Die Biathletin Jaqueline Mourão war die erste Sportlerin, die bei der diesjährigen Winterolympiade für Brasilien an den Start gegangen ist. Am Sonntag (9.2.) trat sie beim 7,5 Kilometer-Biathlon der Frauen an. Eine Medaille holte sie nicht, aber sie gewann die Sympathien ihrer Landsleute.
Stolz trug Jaqueline Mourão am Freitag die brasilianische Fahne durch das Olympiastadion „Fischt“ bei der Eröffnungszeremonie der olympischen Winterspiele im russischen Sotschi. Nervös sei sie gewesen, sagt sie, als sie die Flagge schwenkend vorbei am russischen Staatschef Putin und den zehntausenden Zuschauern trug. Ein bisschen nervös war sie sicherlich auch bei ihrer ersten Probe, dem 7,5 Kilometer-Sprint im Biathlon. Von 84 Teilnehmern belegte sie am Schluss den 77. Platz.
Freilich hätte sich die 38-Jährige ein besseres Ergebnis gewünscht. Wer landet schon gerne auf den hinteren zehn Rängen? Doch Mourão kämpft um ein Lächeln, das sie dem Kameramann und den Menschen in ihrer Heimat schenkt, ihrer Heimat im tropischen Brasilien, wo derzeit in großen Teilen des Landes eine Hitzewelle alles versengt, während sie im kalten Sotschi durch den Schnee streift. “Ich bin glücklich”, sagt sie zu den Reportern. Immerhin gab es doch auch einige Mitbewerber, die beim Schießen schlechter getroffen haben als sie.
In den brasilianischen Medien wird ihr Ergebnis ein wenig relativiert. Schließlich sei es keine leichte Aufgabe, zuerst das Herz beim Langlauf zu einer Höchstleistung anzutreiben, und dann plötzlich anzuhalten und mit vollkommener Ruhe mit dem Karabiner auf eine Scheibe zu zielen. Der Biathlon ist auch nicht wirklich ein brasilianischer Sport, so wie das Beach-Volleyball oder der Fußball. Hinter der Bezeichnung Biathlon kann sich für viele Brasilianer alles Mögliche verbergen.
Also wird die Sportart erst einmal erklärt. Und so wird den Menschen daheim nahe gebracht, dass zunächst ein Langlaufsprint hingelegt werden muss und das Herz des Biathleten dabei bis zu 200 Mal in der Minute schlägt. Um das Herz zu beruhigen, und genau zielen zu können, seien dann eigentlich drei bis fünf Minuten notwendig, heißt es. Jaqueline Mourão hatte aber nur 20 Sekunden dafür zur Verfügung. Per Ski etliche Kilometer durch den Schnee hechten, anhalten, hinlegen, Gewehr anlegen, zielen, schießen und natürlich treffen – allein das zu leisten verdient schon einen gewissen Respekt. Dazu kommt, dass Jaqueline Mourão erst vor vier Jahren zu dieser nordischen Sportart kam.
Wie sie das bewältigt hat, mit dem Schießen, will der Reporter wissen. Den Atem anhalten, die Schmerzen in der Lunge vergessen und einfach an nichts denken, so habe sie versucht, ihr Herz zu beruhigen, erklärt die brasilianische Sportlerin. Sie ist die einzige Biathletin Südamerikas, die bei der diesjährigen Winterolympiade vertreten ist. Somit vertritt sie irgendwie auch einen halben Kontinent. Und sie ist eine Athletin mit einem guten Herzen, wie der Reporter zum Schluss des Interviews konstatiert. Auch wenn es nur der 77. Platz ist, den Jaqueline Mourão erreicht hat, die Sympathien ihrer Landsleute sind ihr dennoch sicher. Immerhin, sie war dabei, sie hat ihr Bestes gegeben, sie hat durchgehalten und das als erste brasilianische Biathletin, die bisher an olympischen Winterspielen teilgenommen hat.
Noch zweimal wird Jaqueline Mourão antreten. Am 11. Februar wird sie in der Langlauf-Disziplin dabei sein und am 14. beim nächsten Biathlon der Frauen.