Die Kämpfe dauern an bis etwa gegen Mittag. Solange, bis nur noch Kämpfer von einem Stamm übrig sind, der dann den Kollektivgewinn für sich verbucht. Die Gewinner sind – keiner hat es anders erwartet – wieder die Kalapâlo: mit sechs von ihren acht Kämpfern haben sie alle Gegner geschafft – ein überragender Sieg! Auch beim grossen Finale flippt niemand aus, man sucht seine Stammesbrüder auf und hat jetzt Zeit bis zum nächsten Jahr, sich zu überlegen, wie man die Kalapâlo besiegen könnte. Jonas vertraut mir an, dass die meisten den Sieg dem Mingau des Pequi zuschreiben – „und die Kalapalo essen mehr Pequi-Früchte (Cariocar brasiliensis, Camp.) als sonst was !“
Die einzelnen Stammesverbände formieren sich wieder und marschieren dann, wie in einer grossen Prozession, quer über den Platz zum Kam’ywá – Aritâna beugt seine Stirn für einen Augenblick und berührt die Federkrone seines Vaters – es ist unglaublich still in diesem Moment, die Stille von mehr als eintausend Menschen – und sie bleiben so still, bis er allen Schmuck vom Stamm abgenommen und wieder in jenem Bastkorb mit Deckel verstaut hat. Dann ruft er die Namen der sechs Kalapâlo-Ringer und Sieger des Huka-Huka, sie legen den Kam’ywá um, auf drei Seilstücke, nehmen ihn dann an den Seilenden vorsichtig auf und tragen ihn der Prozession voran, die sich jetzt auf das Ufer des Xingu zu bewegt. Dort angekommen, lassen sie den Stamm ins Wasser gleiten – der taucht erst mal unter, kommt dann wieder hoch, treidelt langsam aus der Bucht und wird schliesslich von der Strömung erfasst – jetzt kann der Geist von Parú erlöst die Erde verlassen.
Unter dem Strohdach, das normalerweise als Versammlungsort für die Männer dient – es steht nur auf Stützen und ist von allen Seiten offen – haben die Frauen doch tatsächlich ein riesiges Buffet aufgebaut. Die Gäste haben wahrscheinlich seit sie ankamen nicht mehr richtig gegessen! Auch wir haben Hunger, halten uns aber zurück – wollen auf keinen Fall unangenehm auffallen. Das Buffet ist auf einem mit frischen Bananenblättern bedeckten, riesigen Jirau aufgebaut – sicher fünf Meter lang – und besteht aus Beiju-Fladen und unglaublichen Mengen geräuchertem Fisch. Mehrere Tonkrüge, mit Deckel und einer Trinkkalebasse davor, enthalten frisches Quellwasser. Und ich entdecke Bananen – riesige Rispen mit reifen Bananen.
Jeder bedient sich schweigend, und zwar mit einem Beiju-Fladen, auf den ein grosses Stück Fisch gelegt wird – und zieht sich dann in irgendeine Ecke des Dorfplatzes zurück, um dort in der Hocke, ruhig und gelassen, seine Mahlzeit zu vertilgen – nur ein paar kleinere Indianerkinder schnattern aufgeregt, aus einem mir nicht ersichtlichen Grund. Unsere beiden Schweizer Jungs haben sich schon selbst bedient und kauen, wie mir scheint, genüsslich. Der Fisch ist wirklich gut, und man kann sich an seinen rauchigen, fast salzlosen Geschmack leicht gewöhnen. Andreas saust nur herum und filmt, Hunger scheint der überhaupt nicht zu haben, während Evelyn und Martin sich genauso brav wie die Indianer bedienen, die gute Agnes schält sich eine Banane. Alles in allem scheint unser Versuch aufzugehen, trotz dieser bescheidenen Verpflegung machen eigentlich alle recht zufriedene Mienen.