Der brasilianische Kardinal Odilo Pedro Scherer, Erzbischof der Diözese São Paulo, geht am Dienstag als einer der Top-Kandidaten auf den Stuhl Petri in das Konklave, wenn man ihn denn so nennen kann. Nicht nur der Name ist sehr deutsch, er fühlt sich auch noch dem Ort seiner Vorfahren sehr verbunden. Seine Wurzeln liegen im saarländischen Theley.
Der 63-Jährige aus São Paulo spricht nicht nur einen alten saarländischen Dialekt, sondern er hat auch noch Freunde im Ort und war dort schon mehrfach zu Besuch. “Er ist ein sehr bescheidener, frommer und froher Mensch“, sagt Mathilde Ludwig einer lokalen Zeitung, die Scherer schon oft in ihrem Gästehaus “Casa do Brasil“ (Brasilien – Haus) in Theley beherbergt hat.
Aus Theley wanderten im 19. Jahrhundert viele Menschen in die weite Welt aus, so auch Scherers Ururgrossvater um 1880. Er ging als “Ackerer und Wagenbauer“ in den Süden Brasiliens in den heutigen Bundesstaat Rio Grande do Sul. Rund 140 Familien sollen es gewesen sein, die den Weg aus dem heutigen Saarland nach Brasilien wählten. Hunger und Armut trieben sie in die ungewisse Zukunft der weiten Welt, doch der damalige König von Portugal und Kaiser von Brasilien, Pedro II., hatte damals jeder deutschen Familie 23 Hektar Land geschenkt, um die Flächen zu bevölkern, sodass die Zukunft in Brasilien leichter erschien.
Scherer sehr mit Theley verbunden
Und wie viele Nachfahren auch, habe Scherer ebenfalls den Wunsch, “das Land seiner Väter zu besuchen und nach seinen Wurzeln zu suchen“, erzählt die 83-Jährige. Zuletzt war Scherer 2003 zu Besuch, als er bereits ranghoher Weihbischof in São Paulo war. “Da hat er in unserer Dorfkirche auch die Messe gefeiert“, erinnert sich Ludwig. Zu Weihnachten im vergangenen Jahr kam dann noch eine Karte von ihm.
“Es wäre für uns eine Ehre, wenn Kardinal Scherer der neue Papst würde“, sagt der Bürgermeister von Tholey, Hermann Josef Schmidt, zu dessen Gemeinde Theley gehört. “Vor allem, weil die Verbindung zwischen unserem Ort und ihm besteht.“ Scherer spricht neben reinem Hochdeutsch noch einen Dialekt, wie ihn die Auswanderer damals gesprochen haben. “Die Nachfahren nennen ihn Hunsrückisch, weil es damals das Saarland noch nicht gab“, sagt Mathilde Ludwigs Sohn Herbert. Scherer habe in Briefen auch schon mal “ebbes“ statt “etwas“ geschrieben.
Sechs Gästebücher hat Mathilde Ludwig bereits gefüllt. Wie viele Nachfahren von einstigen Theleyern bereits in ihrer Herberge waren, könne sie nicht genau sagen, denn “es sind zum Zählen zu viele.“ Aber auch Scherers Einträge finden sich in ihren Büchern – in den Jahren 1982, 1984, 1987 und 2003. Der nächste Eintrag könnte vielleicht vom 265. Nachfolger Petri sein.