Die wichtigsten Bestäuber von Pflanzen sind Bienen. In Brasilien erhalten sie aber auch Hilfe von einem Frosch, dem Fruchtfrosch Xenohyla truncata. Der frisst nicht nur Insekten, sondern leckt auch Nektar, wie der brasilianische Amphibienspezialist Henrique Nogueira jetzt herausgefunden hat.
Er war im Munizip Búzios dabei, Aufnahmen zu machen, als er gleich zehn der seltenen Fruchtfrösche entdeckte. Die kommen weltweit lediglich am Küstenstreifen des Bundesstaates Rio de Janeiros vor und dort vor allem in der Küstenvegetation Restinga und dem Atlantischen Regenwald.
Nogueira beschloss, die Verwandten des Laubfroschs genauer zu beobachten. Das Ergebnis war die Erkenntnis über ein für Amphibien äußerst erstaunliches Verhalten.
Dass Xenohyla truncata für Frösche ungewöhnliche Ernährungsgewohnheiten hat, war bereits bekannt. Anders als seine Artgenossen verspeist er ebenso Früchte. Schon das hat dem Frosch eine Sonderstellung unter den Amphibien eingebracht, die sich vor allem von Insekten ernähren. Xenohyla truncata ist hingegen nicht so wählerisch.
Er liebt ebenso vegetarische Speisen. Seinen Namen, Fruchtfrosch, verdankt er beispielsweise der Tatsache, dass er kleinere und auch größere Früchte frisst. In seinem Magen landen neben den Früchten aber auch Samen. Das macht ihn zu einen wichtigen Verbreiter von heimischen Pflanzenarten.
Damit nicht genug, haben es ihm auch die Blüten angetan. Das ist bereits wissenschaftlich erwiesen. Beim Sezieren haben die Biologen neben Früchten und Samen ebenso Teile von Blütenblättern in den Mägen von Fruchtfröschen gefunden.
Bei seinen Besuchen der Blüten bleibt es allerdings nicht nur beim Knabbern der zarten Blütenblätter, wie Henrique Nogueira festgestellt hat. Der Amphibienspezialist filmte die hellbraunfarbenen Frösche bei ihren Besuchen von Blüten und kam ins Staunen.
Er beobachtete, dass der nur fünf Zentimeter kleine Frosch des nächtens Blüten nicht nur besucht, um ihre zarten Blütenblätter zu genießen. Vielmehr schleckten die Fruchtfrösche auch den Nektar der Blüten. Dabei blieb der Pollen an seinem Rücken kleben, was ihn zu einen potentiellen Bestäuber von Pflanzen macht.
Aber schon die Tatsache, dass der Fruchtfrosch Blütennektar trinkt, ist weltweit einzigartig. Nogueira vermutet, dass das vor allem während der Zeit der Fortpflanzung geschieht. Immerhin bietet der Blütennektar eine reichhaltige Energiequelle.
Seine Entdeckung hat auch andere Amphibienspezialisten erstaunt. Gemeinsam mit acht weiteren Spezialisten hat Nogueira die Neuheiten ebenso in einem wissenschaftlichen Artikel im „Food Webs“ veröffentlicht. Sie werfen aber auch neue Fragen auf, etwa ob der Fruchtfrosch den Nektar diverser Pflanzen trinkt oder ob er sich bei seinem Nektartrunk auf spezielle Blüten festlegt die lediglich in der Restinga wachsen.
Tagsüber verbringt der kleine Frosch seine Zeit übrigens in Bromelien. In deren Mitte und an den Blattansätzen sammelt sich Wasser, was ihm ein hervorragendes Versteck bietet und einen Schutz gegen das Austrocknen bietet. Anders als die Blätter von Blüten, verspeist der Fruchtfrosch jedoch die weicheren Bromelienherzen nicht.
Noch bieten Restinga und Atlantischer Regenwald dem Fruchtfrosch einen reich gedeckten Tisch. Allerdings gilt er dennoch als gefährdet und steht auf der Roten Liste der vom Aussterben bedrohten Tierarten. Das liegt zum Einen daran, dass er lediglich in einem eng begrenztem Gebiet vorkommt. Bedroht ist er aber auch durch die fortschreitende Besiedlung der Region und Immobilienspekulationen.