Die Coronavirus Situation spitzt sich in Brasilien immer mehr zu. Mittlerweile hat das südamerikanische Land auch bei den Infektionszahlen China überrundet. Allein von Mittwoch zu Donnerstag sind 7.218 Neuinfektionen hinzu gekommen. Die Gesamtzahl der positiv getesteten Menschen ist auf 85.380 gestiegen.
Bei den Todesopfern gab es in 24 Stunden eine Zunahme von 435. Insgesamt sind nach offiziellen Daten 5.901 Menschen an der Lungenkrankheit gestorben. Dass die tatsächliche Zahl höher ist, wird inzwischen auch vom Gesundheitsministerium eingeräumt.
Seit dem ersten April hat sich die Zahl der Covid-19 Infektionen in Brasilien verzwölffacht, die der Todesopfer mehr als vervierundzwanzigfacht. Die Übertragungsrate liegt laut dem Imperial College von London bei 2,81 und ist die höchste unter 48 untersuchten Ländern.
Die Zahl der Tests ist nach wie vor gering. Laut dem Gesundheitsministerium sind in den vergangenen zwei Monaten lediglich 181.360 Tests durchgeführt worden. Tausende davon warten noch auf eine Auswertung. Bis September verspricht das Ministerium 46 Millionen Tests.
Rio de Janeiro und São Paulo wollen strengere Regeln
Nachdem in São Paulo und Rio de Janeiro bereits über Lockerungen diskutiert worden ist, sollen die Isolationsregeln nun verstärkt werden. Angesichts der steigenden Zahl von Menschen auf den Straßen während gleichzeitig immer mehr an Covid-19 erkranken und der nahezu ausgeschöpften Kapazitäten in den Krankenhäusern sind jetzt auch Kontrollen im Gespräch, um die Einhaltung der Regeln zu garantieren.
Wie dramatisch die Situation ist, lässt sich anhand der Belegungszahlen der Krankenhäuser erahnen. Im Bundesstaat Rio de Janeiro warten derzeit über 300 Menschen auf einen Platz in der Intensivstation und etwa 700 auf ein Krankenhausbett. Im Großraum von São Paulo sind in zwölf Städten sämtliche UTI-Bette belegt.
Im Nordosten erste Städte Brasiliens mit Lockdown
Ein Richter hat im brasilianischen Bundesstaat Maranhão in vier Städten den Lockdown angeordnet. In São Luís, São José de Ribamar, Paço do Lumiar und Raposa müssen die Menschen ab Dienstag (5. Mai) das Haus hüten und müssen die Geschäfte geschlossen bleiben.
Ausgenommen sind lebensnotwendige Dienste und deren Mitarbeiter. Im Vergleich zu anderen brasilianischen Bundesstaaten sind in Maranhão zwar bisher “lediglich“ 2.728 Infektionen offiziell registriert worden. Allerdings gibt es dort auch nur 112 Intensivstationsplätze und die sind bereits belegt.
Gesundheitsminister räumt 1.000 Tote pro Tag ein
Zwei Wochen nach dem der Mediziner und Unternehmer Nelson Teich das Amt des Gesundheitsministers angetreten hat, äußert er sich erstmals offen für den Beibehalt einer sozialen Isolation. Nach einem starken Anstieg von Neuinfektionen und Todesfällen in den vergangenen Tagen, sagte er am Donnerstag: “In diesem Moment denkt keiner an irgendwelche Lockerungen.“
Er räumte zudem die Möglichkeit von tausend Toten pro Tag ein. Seit Teich am 16. April das Gesundheitsministerium übernommen hat, sind nach offiziellen Daten des Ministeriums 54.955 Neuinfektionen und 3.977 Todesopfer registriert worden.
101-Jährige von Covid-19 geheilt
Es gibt aber auch positive Nachrichten, wie die über die 101 Jahre alte Nair Torres Santos. Sie musste wegen Covid-19 in einem Krankenhaus in Rio de Janeiro behandelt werden. Fünf Tage war sie auf der Intensivstation. Am Donnerstag (30.) konnte die 1918 geborene Brasilianerin das Krankenhaus wieder gesund verlassen. Geschehen ist dies unter dem Applaus von Ärzten und Pflegepersonal.
Bolsonaro Covid-19 positiv?
Seit Wochen beschäftigt die Brasilianer die Frage, ob ihr Staatschef nun schon positiv getestet worden ist oder nicht. Präsident Jair Bolsonaro war am 7. März zu einem Treffen mit Donald Trump in die USA gereist. Von seinem Begleitkomitee wurden daraufhin über 20 positiv getestet, darunter auch enge Mitarbeiter Bolsonaros. Er ist nach eigenen Aussagen negativ getestet worden.
Die Testergebnisse wurden aber nie veröffentlicht. Ein richterlicher Beschluss sieht dies nun vor. Bei einer Radiosendung hat Bolsonaro am Donnerstag (30.) eingeräumt: “Vielleicht habe ich diesen Virus in der Vergangenheit schon gehabt, vielleicht, vielleicht, ohne etwas zu spüren.“
Gleichzeitig hat Bolsonaro Covid-19 einmal mehr als “Gripplein“ abgetan, von der 80 Prozent der Bevölkerung nichts spüren würden. Er vergisst dabei, dass die restlichen 20 Prozent bei einer Bevölkerung von 210 Millionen etwa 42 Millionen Menschen sind, die einen schwiegeren Verlauf der Lungenkrankheit haben oder an dieser sterben könnten.