Brasília ist wahrscheinlich eine der ungewöhnlichsten Hauptstädte der Welt. Am Dienstag (22.04.) hat sie ihren 60. Geburtstag gefeiert. Auch der war außergewöhnlich. Es war ein leiser Geburtstag, kein Feuerwerk und auch kein Pomp. Gefeiert wurde trotzdem.
Vom Symphonieorchester Brasília gab es ein Geburtstagsständchen per Videokonferenz, die Esquadrilha da Fumaça der brasilianischen Luftwaffe hat einen Geburtstagsgruß am Himmel hinterlassen, Künstler sind Live via Internet aufgetreten und das Tourismussekretariat hat zum virtuellen Spaziergang durch die Stadt eingeladen.
Brasília ist die einzige Hauptstadt der Welt die aus dem 20. Jahrhundert entstand, die von der Unesco und zum Weltkulturerbe erklärt wurde. Dort, wo Kongress und Regierung das Land führen und etwa drei Millionen Menschen leben, war in den 50er Jahren nichts ausser dem Cerrado. Unter Präsident Juscelino Kubitschek wurde der heiße, von trockener Erde gekennzeichnete Fleck im zentralen Westen Brasiliens in drei Jahren zur Hauptstadt und zum Symbol der modernen Architektur.
1957 gewann der Stadtplaner Lúcio Costa den Wettbewerb zur Gestaltung des Plano Piloto. Er und der Architekt Oscar Niemeyer haben der Stadt das Gesicht gegeben. Bautrupps aus dem ganzen Land reisten an. Am 21. April drei Jahre später wurde die Hauptstadt offiziell gegründet.
Brasília ist geprägt von einer Aufteilung der Funktionen, dem Regierungsbereich, dem Wohnbereich, der Geschäftszentren, dem Freizeitbereich, nach einem in den 50erJahren als modern geltenden Konzept arrangiert in einem Grundriss, der die Phantasien bewegt. Je nach Auslegung sieht dieser aus der Luft aus wie ein Kolibri, ein Pfeil und Bogen, ein Flugzeug.
Gedacht war sie für 500.000 Einwohner, die bis zum Jahr 2000 dort leben sollten. Die Marke wurde schon 1970 erreicht. Heute leben beinahe sechsmal so viele Menschen dort und Brasília hat wie so viele Großsstädte Brasiliens Probleme: Favelas, kilometerlange Staus, ein mangelhaftes Nahverkehrssystem, soziale Diskrepanz, Gewalt.
Aber kaum 60 Jahre alt ist Brasília dabei, sich neu zu erfinden. Gearbeitet wird an einem Plan, der Denkmalschutz und neue Stadtplanung einen soll. Die strikten Funktionstrennungen sollen aufgeweicht und der Plano Piloto belebt werden. Das Zentrum soll “demokratisiert“ werden und auch Familien mit geringem Einkommen Raum bieten. Noch ist es ein Plan, der diskutiert wird.