Seit elf Jahren zahlen Deutschland und Norwegen für den Schutz des Amazonas-Regenwaldes in Brasilien. Jetzt könnte der Fonds vor dem Aus stehen. Brasiliens Regierung will Veränderungen bei der Organisation und der Verwendung der Spenden für den Amazonas-Fonds durchsetzen. Die beiden größten Einzahler sind davon wenig begeistert.
Noch wird verhandelt. Deutschland soll aber vorerst schon einmal seine nächste Spende von 35 Millionen Euro auf Eis gelegt haben.
Der 2008 gegründete Amazonas-Fonds spielt bei der Bekämpfung der Rodungen eine wichtige Rolle. Zuschüsse gibt es über ihn auch für staatliche Einrichtungen wie die brasilianische Umweltbehörde Ibama. Auch das Raumforschungsinstitut Inpe, das die Kahlschläge via Satellitenbildern kontrolliert, erhält Geld aus dem Fonds.
Insgesamt weden 103 Projekte über ihn finanziert, darunter auch Projekte zur nachhaltigen Entwicklung der Region, der Wiederaufforstung und Studien. Hauptziel sei eine Unterstützung Brasiliens bei der Einhaltung des Weltklima-Abkommens von Paris, sagt Norwegens Botschafter Nils Martin Gunneng. Von Norwegen stammen 94 Prozent der bisher in den Fonds gezahlten 1,3 Milliarden Dollar.
Begonnen haben die Unstimmigkeiten mit Vorwürfen seitens des brasiliansichen Umweltministers Ricardo Salles zur Verwaltung des Fonds. Dann legte Salles ohne jegliche Absprache mit den Geberländern Veränderungen zur Verwendung der Spenden vor und ebenso zur Besetzung des Beratungskomitees.
Letzteres setzt sich aus Vertretern des Bundes, der Bundesstaaten Brasiliens und der Zivilgesellschaft zusammen. Das Komitee entscheidet, wie das Geld verwendet wird. Salles wollte das Komitee schrumpfen und gleichzeitig den Einfluss der Regierung Brasiliens verstärken.
Inzwischen hat der rechtspopulistische Präsident Jair Bolsonaro das Komitee erst einmal ganz aufgelöst. Auch das kam für die Untersützerländer völlig überraschend.
Brasiliens Umweltminister, der in Brasilien schon mal als heimlicher Landwirtschaftsminister bezeichnet wird, windet sich. Veränderungen seien notwendig, weil die Kahlschläge seit 2012 wieder zunehmend sind, sagte er in einer Fernseh-Diskussionsrunde. Kurz später fügte er hinzu, dass wenn schon Spenden, das Geld dann doch auch tatsächlich an Brasilien gespendet werden sollte und nicht wie auf die bisherige Weise.
Die Regierung Bolsonaros macht aus ihren Absichten, die Amazonas-Region stärker wirtschaftlich nutzen und ausbeuten zu wollen, hingegen keinen Hehl. Im Gespräch sind die Auflösung und Verkleinerung von Schutzgebieten und ebenso die Freigabe der Indio-Territorien für eine wirtschaftliche Nutzung oder Verpachtung des Gebietes.
Veränderungen sind aber schon jetzt, auch ohne die Umsetzung dieser Vorhaben zu beobachten. Allein der Amtsantritt des von der Agro-Industrie unterstützten Bolsonaros hat bereits zu einer Erhöhung von Rodungen und Invasionen von Schutzgebieten geführt, wie Umweltschützer, Wissenschaftler und Menschenrechtsorganisationen konstatieren.
Nach Daten des Raumforschungsinstitutes Inpe sind die Kahlschläge im Juni im Vergleich zum gleichen Monat des vergangenen Jahres um fast 60 Prozent gestiegen. Abgeholzt wurde eine Fläche von 762 Quadratkilometer. In den ersten sechs Monaten des Jahres und damit der Amtszeit Bolsonaros summieren sich die Kahlschläge bereits auf 2.273 Quadratkilometer.
Angesichts des zwischen der EU und dem Mercosul getroffenen Freihandelsabkommen gewinnt der Amazonas-Fonds noch stärker an Bedeutung. Von dem Abkommen der Blöcke würde unter anderem die Landwirtschaft Brasiliens mit ihren Soja-Monokulturen profitieren. Landwirtschaft und Rinderhaltung werden jedoch von Experten und Forschern schon seit Jahren für den Großteil der Abholzungen im Amazonas-Regenwald verantwortlich gemacht.
Das Bestehen des Fonds ist derzeit fraglich. Am Donnerstag (3.) haben sich die Botschafter Norwegens und Deutschlands mit Brasiliens Umweltminister zu Gesprächen getroffen. Die sollen “freundschaftlich“ verlaufen sein. Von Journalisten nach dem Treffen angesprochen, wurde jedoch eine Auflösung sowohl von den Botschaftern als auch von Umweltminister Salles nicht ausgeschlossen.
Deutschlands Botschafter Georg Witschel sagte, dass das Gespräch den Weg zu einer positiven Lösung ein wenig aufgeklärt hätte. Jetzt liegt es an Brasilien, in den kommenden zwei Wochen zu entscheiden wie es weiter gehen soll.