Brasilien ohne Karneval? Geht das überhaupt? Wegen der wieder aufkeimenden Pandemie hatte die Mehrzahl der Metropolen Brasiliens das öffentliche Karnevalsprogramm schon im Dezember abgesagt. Ganz ohne geht es aber nicht.
Der Karneval gehört in Brasilien wie Weihnachten zu den wichtigsten Festivitäten des Jahres. Viele sagen, das neue Jahr fängt erst am Aschermittwoch an. Auch wenn die offiziellen Umzüge und der Straßenfasching abgesagt wurde: Gefeiert wird trotzdem. Nur eben anders.
Statt beim Straßenfasching ausgelassen zur von den Trio-elétricos schallenden Musik zu tanzen, haben Viele das verlängerte Wochenende benutzt, um sich mit der Familie und Freunden zu treffen und im kleinen Kreise zu feiern und zu grillen. Andere sind über Stunden hinweg in Kilometerlangen Staus stehend zum Strand gerollt. In Brasilien fällt der Karneval schließlich auf den Hochsommer.
Im Radio wird Samba gespielt und die Fernsehender bringen Reportagen über die Sambaschulen und ihre Enredos. Für São Paulo und Rio de Janeiro ist es eine Art “Esquenta“, Aufwärmen. Dort sollen zumindest die Sambaparaden im April nachgeholt werden. Die Erwartungen sind groß. Die Paraden sollen ein Zeichen der Hoffnung der Hoffnung setzen, heißt es von den Vertretungen der Sambaschulen.
Dass die Umzüge der beiden Parade-Hochburgen dieses Mal, wenn auch verspätet, stattfinden werden, davon sind die Brasilianer überzeugt. Momentan sieht alles danach auch. Die mit der Coronavirusvariante Omikran wieder stark angestiegenen Zahlen von Neuinfekten und Krankenhausinternierungen sind seit Kurzem wieder rückgängig. Gleichzeitig steigt die Zahl der dreifach Geimpften weiter an.
Bei den Blöcken ist die Meinung hingegen geteilt. Die eine Gruppe vertritt das Nein zum Karneval 2022. Die andere bietet auch am Rosenmontag und Faschingsdienstag privat kleinere Feiern in Hallen, Brauereien oder Festsälen an. Einhalten müssen sie natürlich einige Auflagen, wie ein Limit an Gästen.
Der Karneval ist aber viel mehr als nur ein Vergnügen. Nach dem brasilianischen Tourismusverband CNC entgehen dem Tourismussektor durch den Ausfall des Straßenfaschings Milliarden. In der Zeit vor Corona hat der Karneval allein in São Paulo für Einnahmen in Höhe von drei Milliarden Reais gesorgt (umgerechnet derzeit eine halbe Milliarde Euro).
Nach Schätzungen der Associação Brasileira de Eventos (Abrape) entfallen dieses Jahr mindestens 50.000 Veranstaltungen rund um den Karneval. Damit einher geht ebenso der Ausfall von zehntausenden Jobs. Rio de Janeiro hat immerhin angekündigt, Wertstoffsammler und Straßenhändler mit einer kleinen Finanzhilfe zu unterstützen. In anderen Städten gibt es Kampagnen von Unternehmen und Hilfsorganisationen.
Ganz so hart wie im vergangenen Jahr wird es den Tourismussektor dieses Mal aber nicht treffen. Gerechnet wird mit einem Defizit von “nur“ 20 Prozent im Vergleich zu den Jahren vor Corona, weil dieses Jahr doch ein wenig gefeiert wird, auch ohne Karneval und eben anders.