Reptilien sind luftatmende Wirbeltiere mit einer speziellen Haut, die aus Schuppen, Knochenplatten oder einer Kombination aus beidem besteht. Zu ihnen gehören Krokodile, Alligatoren, Schlangen, Eidechsen, Schildkröten und andere. Alle wechseln regelmäßig die äußere Schicht ihrer Haut. Ihr Stoffwechsel hängt von der Temperatur ihrer Umgebung ab.
Im Gegensatz zu Vögeln und Säugetieren können Reptilien ihre Körpertemperatur nicht konstant halten. Ohne Fell oder Federn zur Isolierung können sie sich an kalten Tagen nicht warm halten, und ohne Schweißdrüsen oder die Fähigkeit, zu hecheln, können sie sich an heißen Tagen nicht abkühlen. Stattdessen bewegen sie sich je nach Bedarf in die Sonne oder in den Schatten. In den kühleren Jahreszeiten werden sie inaktiv. Aufgrund ihres langsamen Stoffwechsels und ihres wärmebedürftigen Verhaltens gehören Reptilien zu den “Kaltblütern“.
Auch die Fortpflanzung der Reptilien hängt von der Temperatur ab. Nur Boas und Pythons bringen lebende Junge zur Welt. Die anderen Arten legen ihre Eier in ein einfaches Nest und verlassen es dann. Die Jungtiere schlüpfen Tage bis Monate später. In dieser Zeit ist die Bodentemperatur entscheidend: Sie bestimmt, wie viele der geschlüpften Jungtiere männlich oder weiblich sein werden.
Junge Reptilien können bereits wenige Stunden nach der Geburt gleiten, laufen und schwimmen. Reptilien tauchten erstmals vor 315 Millionen Jahren in den Fossilien auf und waren die vorherrschenden Tierarten während des “Mesozoikums“, das 270 Millionen Jahre lang bis zum Aussterben der Dinosaurier andauerte.
Brasilien, mit seinem tropischen bis subtropischen Klima, bietet Reptilien ideale Lebensbedingungen, und die wissenschaftliche Bedeutung seiner Reptilienfauna gehört zur Weltspitze. Nach Australien und Mexiko steht Brasilien weltweit an dritter Stelle mit den meisten Reptilienarten unseres Planeten. Diese enorme Vielfalt hat eine Gruppe von Forschern bis zum Jahr 2021 alle beschrieben und aufgelistet.
Nach Angaben der Wissenschaftler, gab es im Jahr 2005 insgesamt 632 Arten. Im Jahr 2018 war die Zahl auf 795 katalogisierte Reptilien gestiegen – im Jahr 2021 dann auf insgesamt 848 Tiere. Das bedeutet, dass den letzten 16 Jahren 216 neue Arten registriert wurden, was einer Zunahme von 34,1 % entspricht.
Und die meisten Entdeckungen betrafen die Schlangen. Insgesamt sind in dieser Zahl 430 Schlangen, 292 Landeidechsen, 82 unterirdische Eidechsen – bekannt als Amphisbaenier oder Doppelkopfschlangen, 38 Schildkrötenarten und sechs Alligatorenarten.
Diese stetige Zunahme im Laufe der Jahre ist in erster Linie auf die Bemühungen der Taxonomen (Forscher, die neue Arten beschreiben) und auf die wissenschaftlichen Sammlungen in Museen und Universitäten zurückzuführen.
Neue Arten werden sowohl bei Feldforschungen in unerforschten Gebieten als auch bei Studien in Museumssammlungen entdeckt, bei denen konservierte Exemplare untersucht und ihre Anatomie und (in jüngerer Zeit) auch ihre DNA im Detail verglichen werden. Oft handelt es sich bei einem Käfer, den man bisher für ‚eine Art‘ hielt, in Wirklichkeit um zwei oder mehr Arten, die bis dato mangels genauerer Untersuchungen nicht unterscheiden konnte.
Die Forschungsergebnisse wurden von der “Sociedade Brasileira de Herpetologia“ veröffentlicht. Die Erhebung aktualisiert die Liste aller Reptilienarten im Land und in den einzelnen Bundesstaaten. Aus der Studie geht auch hervor, dass das Land ein vorrangiges Gebiet für die Entdeckung neuer Arten in der Welt ist, insbesondere neuer Reptilien.
An zweiter Stelle im Ranking der Arten stehen Australien mit 1121 und Mexiko mit 995 Reptilienarten. Im Vergleich der 26 brasilianischen Bundesstaaten und des Bundesdistrikts (DF) sind Mato Grosso (MT) mit 292 Arten, Bahia (BA) mit 277 Arten und Pará (PA) mit 276 Reptilienarten am artenreichsten.
Leider gehören diese drei reichsten “Reptilien-Staaten“ auch zu denjenigen, deren Reptilien am meisten unter dem Verlust ihres Lebensraums leiden, zum Beispiel durch Abholzung, wodurch auch Reptilien vom Aussterben bedroht sind.
Es handelt sich um Bundesstaaten mit großen Flächen und einer Vielfalt von Umgebungen, welche die Artenvielfalt begünstigen. Mato Grosso hat Amazonien, Pantanal und Cerrado; Bahia hat Atlantischen Wald, die Caatinga und den Cerrado.
Und es geht weiter mit Neuentdeckungen
Das Jahr hat gerade erst begonnen, und nach einer Studie zur Aktualisierung der Arten wurden schon wieder zwei neue Jararáca-Schlangenarten in Brasilien entdeckt und beschrieben: eine, die am “Pico do Jabre“ im Bundesstaat Paraíba (PB) gefunden wurde, und die jüngste, die an der Küste von São Paulo, in Guarujá (SP), vorkommt.
In diesem Jahr hat die Zahl bereits 850 Arten überschritten und dürfte weiter steigen. Ziel ist es, die Liste weiter zu aktualisieren, wenn möglich jedes Jahr. Dies ist eine Chance, der Welt die große Vielfalt Brasiliens zu präsentieren und die Notwendigkeit von Investitionen zum Schutz dieser Arten zu unterstreichen. Vor allem die “endemischen“ – solche, die es nur in unserem Land gibt!
Die kürzlich in der Umgebung der Stadt Santos (SP) entdeckte Art, mit dem Namen Bothrops germanoi, bewohnt die Insel Moela und gilt als stark gefährdet, da sie nur auf dieser kleinen Insel vorkommt, die durch die Anwesenheit des Menschen stark beeinträchtigt ist. Die Art weist eine Geschichte von 420 Tausend Jahren auf.
Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass diese und andere Insel-Schlangen von Vorfahren abstammen, die an der Küste verstreut lebten und während eines der Meeresspiegelanstiege am Ende des Pleistozäns (vor 2,5 Millionen Jahren) auf den Inseln isoliert wurden.
Als sich die Gletscher zurückzogen und der Meeresspiegel zu steigen begann, wurden diese Küstenpopulationen auf den ehemaligen östlichen Bergkämmen eingeschlossen – und bilden heute eine Reihe von kontinentalen Inseln vor der brasilianischen Küste, was zu einer Diversifizierung der Arten führte.