Der britische Journalist Dom Phillips und der brasilianische Experte für indigene Angelegenheiten Bruno Araújo Pereira gelten seit Sonntagmorgen als vermisst. Die beiden waren mit einem Boot in einem abgelegenen Bereich des Amazonas-Regenwaldes unterwegs, um mit Bewohnern des Indio-Territoriums Vale do Javari zu sprechen, ein Gebiet, das unter Invasionen von illegalen Holzfällern, Gold- und Edelsteinsuchern, Drogenhändlern, Jägern und Fischern leidet. Dem Verschwinden vorausgegangen sind Morddrohungen.
Bruno Araújo ist derzeit von seiner Arbeit bei der brasilianischen Indio-Behörde Funai freigestellt, war aber unterwegs, um mit Bewohnern der Indio-Dörfer zu sprechen. Unter anderem sollte er am Sonntagmorgen in São Rafael einen Dorfsprecher treffen, um über ein gemeinsame Überwachung des Territoriums durch die Flussanlieger und Indios zu konsolidieren. Der Dorfsprecher war aber nicht anwesend und das Treffen entfiel.
Danach sollen Bruno Araújo Pereira und Dom Phillips eigentlich zur Stadt Atalaia do Norte zurückkehren, kamen dort aber nicht an. Noch am gleichen Tag haben die Indios mehrere Suchen durchgeführt, wie es von der Indiovereinigung Univaja heisst, jedoch nicht die geringsten Hinweise auf einen Verbleib der beiden gefunden. Am Montag haben sie sich schließlich an die Presse gewandt. Informiert wurden ebenso verschiedene Behörden und die zuständige Polizei. Die war vorab auch schon über die erhaltenen Morddrohungen in Kenntnis gesetzt worden.
Bruno Araújo Pereira gilt als erfahrener Indigenist und verfügt über fundierte Kenntnisse der Region, in der er mehrere Jahre als Regionalkoordenator der Indio-Behörde Funai gearbeitet hat und als Generalkoordenator im Bereich isoliert lebender Indios. Im Indio-Territorium lebt die höchste Zahl an noch unkontaktierten Völkern der Welt.
Unterwegs waren die beiden mit einem neuen Motorboot und ausreichend Sprit. Kollegen und Vertreter der Indiovereinigung Univaja halten es für kaum wahrscheinlich, dass sich Bruno Pereira und Dom Phillips verirrt haben oder ihr Boot untergegangen ist.
Der seit 2007 in Brasilien lebende Journalist Dom Phillips ist freiberuflich für die britische Tageszeiten The Guardian und andere renommierte Zeitungen und Zeitschriften tätig. Reportagen hat er unter anderem über die indigenen Völker Amazoniens, den Amazonas-Regenwald und die Umweltprobleme Brasiliens veröffentlicht. Derzeit arbeitet er nach Angaben des The Guardian an einem Buch über den Umweltschutz.
Mit einer Größe, die in etwa der Landesfläche Belgiens entspricht, ist Vale do Javari das zweitgrößte Indio-Territorium Brasliens. Hubschrauber und Drohnen zur Unterstützung der Suche wollen die brasilianischen Behörden dennoch erst ab Dienstag einsetzen.
In die Suche eingeschaltet haben sich mittlerweile auch Marine und andere staatliche Einrichtungen. Von der Regierung Brasiliens gibt es bisher indes keine offizielle Stellungnahme.
In der an der Grenze zu Peru gelegenen Region des Vale do Javari kommt es immer wieder zu gewaltsamen Konflikten. 2019 ist dort bereits der Indigenist Maxciel Pereira dos Santos ermordet worden, der sich ebenso gegen die Invasionen eingesetzt hatte. Auch er hatte vor seinem gewaltsamen Tod Morddrohungen erhalten.