Mit traditionellen Ritualen und Tänzen haben die Indios im eigens dafür geschaffenen Dorf Kari-Oca in der Ostzone Rio de Janeiros auf ihre Forderungen bei der UN-Nachhaltigkeitskonferenz Rio+20 aufmerksam gemacht. Der kulturelle Austausch zwischen den Cariocas, den Bewohnern Rio de Janeiros, und den angereisten 400 Mitgliedern von 22 verschiedenen Indianervölkern begann zwar zögerlich, endete dann jedoch umso ausgelassener.
Ungewohnte Laute dringen durch ein ruhiges, mit atlantischem Urwald bedecktes Gebiet in einer Randzone des sonst so urbanen Rio de Janeiros: schon bei der Annäherung an das von den verschiedensten Ethnien bewohnte Indianerdorf konnte man sich wie in die entlegenen Weiten des Amazonasgebietes versetzt fühlen.
Nachdem der erste Blick bei Betreten des Lagers auf die riesige Hütte aus Palmblättern fiel, die den Indianern als Nachruhestätte dient, wurde er direkt auf das dahinter stattfindende Spektakel gelenkt: Laute Musik, die auf indianischen Instrumenten gespielt wurde, kriegerische Tänze und andere Stammesrituale. In diese wurden dann auch die die erstaunten Zuschauer aktiv von den Indianern mit einbezogen. Die brasilianischen Ureinwohner hatten sich ganz ihrer Traditionen gekleidet, ihre Haut war traditionell bemalt oder tätowiert. Bei manchen Völkern verzierten viele Federn die Lendenschurze oder Stirnbänder. Alle waren nur ein paar Kilometer vom Kongresszentrum Riocentro entfernt zusammengekommen, um ihre Kultur zu demonstrieren gleichzeitig um Respekt dafür zu werben. Dies ist den Indios vor allem im Hinblick auf die Anerkennung ihrer Lebensräume wichtig, und dies wollen sie im Rahmen der Mega-Konferenz „nachhaltig“ betonen.
Auf den Gesichtern der Besucher lag zunächst eine Mischung aus Erstaunen und Unsicherheit: für viele der gekommenen Bewohner Rio de Janeiros war es wohl der erste Kontakt mit ihren indigenen Landsmännern und –Frauen. Zögerlich ließen sie sich auf die Aufforderungen der Indios ein, mit Ihnen zu tanzen und beobachteten fasziniert das zelebrierte Fruchtbarkeitsritual. Auch der weise Indio mit seiner Friedenspfeife wurde von den Zuschauern neugierig beäugt. Letztendlich konnten jedoch auch die Zuschauer alle Hemmungen überwinden. Es waren vor allem die Kinder, die sich dann den Spaß nicht entgehen liessen und amüsiert mit den Indios auf der nackten Erde tanzten.
Das Ende des Spektakels kam vielen dann auch viel zu früh. Kaum jemand wollte schon gehen und suchten daher das Gespräch mit den Indios. Viele nutzten die Gelegenheit auch für Erinnerungsfotos, die ganz der modernen Zeit entsprechend sofort mit ihren Fotohandys verschickt wurden. Die kulturellen Differenzen konnte man dann in Echtzeit beobachten: während die Indios geduldig für Fotos posierten und Fragen beantworteten, war den Besuchern vor allem wichtig, die Bilder sofort zu verschicken oder ihren Bekannten per Handy über das Erlebte zu erzählen.
Ein kleiner Junge versuchte sogar einem Indio zu erklären, wie er mit seinem Smartphone im Internet nach dem Indianerstamm der Terena suchen könne – ein Sinnbild für interkulturelle Kommunikation. Vielleicht ist einigen Besuchern klargeworden, dass die naturverbundene Lebensweise der Indios einen alternativen Lebensweg für unsere Zivilisation darstellt, an dem sich auch der moderne Mensch orientieren könnte.
Die Indianergemeinschaft bleibt bis zum Abschluß der UN-Nachhhaltigkeitskonferenz Rio+20 in dem von den nationalen Sicherheitskräften bewachten Gebiet und präsentiert jeden Nachmittag für Besucher ein rund zweistündiges Programm mit sportlichen Aktionen sowie traditionellen Ritualen, Gesängen und Tänzen.