Bisher ist die Guanabara Bucht von Rio de Janeiro berühmt wegen ihrer spektakulären Ansicht und ebenso wegen ihrer starken Verschmutzung. Berühmt werden könnte sie jetzt aber auch noch aus einem anderen Grund. Forscher haben in ihrem trüben Wasser eine hohe Zahl von Rochen entdeckt. Sogar vom Aussterben bedrohte Riesenrochen tummeln sich in der Bucht Rio de Janeiros. Nach jüngsten Studien gehört die Bucht zu den Orten der Welt mit einer der höchsten Konzentrationen von Rochenarten.
Dass die Artenvielfalt in der Guanabara Bucht außergewöhnlich hoch und sie Lebensraum von hunderten von Rochen ist, haben Biologen des Instituto Mar Urbano (IMU) herausgefunden. Sie haben zwischen März 2020 und Juli 2021 etliche Expeditionen in der Bucht vor Rio de Janeiro durchgesführt. Das dabei erlangte Ergebnis stufen sie als überraschend ein.
Seit etlichen Jahren werden Maßnahmen gegen die Verschmutzung der etwa 400 Quadratkilometer umfassenden Bucht versprochen. Auch für die olympischen Spiele Rio-2016 gab es diese. Eigentlich sollte die Bucht für die Austragung der Olympiade um 80 Prozent gesäubert werden. Schwimmende Öko-Barrieren wurden ausgelegt und dutzende Tonnen Müll aus dem Wasser gefischt. Das eigentliche Problem, der hohe Eintrag von Abwasser und Tonnen von Plastiflaschen, Autoreifen und anderen Mülls wurde hingegen nicht angegangen.
Kurz vor den Spielen gab es angesichts des Mülls immer wieder Kritik. Er würde Schwimmer und Segler behindern hieß es, ganz abgesehen von möglichen gesundheitlichen Problemen. Einige Sportverbände hatten ihre Athleten vorab vorsichtshalber sogar mit eigens zusammengestellten Desinfektionskits ausgestattet. Die Sportler hatten aber Glück. Lediglich von einem belgischen Sportler wurde berichtet, dass er sich schlecht gefühlt habe.
Bei den Seglern hat der Müll hingegen ein brasilianisches Duo behindert. Ihr Boot blieb in der Nähe des Zuckerhutes im Müll hängen. Glück hatten Athleten und Organisatoren aber auch, weil es während der Austragung der Sommerolympiade kaum Starkregen gab. Der hätte das Geschehen ändern können, weil dann über die Zuflüsse noch mehr Müll in die Bucht geschwemmt worden wäre.
55 Flüsse ergießen sich in die Guanabarabucht. 50 von ihnen gelten als stark verschmutzt. Viele erhalten ungeklärtes Abwasser. Bis 2018 sind im Bundesstaat Rio de Janeiro gerade einmal 31,3 Prozent der häuslichen Abwasser geklärt worden. 15.000 Liter Abwasser sollen sich täglich in die Bucht ergießen.
Angesichts der enormen Mengen von Abwasser und Müll wäre eigentlich davon auszugehen, dass es in der Bucht kaum Fische gibt. IMU-Direktor Ricardo Gomes spricht deshalb auch von einem „wahren Mysterium“. “Inmitten dieses trüben und schmutzigen Wassers macht es aber auch Hoffnung, zu sehen, dass das Leben auf spektakuläre Weise darauf besteht, zu resistieren“, sagt Gomes weiter.
Seit drei Jahrzehnten taucht er in der Guanabarabucht. Gemeinsam mit Nathan Lagares Araújo hat er nun einen Führer über die der Guanabara-Bucht herausgegeben. In dem haben die beiden Biologen den Artenreichtum der Rochen festgehalten, der Rochen.
Sieben verschiedene Rochenarten haben die Biologen in der Guanabara-Bucht registriert. Sie vermuten aber, dass es noch mehr Arten sein könnten. Schon jetzt zählt siejedoch zu den fünf Buchten weltweit mit der höchsten Zahl an Rochenarten, wie Nathan Lagares Araújo konstatiert.
Entdeckt haben sie unter anderem Arten der Schmetterlingsrochen. Auch die seltenen und vom Aussterben bedrohten Gefleckten Adlerrochen schwimmen vor Rio de Janeiro. Über drei Meter kann er von Flossenseite zu Flossenseite messen. Mit seinen weißen Punkten auf dunklem Untergrund ist er einer der auffälligsten Rochen.
Erstaunlich ist aber nicht nur die hohe Zahl der Arten, sondern ebenso die Anzahl der Tiere. Über hundert Schmetterlingsrochen haben die Forscher in einer einzigen Nacht gefilmt und fotografiert. Ausgerechnet den Bereich zwischen dem Praça XV im Herzen Rio de Janeiros und der Lande- und Startbahn des Flughafens Santos Dumont haben die Schmetterlingsrochen für ihren Rückzug und zur Nachzucht ausgewählt.
Noch sind sie dort mehr oder weniger geschützt. Allerdings gibt es Pläne zur Erweiterung des Flughafens. Sollten diese umgesetzt werden, könnte dies das Aus für die „Unterwasser-Schmetterlinge“ unter dem Zuckerhut bedeuten, sind sich die Biologen einig.
Noch geben die Expeditionsergebnisse Anlass zur Hoffnung. Rochen sind Raubfische. Sie stehen bei der Nahrungskette ganz oben, weshalb sie auch als Indikatoren gelten. Nur ein ausreichendes Nahrungsangebot kann dazu führen, dass sie in großen Schwärmen in der Guanabara-Bucht leben. Auch das haben die Biologen und Mitarbeiter des Projektes Raias da Guanabara nachgewiesen.
In ihrem herausgegebenen Führer liegt das Augenmerk indes auf den Rochen. Sie wollen mit ihm der Bevölkerung Rio de Janeiros und auch dessen Besuchern zeigen, welche unverhofften Schätze die Bucht birgt und sie damit letzlich zum Schutz der Rochen und der Guanabara-Bucht bewegen.