Eher mit Genugtuung als mit Erstaunen ist in Brasilien die Verhaftung José Maria Marins in Zürich aufgenommen worden. Er sowie zwei weitere Brasilianer sollen in dem Korruptionsskandal der Fifa verwickelt sein. Einmal mehr werden jetzt Erklärungen und vor allem Veränderungen beim brasilianischen Fußballverband CBF gefordert, der und dessen Leitung schon seit Langem in der Kritik stehen.
In dem südamerikanischen Land sind die Menschen mittlerweile an die Aufdeckung verschiedenster Korruptionsskandale gewöhnt. Auch der brasilianische Fußballbund CBF erlebt seit Jahren hinter vorgehaltener Hand Vorwürfe, die von Mißwirtschaft und Klüngel bis zur Bereicherung der Dirigenten reichen. Bisher wurde jedoch nie etwas nachgewiesen.
Der von einer Gruppe von Fußballern und Ex-Fußballspielern vor zwei Jahren gegründete Zusammenschluß “Bom Senso Futebol Clube“ kritisiert nach der FBI-Aktion einmal mehr den CBF und prangert an, dass mit der Festnahme dessen Vize, José Marin, die Glaubwürdigkeit der Einrichtung in Frage gestellt sei. Laut Bom Senso F.C. hat es in kürzerster Zeit nach Bekanntwerden der Festnahmen in Zürich über eine halbe Millionen Posts über Twitter gehagelt.
Harte Worte gab es von Ex-Fußballstar und derzeitigem Senator Romário, der bei einer Anhörung im Senat der Kommission für Bildung zu den Vorkommnissen in Zürich Stellung nahm. Romário ist bekannt für seine harrschen Kritiken und verbalen Attacken gegenüber des CBF und der FIFA. Er sprach dem FBI seinen Glückwunsch aus, bedauerte aber, dass Marin nicht von der brasilianischen Polizei verhaftet worden sei. Darüber hinaus beschimpfte er nicht nur Marin, sondern ebenso den aktuellen CBF-Präsidenten, Marco Polo Del Nero, als “Dieb“ und Gauner. So wie er erhoffen sich viele Fans von den Untersuchungen und Festnahmen der US-Behörden eine Erneuerung bei der FIFA und vor allem auch des brasilianischen Fußballs.
In einer vom brasilianischen Fußballverband veröffentlichten Stellungnahme zu den Vorwürfen wird von “schweren Vorkommnissen“ gesprochen. Der CBF unterstüze jedoch vollständig jegliche Untersuchungen, verwehrt sich aber vorschnelle Verurteilungen. Die neue CBF-Leitung (seit 16. April 2015 im Amt) arbeite zudem im Prol der Wahrheit und der Transparenz, heißt es.
Der in Zürich festgenommene, 83-jährige Marin steht in dem südamerikanischen Land schon seit Langem unter Kritik. Er hat unter anderem die in Brasilien von den 60er bis zu den 80er Jahren herrschende Militärdiktatur aktiv unterstützt. Sein Name ist auch im Bericht der Wahrheitskommission aufgetaucht, die Verbrechen und Folterungen während der Diktatur untersucht hat. Im Jahr 2012 sorgte er bei der Preisverteilung zur Copa São Paulo de Futebol für Aufregung, als er kurzerhand eine Medaille einsteckte, die eigentlich einem Spieler der Corinthians überreicht werden sollte.
Der Vorgang wurde von einem Fernsehsender live ausgestrahlt. Lautstark forderten Fußballspieler und Fans immer wieder seinen Rücktritt vom Kommando der CBF zwischen 2012 und 2014. Trotz aller Polemik und Anschuldigungen erhielt das neu erstellte CBF-Gebäude 2014 dennoch ausgerechnet den Namen “José Maria Marin“, der damals noch an der Spitze des Verbandes stand. Kurz nach Bekanntwerden seiner Festnahme am Mittwoch (27.) haben Spieler und Ex-Fußballer einmal mehr eine Namensänderung gefordert.
Unter den insgesamt 14 Angeklagten der US-Justiz ist ebenso der 71-jährige Brasilianer José Hawilla, Inhaber der Traffic Group, der größten Sport-Marketingagentur Lateinamerikas, welche die Übertragungsrechte und die Promotion der Fußballmeisterschaften und Spieler inne hat. Von der brasilianischen Presse wurde er schon in der Vergangenheit als “dono do futebol brasileiro“ (Herr des brasilianischen Fußballs) bezeichnet. Hawilla soll im Dezember Vergehen wie elektronischer Betrug, Geldwäsche und Verschleierung gestanden haben. Er soll zudem der Beschlagnahmung von 151 Millionen US$ aus seinem Vermögen zugestimmt haben.
Dritter Brasilianer unter den Festgenommen ist der 75-jährige José Margulies, Inhaber der Firmen Valente Corp. und Somerton Ltd., die ebenso mit sportlichen Übertragungsrechten arbeiten. Er soll als Vermittler fungiert und die illegalen Zahlungen erleichtert haben.