserem Geruchssinn. Bei den Eidechsen der Familie Autarchoglossa (Gekkos) fängt die gespaltene Zunge Luftpartikel ein und lässt sie von einem Sinnesorgan im Innern des Mauls überprüfen, wie bei den Schlangen.

Die Mehrzahl der Spezies Autarchoglossa bewegt sich auf der Suche nach Beutetieren (aktive Futtersucher). Studien im RFAD haben gezeigt, dass Beutejäger vom Typ “hinsetzen und warten“ und vom Typ “aktiver Futtersucher“ im Regenwald keine so grossen Unterschiede in ihren Ernährungsgewohnheiten aufweisen wie etwa die Eidechsen des gleichen Typs in Wüsten und anderen Trockengebieten. Andererseits kann die Tageszeit, in der die Eidechse aktiv ist, die zur Verfügung stehenden Arten von Beutetieren beeinflussen. Zum Beispiel frisst der Mopskopf-Leguan (Typ “hinsetzen und warten“) viele Regenwürmer und Skorpione, die nur in der Dämmerung oder nach grossen Regenfällen aktiv sind, wenn andere Eidechsen nicht auf der Jagd sind.

Weil die Eidechsen derselben evolutiven Herkunft dazu tendieren, sich in vielen Eigenschaften sehr ähnlich zu sein – inklusive ihrer Grösse, der Art und Weise zu jagen und, weniger häufig, in ihrem bevorzugten Mikrohabitat – spielt die Evolutionsgeschichte eine bedeutende Rolle in der Bestimmung der Ernährung zwischen den einzelnen Eidechsenarten. Eidechsen derselben Gattung und Familie tendieren dazu, ähnliche Ernährungsgewohnheiten zu haben, weil sie dieselben von einem gemeinsamen Vorfahren geerbt haben.

Zum Beispiel scheinen alle Spezies der Unterfamilie Iguaninae jene symbiotischen Mikroorganismen und die nötigen physiologischen Anpassungen zu besitzen, um Blätter und Stängel verdauen zu können. Die Kapazität, von einer Nahrung zu überleben, die zum grössten Teil aus Ameisen besteht, scheint dagegen nur in bestimmten Gattungen, wie den Tropidurinae (Kielschwanzleguane) vererbt worden zu sein. Früher nahm man an, dass die Unterschiede zwischen den Arten die Antwort der Evolution sei, um eine Konkurrenz zu vermeiden. Jedoch zeigt die moderne Forschung, dass viele der beobachteten Ernährungsvarianten eher das Ergebnis historischer Ereignisse sind, als die Folge von Konkurrenzverhalten.

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