Bei der Weltklimakonferenz COP-23 in Bonn will Brasilien gerne ein positives Bild vermitteln. Tatsächlich sieht es keineswegs rosig aus: Es wird weiter abgeholzt, die Kohlendioxidausstöße steigen und von der versprochenen Aufforstung von 12 Millionen Hektar Wald ist bisher nicht viel in Sicht.
Auch der unlängst bekanntgegebene Rückgang der Kahlschläge im Amazonas-Regenwald um 16 Prozent ist kein Grund zum Feiern. Zerstört wurden in nur einem Jahr (August 2016 bis Juli 2017) 6.624 Quadratkilometer Regenwald.
Das ist mehr als 2014/2015 illegal abgeholzt wurde und kommt in keinster Weise der beim Pariser Weltgipfel vorgelegten Eigenverpflichtung entgegen, bis 2030 die Kahlschläge ganz auszumerzen. Auch von dem im Land festglegten Klimaziel, bis 2020 die Kahlschlagsflächen auf 3.900 Quadratkilomter zu reduzieren, ist Brasilien weit entfernt. Vielmehr überschreiten die Abholzungen 2016/2017 das Ziel um 70 Prozent.
Experten führen die Abnahme zudem keineswegs auf die Umweltpolitik zurück. Sie sprechen von einer finanziellen Unterstützung der Umweltbehörde Ibama über den Fundo Amazônia (Amazonasfonds), der vor allem über Spenden aus Norwegen und Deutschland gespeist wird.
Mit ihm wurden die Kürzungen des Staates bei den Kontrollbehörden teilweise aufgefangen und konnte das Monitoring zumindest in den Brennbereichen gesichert werden. Auch führen sie gesunkene Rindfleischpreise an. Die Gewinnung von neuen Weideflächen ist einer der Hauptgründe für die Abholzung des Regenwaldes.
Während die Welt fast nur auf den Amazonas-Regenwald sieht, geht die Zerstörung im Atlantischen Regenwald und dem Cerrado nahezu ungehemmt weiter. Allein in vier Bundesstaaten wurden 2015/2016 etwa 2.000 Quadratkilometer des Trockenwaldes abgeholzt und vor allem durch gigantische Soja-Monokulturen ersetzt.
Im gleichen Zeitraum haben nach einer Veröffentlichung der Organisation „Observatório do Clima“ die Emissionen der Treibhausgase um 8,9 Prozent zugenommen. 2,3 Milliarden Tonnen Kohlendioxid waren es 2016, so viel wie seit 13 Jahren nicht – und das, obwohl sich das Land in einer tiefen Wirtschaftskrise befindet.
Die Wirtschaftskrise ist auch eins der Argumente, wenn es darum geht, dem Umweltschutz entgegen laufende Dekrete und Erlässe zu begründen, wie die Verkleinerung von bereits ausgewiesenen Schutzgebieten oder die Diskussion um den Bergbau im Amazonas-Regenwald und selbst in Indio-Territorien.
Diskutiert wird ebenso, Land der indigenen Völker für die Landwirtschaft zu verpachten. Hinzu kommt ein im Juli verabschiedetes Gesetz, mit dem von Sojabauern, Rinderhaltern und anderen bis 2011 illegal kahlgeschlagene und besetzte Flächen von bis zu 2.500 Hektar einen rechtlichen Status erhalten, ohne dass diese Strafen zahlen müssen.
Einen Rabatt hat Temer auch für die wegen Umweltvergehen verhängten Bußgelder erlassen. Wer bei Umweltsünden erwischt wird, kann einen Diskont von bis zu 60 Prozent aushandeln. Dass Umweltschutz und Klimaschutz in Brasilien und allen voran von der Regierung Temers groß geschrieben wird, kann damit nicht behauptet werden.