Pelé ist am Donnerstag (29. Dezember) im Alter von 82 Jahren gestorben. Sein Tod war nicht unerwartet. Die Betroffenheit ist dennoch groß. Der Athlet des Jahrhunderts war seit 29. November im Krankenhaus Albert Einstein in São Paulo zur Behandlung einer Atemwegsinfektion und ebenso um die Therapie zur Behandlung eines Darmkrebses neu einzustellen.
Am 29. November suchte Pelé das Krankenhaus Hospital Israelita Albert Einstein in SP auf, wegen Ödemen, wie es hieß. Kurz später wurde in einem medizinischen Boletim verlautbart, er werde wegen einer Lungeninfektion behandelt. Zu dem Zeitpunkt kursierten in den Medien indes bereits Informationen, dass der König des Fußballs bereits palliativ behandelt werde.
Zunächst versuchte Pelés Familie noch, seine Fans zu beruhigen. Er sei lediglich zur Neueinstellung der Chemotherapie im Krankenhaus, wurde Anfang Dezember über die sozialen Netzwerke verlautbart. Zur Beruhigung der Brasilianer gab es von Pelé kurz später auch Posts zur Weltmeisterschaft in Qatar. Unter anderem beglückwünschte er Neymar zu dessen 77sten WM-Tor. Die gleiche Anzahl, die auch der Fußballkönig selbst erreicht hat.
Pelé gratulierte den Argentiniern zu ihrem Titel, den Marokkanern zu ihrer außerordentlichen Leistung, Mbappe für seine vier Tore bei einem Finalspiel und Messi für seinen „verdienten“ Erfolg. „Was für ein Geschenk war es, dieses Spektakel zu sehen“, schrieb Pelé über Instagram. Das vorzeitige Ausscheiden der Seleção bedauerte er zwar, versuchte aber Nation und Seleção mit einem offenen Schreiben zu trösten.
Am 17. Dezember postete Pelé: „Meinen Sportfreunden und dem Technischen Komitee der Seleção sende ich meine Bewunderung, Solidarität und Liebe. Allen Brasilianern wünsche ich, dass sich die Verbundenheit und Liebe, die uns über den Sport verbindet, auf das ganze Leben ausbreitet. Der Traum gehört uns allen. Liebe, Liebe und Liebe“.
Fans haben seine Worte bereits als Abschied verstanden und sich an Pelés Pensionierung erinnert. Als dieser am 1. Oktober 1977 für den amerikanischen Fußballclub Cosmos zum letzten Mal bei einem Spiel gegen Santos antrat, wählte er für seine darauf folgende Abschiedsansprache ähnliche Worte. Letztlich bat er das Publikum dreimal das Wort „Love“ zu wiederholen. Später inspirierte sich der brasilianische Musiker Caetano Veloso daran und schrieb das Lied „Love, love, love“.
Spätestens als kurz vor Weihnachten Pelés Töchter bekanntgaben, dass die Familie das Weihnachtsfest gemeinsam mit Pelé im Krankenhaus feiern wird und seine Kinder nicht mehr von seiner Seite wichen, wurde den Brasilianern bewusst, wie ernst es um ihren „Rei“ (König) steht.
Gesundheitsprobleme
Edson Arantes do Nascimento, wie Pelé mit bürgerlichen Namen hieß, hatte 2021 die Diagnose eines Darmkrebses erhalten. Im September des gleichen Jahres war er operiert worden. Der Krebs schien sich aber trotz Behandlung weiter auszubreiten. Anfang 2022 hieß es bereits, dass Metastasen ebenso in Lunge und Leber seien. Das ganze Ausmaß erahnten die Brasilianer indes erst Ende November, als er ins Krankenhaus eingeliefert werden musste.
In der Öffentlichkeit hatte sich Pelé in den vergangenen Jahren auch schon vor bekanntwerden der Krebserkrankung kaum mehr gezeigt. Sein Vater sei wegen Problemen mit der Hüfte und einer Mobilitätseinschränkung deprimiert, sagte sein Sohn Edson 2020. Das Hüftproblem begann schon 2012 mit einer ersten Operation. Die brachte wegen eines medizinischen Fehlers, wie Pelé es ausdrückte, keine Besserung. 2016 wurde er noch einmal operiert. Der erhoffte Erfolg blieb wieder aus und Pelé musste weiterhin mit Mobilitätsproblemen leben. Zu sehen war der Fußballheld Brasiliens kaum mehr. Tausende Fans haben aber weiterhin am Leben ihrer Ikone über die sozialen Netzwerke teilgenommen.
Pelé spielt sich als Jugendlicher in die Herzen der Welt
Pelé hatte sich schon jung in die Herzen der Brasilianer gespielt und mit seinem Können und seinem steten Lächeln schnell auch die Welt erorbert.
Mit nur 15 Jahren wurde der im Munizip Três Corações Geborene bereits bei Santos unter Vertrag genommen. Mit 16 gab er sein erstes Spiel für die Seleção. Mit 17 Jahren und 249 Tagen machte er Geschichte als der jüngste Spieler, der je bei einem WM-Finale ein Tor geschossen hat. Die Seleção holte sich damals den WM-Titel. Der zweite folgte 1962. Auch da war Pelé dabei, wie ebenso beim dritten Titel im Jahr 1970. Damit hat der nur 1,73 Meter große Fußballer einen Rekord aufgestellt, als bisher einziger Fußballer, der drei WM-Titel vereint.
Gemeinsam galten Pelé und sein Seleção-Kollege Garrincha als unschlagbar. Während sie aktiv waren, hat die brasilianische Nationalmannschaft bei 40 Spielen kein einziges verloren, 36 gewonnen und vier mit einem Unentschieden beendet.
Auch für seinen Club Santos holte der „Rei do Futebol“ beinahe bei jedem Spiel mindestens ein Tor. Laut der International Federation of Football History and Statistics (IFFHS) hat Pelé bei 812 offiziellen Spielen 765 Tore geschossen. Werden auch Freundschaftsspiele und nicht offizielle Begegnungen hinzu gezählt, trat Pelé in 1363 Fußballspielen an und versenkte den Ball dabei 1.283 Mal im Netz der Gegner. Auch das ist ein Rekord.
Welches Tor er selbst am Schönsten fand? Das war bei einem Spiel beim Campeonato Paulista im Stadium Conde Rodolfo Crespi 1959 gegen den Clube Atlético Juventus. Das wurde aber nicht gefilmt. Später erbat sich der Fußballkönig deshalb eine Computeranimation über sein Tor.
Drei Anläufe für das tausendste Tor
Pelés tausendstes Tor ließ hingegen auf sich warten. Eigentlich wurde damit gerechnet, dass das beim Freundschafsspiel Santos gegen Botafogo de João Pessoa fallen könnte.
Die Santosspieler munkelten jedoch, dass Botafogo Pelé absichtlich Chancen einräumen könnten, damit ihr Stadion mit dem tausendsten Tor Pelés berühmt wird. Also wurde Pelé kurzerhand ins Tor gestellt, als Ersatz für Torwart Jair Estevão. Der hatte sich während des Spiels vorgeblich verletzt. Später gestand Jair Estevão jedoch, dass seine angebliche Verletzung gespielt war, um das gefragte Pelé-Tor zu vermeiden.
Der zweite Versuch des tausendsten Tores fand in Salvador da Bahia statt. Alles war schon vorbereitet für ein gebührendes Fest. Dann dribbelte Pelé und schoss auf das Tor. Alle hielten den Atem an. Der Ball ging nicht ins Netz. Verteidiger Nildo hat ihn davon abgehalten und erntete dafür lautstarke Buhrufe vom Publikum.
Am 19. November 1969 war es aber dann doch so weit. Ausgerechnet bei einem Spiel gegen Vasco da Gama, Pelés Lieblingsclub. Es gab ein Foul von Verteidiger Fernando Silva. Der bestritt das Foul zwar heftig und sagte, dass nicht er sondern Pelé gerempelt hätte. Vom Schiedsrichter gab es aber dennoch einen Elfmeter. Den verwandelte Pelé in sein von seinen Fans lang erwartetes tausendstes Tor.
Während der Torwart vor Wut den Rasen hämmerte feierte Pelé sein Tor, küsste den Ball und widmete sein tausendstes Tor den Kindern, Armen und Alten Blinden. Das Spiel wurde für 20 Minuten unterbrochen und Pelé drehte im Stadium im Vascotrikot mit der Nummer 1.000 eine olympische Runde. Danach erhielt er jedoch nicht nur Lob. Kritik gab es, weil sich viele von ihm einen Diskurs gegen die damals in Brasilien herrschende Militärdiktatur gewünscht hatten.
Pelé als Nationalschatz
Pelé war schnell gefragt. Schon als junger Mann wollten auch ausländische Clubs den Ball-Magier unter Vertrag nehmen. Vielen Brasilianern gefiel das gar nicht. In den nur wenigen Monaten seiner Amtszeit hat der damailge Präsident Brasiliens, Jânio Quadros, Pelé 1961 deshalb einfach zum „Tesouro nacional“, zum Nationalschatz erklärt, der nicht exportiert werden darf.
19 Jahre spielte Pelé für Santos (1956 – 1974), bevor er in den Halbruhestand ging. Halb deshalb, weil er trotzdem noch bei einigen Spielen für Santos antrat. Kurz später ging er dann zudem doch noch ins Ausland. 1975 unterzeichnete Brasiliens Fußballkönig mit New York Cosmos einen Vertrag. Dem waren etliche Verhandlungen vorausgegangen, nicht nur, weil Pelé damals der bestbezahlte Fußballer der Welt war, sondern auch, weil sich Brasilien nach wie vor sträubte, seinen Rekordspieler freizugeben. Damals soll sich sogar der damalige US-Außenminister Henry Kissinger eingeschaltet haben, um Pelé und die brasilianische Regierung zu überreden.
Die Ankunft des Südamerikaners wurde in New York gefeiert. Nicht nur war das Fußballstadion, in einem Land, in dem „Soccer“ damals als Nebensache galt, dank Pelé vollbesetzt. Anwesend waren ebenso 152 Fotografen, als gelte es, die Vereidigung eines neuen Präsidenten abzulichten.
Was die Glühbirne mit Pelé zu tun hat
Pelé wurde am 23. Oktober 1940 in Três Corações geboren. Für die Familie João Ramos do Nascimento brachte das Jahr doppelte Freude. Zum Einen wurde die Gemeinde an die Stromversorgung angeschlossen, zum Anderen kam ihr Sohn auf die Welt. Weil João Ramos do Nascimento von der endlich auch in ihrem eingetroffenen Elektrizität so begeistert war, gab er seinem Sohn den Namen Edson, ihn Anlehnung an den Glühbirnenerfinder Thomas Edison.
Pelé wuchs in ärmlichen Verhältnissen auf, spielte mit einem aus Socken zusammen geknüpften Ball und verdiente sich später mit Schuheputzen ein Taschengeld. Heute ist sein Geburtshaus in Três Corações eine touristische Attraktion
Dass aus Edson Arantes do Nascimento später Pelé wurde, hat mit Strom nichts zu tun. Schuld daran war seine Liebe zum Fußball und ein falsches Aussprechen eines Namens, des von Torwart Bilé, dem Torwart von Vasco da Gama de São Lourenço. Bilè war damals Pelés Lieblingsspieler. Aber er sprach den Namen falsch aus und seine Mitschüler verpassten ihm den Spitznamen Pelé.
Heute ist der Name Pelé in der ganzen Welt bekannt und wohl der berühmteste Brasilianer. Wer sich in den verschiedensten Ecken der Welt als Brasilianer zu erkennen gibt, bekommt schnell das Wort Pelé zu hören oder die Nummer Zehn zu sehen, mit der Pelés Trikot versehen war.
Beliebtheitsrekord
Es gibt viele Zitate von Berühmtheiten und auch Politikern, die das Talent und Können und ebenso die Person Pelé betreffen. Andy Warhol, Ronald Reagan, Nelson Mandela haben den Brasilianer gepriesen und ebenso Franz Beckenbauer. „Pelé ist der größte Spieler aller Zeiten. Er regierte für 20 Jahre. Es gibt keinen, der mit ihm verglichen werden könnte“, sagte der „Kaiser“. Bezeichnet wurde Pelé als „magischer Spieler“ und auch als Fußballgott.
Kaum ein Fußballspieler war so beliebt wie Pelé. Das zeigen auch die Geburtsregister Brasiliens. Vor 1950 haben nur wenig mehr als 43.000 Kinder den Namen Edson erhalten. 1970 ließen indes schon 111.000 Eltern ihre Söhne unter dem bürgerliche Name des damals 30-jährigen Fußballers registrieren.
Pelés Beliebtheit machte sich auch das brasilianische Bildungsministerium zunutzen. Für die Propaganda „Toda Criança na Escola“ (Alle Kinder in der Schule) engagierten sie den Fußballstar. Der Sang den Jingle „ABC, ABC, jedes Kind soll lesen und lernen“. Viele Brasilianer kennen auch heute noch den Jingle, mit dem Pelé die Kinder dazu bringen sollte, in die Schule zu gehen. Sogar etliche elektronische und Computerspiele mit Pelé wurden aufgelegt, wie „Pelés Soccer“ oder „Pelé II: World Tournament Soccer“.
Für Kinder war auch der Cartoon „Turma do Pelezinho“ gedacht, der von Mauricio de Sousa kreiert wurde. Zwischen 1977 und 1986 sind dazu 66 Ausgaben erschienen. 1996 schaffte es Pelé sogar in eine spanische Zeichentrickserie.
Etliche Sänger und Komponisten haben Pelé in ihren Liedern verewigt. Es gibt Samba über ihn, Karnevalsmärsche, Sertanejo, Samba-Rock, Popularmusik und mittlerweile wahrscheinlich auch Hiphop.
Pelé außerhalb der Stadien
Es wurde aber nicht nur über Pelé gesungen. Der Fußballmeister hat vielmehr selber auch zum Mikrophon gegriffen. 1969 nahm er mit der brasilianischen Sängerin Elis Regina eine Platte auf. Darüber hinaus soll er 120 Lieder geschrieben und komponiert haben, unter anderem den Samba „Olha Lá São Paulo“. Für die olympischen Spiele 2016 in Rio de Janeiro nahm er „Esperança” auf.
Gestanden ist Pelé auch vor der Kamera. Aufgetreten ist er dabei nicht nur in den vielen Dokumentationsfilmen über ihn. Mitgewirkt hat er auch an anderen Filmen, bei denen es auf irgendeine Weise um Fußball ging. Er trat unter anderem mit Michael Caine und Sylvester Stallone auf und wirkte ebenso in einer Telenovela mit.
Aktiv war der Fußballer ebenso als Sportkommentarist. 2010 war ihm sogar eine Serie gewidmet. . In „Um Minuto Com Pelé“ (Eine Minute mit Pelé) erzählte er in 27 Episoden die WM-Geschichte.
Auch in die Politik hat er sich gewagt. 1995 wurde der Fußballkönig zum Sportminister ernannt. Er setzte sich dabei unter anderem dafür ein, die Korruption im brasilianischen Fußball zu bekämpfen. Ein von ihm diesbezüglich vorgelegter Gesetzesvorschlag erhielt den Namen „Lei Pelé“.
Auch wenn Pelé Sportminister war, hat er sich dennoch stets soweit möglich aus der Politik herausgehalten. Er war Vollblutsportler. Als 2013 in Brasilien die Massen auf die Straßen gingen, um ihren Unmut über die politische Klasse, die Korruption und die Mangelzustände beim Gesundheitswesen und der Bildung anzuprangern, rief Pelé die Menschen dazu auf, angesichts der bevorstehenden Fußball-Weltmeisterschaft in Brasilien die Demonstrationen zu vergessen. Die Bevölkerung hat nicht auf ihn gehört. Aber Pelé war eben Pelé und die Bevölkerung liebte ihn weiter.
Eine andere Schattenseite waren seine Seitensprünge. Neben fünf ehelichen Kindern, musste der Fußballkönig nach DNA-Tests zwei weitere Töchter anerkennen. Offiziell hat er allerdings nur eine anerkannt. Nichts wissen wollte er von Sandra Regina Machado (1964-2006), seiner Tochter mit einer Hausangestellten. Auch nachdem seine Vaterschaft bewiesen war, stellte er sich stur. Er habe keine persönliche Verbindung zu dieser Frau, sagte er zur Begründung. Sandra starb 2006 an Krebs. Pelé war eben nicht nur Fußballgott, sondern auch Mensch.
Abschied von einer Ikone
Jetzt trauert Brasilien und die Welt um den charismatischen Ballmagier, der selten ernst zu sehen war und stets gelächelt hat.
Seine Beerdigung soll auf Wunsch der Familie erst nach der Vereidigung des brasilianischen Präsidenten stattfinden. Luiz Inácio Lula da Silva wird am 1. Januar ins Amt eingeführt. Die Bevölkerung soll deshalb erst am Montag (2. Januar) die Gelegenheit erhalten, sich von ihrem König, der Fußballikone Brasiliens, zu verabschieden. Aufgebahrt werden wird der Sarg auf dem Spielfeld des Stadions Vila Belmiro von Santos, des Fußballclubs, für den Pelé beinahe zwei Jahrzehnte gespielt hat. Die Beisetzung findet hingegen erst am Dienstag im engen Kreise von Familie und Freunden statt.
Vor dem Krankenhaus in São Paulo haben sich jedoch schon jetzt zahlreiche Menschen eingefunden, um sich von „ihrem“ König zu verabschieden.
Der italienische Schriftsteller und Filmemacher Pier Paolo Pasolini sagte einmal: „In dem Augenblick, in dem der Ball die Füsse Pelés erreicht, verwandelt sich der Fussball in Poesie. „Pelé hat den Fußball in Poesie und Kunst verwandelt und sich auch damit verewigt.