Der Oberste Gerichtshof Brasliens (STF) wird am heutigen Dienstag (20.) über eine kollektive Entlassung von Müttern von Kindern unter zwölf Jahren und Schwangeren entscheiden, die sich in Sicherheits- oder Untersuchungshaft befinden.
Theoretisch gibt es seit 2016 ein Gesetz, mit dem eine Vorbeugehaft für Mütter und Schwangere in Hausarrest verwandelt werden könnte. Praktisch wird dies kaum angewandt. Angeheizt wurde die Debatte über den habeas corpus, nachdem dieser Adriana Anselm gewährt wurde. Die Frau des Ex-Gouverneurs Rio de Janeiros, Sérgio Cabral, war in erster Instanz wegen Geldwäsche in Millionenhöhe und Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung zu 18 Jahren Haft verurteilt worden.
Ihr wurde Hausarrest gewährt, da ihr jüngster Sohn lediglich zwölf Jahre alt ist. Den meisten der in brasilianischen Gefängissen einsitzenden Frauen mit Kindern bleibt dies bisher indes verwehrt.
Für den jüngsten Aufschrei sorgte der Fall einer schwangeren Frau, die mit 90 Gramm Marihuana wegen Drogenhandels festgenommen wurde. Einen Tag später hat sie ihr Kind zur Welt gebracht. Fotos von ihr und ihrem Neugeborenen in einer winzigen Gefängnisszelle auf einer Matratze sitztend haben zurecht für Aufregung gesorgt.
Laut der Defensoria Pública da União wird der Mehrheit der provisorisch inhaftierten Frauen Drogenhandel vorgeworfen. Das Organ berichtet zudem von Entbindungen, bei denen die Frauen mit Handschellen gefesselt sind.
Der brasilianische Justizrat CNJ spricht von 622 inhaftierten Frauen, die schwanger sind oder stillen sowie von 249 Babys, die mit ihren Müttern und anderen Gefangenen die Zellen teilen. STF-Präsidentin Cármen Lúcia hält die Situation als “nicht hinnehmbar“.
Die Klage vor dem Obersten Gerichtshof zum habeas corpus wurde hingegen von einer Gruppe von Anwälten und der Defensoria Pública angestrengt.
In Brasilien sitzen insgesamt 44.700 Frauen hinter Gittern. Etwa 60 Prozent von ihnen wegen Drogenhandels.