Der Erschaffer der weltbekannten Mosaik-Treppe in Rio de Janeiro, Jorge Selarón, ist am frühen Donnerstagmorgen (10.) tot vor seinem Kunstwerk aufgefunden worden. Die Ermittlungsbeamten fanden eine völlig verkohlte Leiche vor, daneben stand eine Dose mit hochbrennbarem Farbverdünner. Die Polizei machte bislang keinen Angaben zu Todesursache oder möglichen Tatmotiven.
Der Tod an sich wirft jede Menge Frangen auf. Eine brasilianische Tageszeitung hatte erst am Vortag in einem Artikel von Drohungen berichtet, denen der 65-jährige gebürtige Chilene seit November vergangenen Jahres ausgesetzt gewesen sein soll. Dabei habe es sich um einen Streit mit einem anderen Künstler und früherem Mitarbeiter über Einnahmen aus den Verkauf von Gemälden gehandelt. Der Mann soll über seinen Bruder Verbindungen zur Drogenmafia besitzen und Selarón mehrfach gedroht haben, ihn zu erstechen.
Der extravagante Künstler mit dem markanten Backenbart wurde jedoch von Freunden zuletzt als „äusserst depressiv“ bezeichnet. Selerón sei sehr traurig gewesen und habe sich aufgrund des Disputs verraten gefühlt. Neben der Möglichkeit eines Gewaltverbrechens wird daher auch ein Suizid derzeit nicht ausgeschlossen.
Selarón, der in seinem Leben in über 50 Ländern als Maler und Bildhauer aktiv war, erlangte in den 90er Jahren internationale Berühmtheit durch die Umgestaltung der Treppe zwischen den Stadtteilen Lapoa und Santa Teresa. Nachdem er über Jahre hinweg die insgesamt 250 Stufen kontinuierlich mit mehreren tausend Mosaiksteinen verzierte, ist die „Escadaria do Convento de Santa Teresa“ heute eines der beliebtesten Postkartenmotive der Millionenmetropole. Im Jahr 2005 hatte die Stadtverwaltung das Kunstwerk zum lokalen Kulturerbe erklärt und Selerón zum Ehrenbürger ernannt.