2016 hat den Brasilianern endlich das so ersehnte Olympiagold im Fußball gebracht. Es hat aber auch eine ganze Nation in Schock versetzt, als ein Flugzeug mit dem Fußball-Erstligisten Chapecoense und Journalisten an Bord nahe dem kolumbianischen Medellin abgestürzt ist und 71 Menschen ums Leben gekommen sind.
Viele große und kleine Nachrichten haben die Menschen dieses gigantischen Landes 2016 bewegt. Olympische Spiele und Paralympics haben Brasilien über Wochen hinweg ins Rampenlicht der Welt gestellt. Präsidentin Dilma Rousseff wurde mit fadenscheinigen Begründungen ihres Amtes enthoben. Die neue Regierung gerät immer mehr ins Blickfeld der Lava-Jato-Ermittler. Einige Minister mussten wegen Korruptionsvorwürfen schon ihren Hut nehmen.
Es gab aber natürlich auch Positives zu vermelden. Die Zahl der Buckelwale vor Brasiliens Küste steigt. Ein gigantisches Korallenriff wurde in der Amazonasmündung entdeckt und “Rock in Rio“ hat mit der Pflanzung von Millionen Bäumen begonnen.
Wir vom Brasilienportal haben Wichtiges, Interessantes und Kurioses aus dem Jahr 2016 für Sie kurz zusammengefasst.
Rekordkarneval in Rio de Janeiro
Noch nie haben so viele Menschen die Sambaparaden der Elitegruppe live verfolgt wie 2016. Insgesamt sind Sambódromo 240.000 Zuschauer gezählt worden. Geholt hat sich die begehrte Trophäe dieses Jahr Estação Primeira Mangueira, die mit ihrer Parade die Sängerin Maria Bethânia geehrt hat. Das Ergebnis war wie immer denkbar knapp. Mit nur 0,1 Punkten weniger ist Unidos da Tijuca zweiter geworden.
Meeresgiganten auf Erholungskurs
Die Zahl der Wale vor Brasiliensküste steigt. Geschätzt wird, dass sich dieses Jahr 17.000 Buckelwale im Meer vor Brasilien während ihrer Fortpflanzungszeit getummelt haben. Um die Meeresgiganten noch besser zu schützen, ist über das Projekt Baleia Jubarte sogar eine Notruf-App für gestrandete Wale herausgegeben worden. Mit ihr sollen Walretter schneller alarmiert werden. Darüber hinaus setzt sich Brasilien aktiv für die Einrichtung des Wal-Schutzgebietes Südatlantik ein.
Tarnkappenfrosch und Mini-Ameisenbär sorgen für Aufsehen
Die enorme Tiervielfalt Brasiliens sorgt immer wieder für Erstaunen. In der Caatinga ist erstmals wieder ein Spix-Ara in freier Natur aufgetaucht, der dort eigentlich als ausgestorben gegolten hat.
Staunen hat auch die Entdeckung eines Mini-Ameisenbären im Mündungsdelta des Parnaíba-Flusses hervorgerufen. Champion ist aber ein Frosch Amazoniens. Er lebt in Ameisenbauten. Um von den Krabblern nicht angegriffen zu werden, benutzt er eine duftende Tarnkappe, wie Wissenschaftler herausgefunden haben.
Eine Besonderheit weist ebenso eine neu entdeckte Libellenart auf. Ihr Körper ist mit einer schmutzabweisenden Wachsschicht überzogen. Wie wichtig all die Tiere für das Weltklima sind, zeigt eine im Februar veröffentlichte Studie. Danach schützen Affen und Tapire durch das Verbreiten von Samen aktiv Wald und Weltklima.
Jeden Tag eine neue Pflanzenart
Auch die brasilianische Pflanzenwelt hat es in sich. 2016 veröffentlichte Studien zeigen, dass in dem südamerikanischen Land beinahe täglich Pflanzen gefunden werden, die bisher von den Wissenschaftlern noch nicht katalogisiert waren. Ein Beispiel ist die winzigste Orchidee der Welt, die Forscher im Amazonas-Regenwald aufgespürt haben.
Überraschender Fund eines Korallenriffs
Die größte Entdeckung im Naturbereich ist ein Korallenriff von der Größe Zyperns. “Gefunden“ wurde es mitten im Amazonas-Delta. Was unter Wissenschaftlern weltweit für Überraschung sorgt, ist, dass es unter dem trüben Wasser des Amazonasflusses liegt, während Korallenriffe sonst eigentlich auf klares Wasser angewiesen sind.
Politische Front gegen Naturschutz
2016 hat viele positive Nachrichten aus der überschwenglichen Natur Brasiliens mit sich gebracht. Leider sind vielen Politikern Wirtschaft und Umsatz wichtiger. So laufen im Kongress Bestrebungen, die Umweltgesetze weiter aufzuweichen. Debattiert wird, das Genehmigungsverfahren für Großbauprojekte, Straßen, Bergbau, Agroindustrie und Ähnliches zu erleichtern und bisher notwendige Umweltstudien zur Makulatur zu reduzieren.
Gefährliches Pflaster
Für Umweltschützer ist Brasilien das gefährlichste Land der Welt. Laut einem im Juni vorgelegten Bericht der Organisation Global Witness sind 2015 weltweit 185 Umweltschützer ermordet worden, 50 davon in Brasilien. Im April hat die katholische Land-Pastoralkommission (CPT) eine Statistik vorgelegt, nach der 2015 bei Landkonflikten 50 Menschen gewaltsam ums Leben gekommen sind. Für 2016 wird mit einer noch höheren Zahl gerechnet.
Regenwald schrumpft weiter
Sowohl der Atlantische Regenwald als auch der Amazonas-Regenwald haben 2016 an Fläche verloren. Im Amazonas-Regenwald sind die Kahlschläge sprunghaft um 29 Prozent angestiegen. Verschwunden sind damit knapp 8.000 Quadratkilometer wertvoller Wald, was in etwa einem Fünftel der gesamten Schweizer Landesfläche entspricht.
Schlag gegen die Holzmafia
Im Juli ist den Behörden die Zerschlagung des größten, illegalen Holzfällerrings Brasiliens gelungen. Als Kopf der extrem gut organisierten Bande wird ein Großgrundbesitzer aus São Paulo gehandelt. Allein er soll zwischen 2012 und 2014 für die Zerstörung von 29.000 Hektar Amazonas-Regenwald verantwortlich sein. Vorgeworfen werden ihm zudem Geldwäsche, die Gründung von Scheinfirmen und der Verkauf von öffentlichem Land. Nachdem er kurz in Haft gesessen ist, ist er mittlerweile gegen Kaution wieder auf freiem Fuß.
Zwölf Millionen Hektar neuer Wald
Beim Weltklimagipfel hat sich Brasilien verpflichtet, in den nächsten 14 Jahren zwölf Millionen Hektar Wald aufzuforsten. Wie und wo das geschehen soll, ist nach wie vor offen. Im Gespräch ist in diesem Zusammenhang allerdings auch die Zulassung von Monokulturen mit für Brasilien exotischen Arten wie Eukalyptus und Kiefer.
Mit Musik Millionen Bäume pflanzen
„Rock in Rio“ will Zeichen setzen. Auf einer schwimmenden Bühne auf dem Rio Negro haben Plácido Domingo und andere Musikgrößen Ende August den Auftakt für das Projekt „Amazônia Live” gegeben. Mit dem sollten ursprünglich eine Million Bäume auf degradierten Flächen des größten Regenwaldes der Welt gepflanzt werden.
Mit Hilfe von Rock in Rio und Spenden von Unternehmen und Privatleuten reichen die Finanzen mittlerweile für drei Millionen Bäume. Laut Rock-in-Rio-Gründer Roberto Medina könnten sogar fünf bis sechs Milionen daraus werden.
Indio Raoni international ausgezeichnet
Raoni Metuktire ist wohl der berühmteste Ureinwohner Brasiliens. Der 86-jährige Indio ist Ende April beim ersten World Environmental Law Congress (WELC) in Rio de Janeiro unter stehendem Applaus von Juristen, Umweltschützern und Politikern aus der ganzen Welt für seinen Einsatz zum Schutz von Regenwald und Umwelt ausgezeichnet worden.
UNO fordert umgehenden Schutz der Ureinwohner Brasiliens
Die Ureinwohner Brasiliens müssen nach wie vor um ihre Rechte kämpfen. Im September hat die UNO-Sonderbeauftragte Victoria Tauli-Corpuz beim UN-Rat der Menschenrechte einen Bericht vorgelegt, in dem sie unter anderem die Landkonflikte mit gewalttätigen Übergriffen auf Indios, die stagnierende Ausweisung von Indio-Territorien und die Installation von Großbauprojekten ohne Anhörung der betroffenen indigenen Völker anprangert.
Erstes indigenes Filmfestival
Zum ersten Mal hat es im November ein indigenes Filmfestival gegeben. Gezeigt wurden bei der „Mostra de Cinema Xavante“ Filme, die von den Ureinwohnern Brasiliens gedreht wurden und Geschichte, Kultur und Alltag des Volkes Xavante zeigen. Präsentiert wurde ebenso der Film “Martírio“ von Vincent Carelli, der dem Kampf ums Überleben der Guarani Kaiowá Stimme und Gehör verleiht.
Schwarze Schönheit gewinnt
Zum ersten Mal seit 30 Jahren ist in dem multikulturellen Brasilien wieder eine schwarze Schönheit zur “Miss Brasil“ gekürt worden. Die 21-jährige Raissa Santana ist nach Deise Nunes (1986) erst die zweite Afrobrasilianerin der dieser Titel zugedacht wurde.
Elefantenparadies angelegt
Auch in Brasilien gibt es Elefanten, zwar nicht in der freien Wildbahn aber in Zoo und Zirkus. Für sie ist auf einer Fazenda in der Chapada dos Guimarães eine Zufluchtsstätte eingerichtet worden. Dort sollen geschundene, misshandelte und nicht artgerecht gehaltene Elefanten aus ganz Südamerika auf einer Fläche von 1.100 Hektar gehegt und gepflegt werden.
Kampf um Rodeos
Oberste Richter haben die vorallem im Nordosten Brasiliens beliebten “Vaquejadas“ als Tierquälerei eingestuft. Bei den Rodeos werden Ochsen von zwei Reitern am Schwanz gezogen und zu Fall gebracht. Im Bundesstaat Ceará ist dies per Gesetz als sportlicher Event eingestuft worden. Stattgegeben wurde zudem einem Antrag die “Vaquejadas“ als Kulturerbe einzustufen. Ob es jetzt weiter Rodeos geben wird oder nicht, ist damit wieder offen.
Mit Früchtetisch ins Guinnes Buch der Rekorde
Mit ihren Ernten sorgen die brasilianischen Landwirte beinahe jährlich für Spitzenergebnisse. Am Tag des Landwirtes (28. Juli) haben sie einen weiteren Rekord eingefahren, indem sie in Brasília den größten mit Früchten beladen Tisch der Welt aufgebaut haben.
Kaffeblüte verzaubert Landschaft
Im Oktober hat die Kaffeblüte in Minas Gerais für ein weißes Blütenmeer gesorgt. Schuld daran war eine Dürre, die Stress bei den Bäumchen ausgelöst hat. Der danach einsetzende Regen hat wiederum eine ungeahnte Blütenpracht hervorgebracht.
Mückenfabrik nimmt Arbeit auf
Im Kampf gegen die Dengue, Chikungunya und Zika übertragende Tigermücke (Aedes aegypti) kommt auch die Gentechnik zum Einsatz. Im Oktober hat in Piracicaba die weltweit größte Fabrik zur Herstellung genmanipulierter Mücken ihre Arbeit aufgenommen. Dort soll monatlich die Erbstruktrur von 60 Millionen Moskitomännchen verändert werden, um eine weitere Fortpflanzung der Tigermücken einzudämmen.
In São Paulo zahlt sich Radeln aus
In São Paulo haben die Stadträte eine Verordnung verabschiedet, mit der Radfahrer künftig mit dem Tritt in die Pedale Geld verdienen können. Wer zum Arbeitsplatz radelt soll Gutschriften für Radreperaturen, den Kauf eines neuen Drahtesels, die Bezahlung von Wasser-, Strom- und Gasrechnungen oder für Fahrten mit dem Taxi erhalten.
Größtes Meereswasseraquarium Südamerikas eröffnet
Mit einem 20 Meter langem, gläsernen Unterwassertunnel, hat auf einer Fläche von 26.000 Quadratmetern in Rio de Janeiro das größte Meereswasseraquarium Südamerikas in November seine Pforten für die Besucher geöffnet. AquaRio“ präsentiert in 28 Becken 8.000 Fische 350 verschiedener Arten und soll ebenso zum Forschungszentrum erweitert werden.
Cachaça mit Herkunftsgarantie
Brasilien ist die Durchsetzung der Herkunftsbezeichnung Cachaça gelungen. Damit darf Zuckerrohrschnaps nur noch dann den Namen Cachaça tragen, wenn er in Brasilien produziert worden ist.
Impeachment Dilma Rousseffs
Im März sind in über 240 Städten Brasiliens Millionen Menschen auf die Straßen gegangen, um bei Demonstrationen mit Feststimmung die Amtsenthebung der damaligen Präsidentin Dilma Rousseff zu fordern. Im Mai wurde sie von ihrem Amt suspendiert und am 31. August schließlich nach etlichen Mammutssitzungen ihres Amtes enthoben.
Die Präsidentschaft übernommen hat ihr Vize, Michel Temer, der unter der Bevölkerung Brasiliens nur wenig Zustimmung findet. Er hatte bereits nach der Suspendierung Rousseffs eine ausschließlich aus weißen Männern bestehende Ministerriege eingesetzt, die nun die Geschicke des Landes leitet, dessen Bevölkerung mehrheitlich aus Afro-Brasilianern besteht.
Sowohl gegen Temer als auch einige seiner Minister haben Kronzeugen des Korruptionsskanals “Lava Jato“ Vorwürfe erhoben. Einige mussten bereits ihren Hut nehmen.
Rangelei um Korruptionsskandale
Die Lava-Jato-Ermittlungen sind bei weitem nicht die einzigen, die sich um Korruption drehen. Sie sind aber derzeit die wichtigsten. Seit Beginn der Ermittlungen im März 2014 ist es zu 120 Verurteilungen gekommen, die gemeinsam 1.257 Jahre Haftstrafen aufsummieren.
Darunter befinden sich ebenso Politiker. Verhaftet wurde auch der ehemalige Präsident der Abgeordnetenkammer Eduardo Cunha. Ex-Präsident Luiz Inácio Lula da Silva wurde angeklagt und ebenso Senatspräsident Renan Calheiros. Immer mehr Politikerstühle geraten ins Wackeln.
Von Abgeordneten und Senatoren wird hingegen versucht, gegenzusteuern. Sie haben den von der Bevölkerung unterstützten Anti-Korruptionskatalog zerstückelt und eine Amtsmißbrauchsklausel eingebaut, was von Juristen als Versuch gesehen wird, die Ermittlungen in Korruptionsskandalen zu erschweren.
Transparency International hat hingegen Lava Jato mit dem Anti-Korruptionspreis 2016 ausgezeichnet.
Olympiade begeistert Massen
Mit einer einfachen aber eindrucksvollen Feier sind am 5. August in Rio de Janeiro die olympischen Sommerspiele eröffnet worden. Viele Unkenrufe hat es vorher über Sicherheit, Zika und Organisation gegeben. Dann ist beinahe alles glatt gelaufen, wurde in Stadien, auf Straßen und Plätzen, unter Freunden und weltweit vor dem Fernseher Olympiade geschaut und gefeiert.
Es gab kleine und große Probleme und es gab Millionen begeisterte Menschen. “Rio de Janeiro hat seine Schönheit gezeigt und seine Fähigkeit, den größten Sportevent der Welt auszurichten“, hat der Präsident des Olympischen Komitees Brasiliens (COB), Carlos Arthur Nuzman, bei der Abschlußfeier gesagt.
Dem fügte IOC-Präsident Thomas Bach hinzu: “Wir sind als Gäste angekommen und reisen als Freunde ab“. Vergessen waren am Ende die unsportlichen Buhrufe, mit denen einige Athleten bei den Wettkämpfen vom Publikum bedacht worden sind. Überwogen hat letztlich aber das “gute“ Gefühl. Für die Brasilianer selbst war der größte Erfolg das Fußbalgold, auf das der fünffache Weltmeister Jahrzehnte gewartet hat.
Paralympics setzt Besucherrekorde
Die Befürchtung, dass die Para-Athleten vor einem spärlichen Publikum antreten werden, haben sich nicht erfüllt. Schon am ersten Wochenende der Spiele ist es zu einem Besucherrekord gekommen. Knapp 330.000 Fans sind im Parque Olímpico gezählt worden und damit mehr als die größte Besucherzahl der olympischen Spiele.
Die Sportler haben während der elf Wettkampfstage nicht nur Erstaunliches geleistet, sondern auch einen enormen Beitrag zur Integration behinderter Menschen geleistet. Was vorher unsichtbar war, steht plötzlich in der Diskussion, wie barrierefreie Gehwege oder Gebäude.
Das größte Erbe ist aber, dass sie es geschafft haben zu zeigen, dass alle Menschen gleich und zu enormen Leistungen in der Lage sind, egal ob sie Behinderungen haben oder nicht.
Flugzeugabsturz vereint Rivalen
Tiefen Schock und Trauer hat der Flugzeugabsturz in der Nacht vom 28. zum 29. November hervorgerufen, bei dem Spieler des Fußball-Erstligisten Chapecoense, Journalisten und Clubmitglieder ums Leben gekommen sind. Ausgelöst hat die Tragödie eine Welle von Solidarität, angeführt vom kolumbianischen Fußballclub Atlético Nacional.
“Ohne Rivalen gibt es keinen Fußball, aber Rivalen zu sein, bedeutet nicht, dass wir Feinde sind“, hat Club-Repräsentant Daniel Jiménez bei der Übergabe des Südamerika-Pokals an Chapecoense gesagt. Bleibt zu hoffen, dass dies auch die sogenannten Fans verstehen, die bei und nach Spielen immer wieder mit gewalttägien Ausschreitungen reagieren.
Zahl der Bevölkerung auf 206 Millionen angestiegen
Die brasilianische Bevölkerung ist 2016 auf über 206 Millionen angewachsen. Ihnen gegenüber stehen 217 Millionen registrierte Handys und 215,2 Millionen Rinder.
Das war der Jahresrückblick 2016 in Kurzform. Wir wünschen Ihnen und Ihrer Familie und einen guten Rutsch und nur das Beste im neuen Jahr!