Die Schweizer Nationalmannschaft hat sich bei dieser Fußball-Weltmeisterschaft viel Respekt verdient. Vor allem im Achtelfinale gegen Argentinien hat sie gekämpft, gelitten und erhobenen Hauptes verloren. Gegen einen zweifachen Weltmeister, der keineswegs besser war. Die Nati hat ihrem scheidenden Trainer Ottmar Hitzfeld ein letztes Geschenk gemacht. Durch Kampfgeist und Siegeswillen das neutrale Publikum im Stadion auf ihre Seite gezogen und der Albiceleste eine kräftezehrende Verlängerung abgetrotzt. Und mit Pech ein Elfmeterschießen verpasst. Die Schweiz hat ein kleines Stück Fußballgeschichte geschrieben. So schnell wird man das Spiel in São Paulo wohl nicht vergessen.
Erhobenen Hauptes konnte Hitzfeld, der mit dem Ausschieden der Nati seine Trainerkarriere beendet, in den Katakomben der Arena Corinthians verschwinden. 118 Minuten lang war seine Taktik einzelner Nadelstiche aufgegangen, dann lag sein Team 0:1 zurück. 90 Minuten reguläre Spielzeit und fast zweimal 15 Minuten Verlängerung benötigte Superstar Lionel Messi, um sich einmal wirklich gegen die Schweizer Abwehr durchzusetzen und einen Mitspieler in aussichtsreicher Position zu bedienen. Es war Angel Di Maria, dessen Tor zwei Minuten vor dem Elfmeterschießen das Spiel auf den Kopf stellte.
Schon von Beginn an hatte sich die Schweiz gegen die Angriffsbemühungen des zweifachen Weltmeisters gestemmt und damit auch Erfolg gehabt. Schnell waren alle der 63.255 Zuschauer, die nicht in himmelblau und weiß gekleidet waren, auf Seiten der Nati. Jede gelungene Aktion wurde bejubelt, viele Brasilianer in ihren kanariengelben Trikots feuerten Xherdan Shaqiri an oder beklatschten Keeper Diego Benaglio bei einer seiner teilweise spektakulären Paraden. Von Messi war zu diesem Zeitpunkt wenig zu sehen. Der ehemalige Weltfußballer wurde vor allem in der ersten 90 Minuten der kräftezehrenden Partie regelrecht kaltgestellt. Doch er lauerte bekanntermaßen auf seine Chance.
Durch die Anfeuerungsrufe von den hoch in den Himmel über São Paulo hinaufragenden Tribünen wurde das Schweizer Spiel selbstbewusster und damit offensiver. Schon gut nach einer halben Stunde tauchte die Nati gefährlich vor dem gegnerischen Tor auf. Zunächst prüfte Granit Xhaka von Borussia Mönchengladbach nach Vorlage von Shaqiri Argentiniens Torhüter Sergio Romero, der den Ball jedoch mit dem Fuß abwehren konnte (28.). Und Josip Drmic von Bayer Leverkusen versuchte es frei vor Romero mit einem Lupfer (39.), der allerdings ebenfalls nicht konsequent genug ausgeführt wurde.
Argentinien ohne Konzept gegen abwehrstarke Nati
In der zweiten Halbzeit verlagerte sich dann das Spiel auf die Seite der Südamerikaner, Argentinien suchte den Erfolg im schnellen Spiel. Die Nati geriet deutlich in die Defensive und immer wieder musste der im ersten Durchgang fast gar nicht beanspruchte Schweitzer Schlussmann Diego Benaglio beherzt eingreifen, um sein Team vor einem Rückstand zu bewahren. Ein Kopfball von Gonzalo Higuain (62.) aber Schüsse von Messi (67. und 78.) konnte er erfolgreich abwehren. Doch trotz dieser Chancen wirkte Argentinien irgendwie ausgebrannt und ideenlos.
Auch über die gesamte Verlängerung sahen die Zuschauer eine im Abschluss zu ungeduldige Nati und eine Albiceleste, die kein richtiges Konzept gegen die Hitzfeld-Elf entwickeln konnte. Erst der bereits erwähnte Geistesblitz des ansonsten farblosen Messi, der durch seine Einzelaktion den Siegtreffer vorbereitete, veränderte die Vorzeichen schlagartig. Im Angesicht der drohenden Niederlage alles nach vorne werfend kam sie sogar noch zur ihrer größten Chance im gesamten Spiel. In der Nachspielzeit köpfte Blerim Dzemaili den Ball an den Posten und drückte den Abpraller mit dem Schienbein ins Aus. Das letzte Quäntchen Glück hatte der Nati dann doch gefehlt, um die Penaltys in letzter Sekunde noch zu erzwingen.
Die Schweiz verliert damit denkbar knapp nach einem kämpferischen Spiel gegen über weite Strecken farblose Argentinier. Diese erreichen einmal mehr das Viertelfinale einer Fußball-Weltmeisterschaft und treffen am kommenden Samstag in Brasília entweder auf die USA oder Belgien.